Freie Wähler:Landespolitiker ohne Basis

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Hiesige Freie Wähler schätzen ihren Abgeordneten Florian Streibl - und halten sein Engagement doch für verzichtbar.

Birgit Lotze

Ein Schock sei das gewesen, sagt Florian Streibl. "Dass wir so in der Wählergunst abstürzen, das hätten wir nie gedacht." Wenn am Sonntag Wahlen wären, würden die Freien Wähler mit vier Prozent aus dem Landtag fliegen, hat Infratest dimap ermittelt. 2008 war die Gruppierung mit mehr als zehn Prozent der Stimmen in Bayern in den Landtag gezogen. Florian Streibl aus Oberammergau, der im Parlament den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen vertritt, sagt, er habe das Desaster nicht kommen sehen. "Ich habe während meiner Arbeit im Landkreis einen ganz anderen Eindruck gewonnen."

Florian Streibl: Die Freien Wähler müssten sich "personell breiter aufstellen". (Foto: Manfred Neubauer)

Nach der Fraktionsklausur in Freising ist ihm auch klar, was die Freien Wähler besser machen müssen. Streibl sagt, die Freien Wähler müssten sich "personell breiter aufstellen", jeder solle für sich seine Kompetenz nach außen stärker darstellen. Der Vermittlung der Landtagsarbeit nach außen müsse die Fraktion weit mehr Aufmerksamkeit einräumen. "Wir haben 400 Anträge ans Plenum gestellt, über 30 Gesetzesinitiativen eingebracht - nur sehr wenig ist davon nach außen gedrungen." Auch dafür müssten die kommunalpolitischen Mandatsträger vor Ort mehr in die Arbeit der Landtagsfraktion eingebunden werden.

Leicht wird das nicht sein, jedenfalls nicht im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Alle loben Streibl als engagiert, zuverlässig und basisnah. Doch während Mandatsträger mit anderen Parteiausweisen über eine starke Vertretung auf Landesebene glücklich sind, wissen die Freien Wählern damit nicht so recht etwas anzufangen. Auch nach beinahe zweieinhalb Jahren Landtagsarbeit sind viele Mitglieder nicht überzeugt, dass der Sprung auf die höhere Parlamentsebene eine gute Entscheidung war. Landrat Josef Niedermaier, der vor drei Jahren nach seiner Wahl zum Landrat den Kreisvorsitz der Freien Wähler abgab, bezweifelt, dass die Freien Wähler dort gut aufgehoben sind. "Das kann nicht funktionieren", sagt Niedermaier.

Vielleicht profitiere er als Landrat davon, mit Florian Streibl einen sehr engagierten Mitstreiter im Landtag zu haben. Um im Parlament auf Bundes- oder Landesebene wirklich gut zu vertreten, müssten jedoch parteiähnliche Strukturen her. Das wiederum widerspreche dem Konzept der Freien Wähler. "Wir werden immer kunterbunt sein. Eine abgestimmte und zielgerichtete Parteilinie wird es bei uns nie geben." Das zeige sich derzeit wieder: Gerade ist auf Landesebene beschlossen worden, dass die Freien Wähler gegen eine dritte Startbahn sind. "Wir in unserem Landkreis sind aber nicht dagegen", sagt Niedermaier. An solchen Punkten werde es schwierig.

Auch Michael Grasl, Bürgermeister in Münsing, ist skeptisch. Die Umfragewerte irritieren ihn nicht. Die sieht er als "Momentaufnahme" und bald wieder verändert. Doch könne er heute nicht sagen, ob er ein Weitermachen auf Landesebene befürwortet, sagt er. "Unsere Heimat ist die Kommune." Hans Sappl, Bürgermeister in Egling, geht sogar so weit, dass er die Anwesenheit von Freien Wählern im Landtag prinzipiell als unwichtig bezeichnet. "Ob wir eigene Leute auf Landesebene haben, ist mir eher egal."

Streibl wird es schwer haben, engagierte Mitstreiter zu finden. Lorenz Weidinger, Ortschef der Freien Wähler in Geretsried, ist darunter. Er steht ohne Wenn und Aber zum landespolitischen Engagement. "Wenn es die Freien Wähler auf Landesebene nicht geben würde, stünden die Kommunen schlechter da", meint er. Sie seien schon deshalb notwendig, weil sie die CSU auf Trapp brächten.

© SZ vom 15.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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