Filme aus der Luft:Eine neue Dimension

Lesezeit: 3 min

Fotos von der Drohne aus sind nichts Besonderes mehr. Mario Sonneck montiert ganze Filme aus Luftaufnahmen (Foto: Mario Sonneck/oh)

Mario Sonneck eröffnet Perspektiven mit seinen Drohnen-Aufnahmen. Der Eglinger sieht sich selbst als Suchenden.

Von Claudia Koestler, Egling

Mitten im Wald stehen Trachtler, schuhplatteln und drehen sich auf Baumstümpfen. Als wäre das nicht schon ungewöhnlich genug, fliegt der Blick langsam an ihnen vorbei, steigt hinauf und zeigt die Szenerie von oben, passend zur Musik. Mit ihren Werbeaktionen und Filmen im Vorfeld des Loisachtaler Gaufestes hat die Eglinger Festgemeinschaft jüngst viel Aufsehen erregt. Für den ungewöhnlichen Blickwinkel zeichnet Mario Sonneck verantwortlich, Filmemacher und Drohnenpilot aus Egling. Mit seinen fliegenden Kameras werden aus Szenen und Landschaften Aussagen, und Formationen verwandeln sich in abstrakte Gemälde - kurzum, Sonneck lässt nie Gesehenes erblicken und fotografiert das nie vorher so Aufgenommene. Unter seinen Kunden sind internationale Großkonzerne genauso wie mittelständische Unternehmen, Agenturen oder Hochzeitspaare.

"Wo sollen wir anfangen?", fragt der 41-jährige Sonneck. Er deutet auf seinen Oberarm und sagt: "Vielleicht hier." Denn seine bisherige Lebensgeschichte hat sich der gebürtige Österreicher als Tattoo stechen lassen, passenderweise als rundum laufenden Film, jeder Lebensabschnitt ein Bild. Vor mehr als drei Jahrzehnten brachte ihn sein Vater zum Modellflug, wofür ein kleines Flugzeug steht. Von der Mutter hat er seine Liebe zur Musik, seine Filme unterlegt er schon mal mit eigenen Kompositionen. Eine Regieklappe symbolisiert Kreativität und Spieltrieb, eine Kamera seine ersten Fotografien als Jugendlicher. Eine Schere steht für Schnitt und Veränderung in seinem Leben.

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Denn gelernt hat Sonneck ursprünglich Einzelhandelsverkäufer. "Ich war lange ein Suchender", sagt er. Sonneck wanderte nach Mallorca aus und verdingte sich dort unter anderem als Promoter am Strand, bis er eine junge Frau kennenlernte, die aus Wolfratshausen kam. Mit ihr ging er nach Deutschland, nach zwei Jahren auf der Insel war das "ein Schock", wie er feststellen musste. Sonneck musste quasi bei Null anfangen, arbeitete zunächst am Bau, bis er wieder eine Stelle im Verkauf fand - und zwar in Egling, wo er auch hinzog und heute mit neuer Freundin lebt.

Sein Spieltrieb mache sich bemerkbar, indem er beispielsweise "Gadget-süchtig" sei, sagt er lachend. Technisches Spielzeug fasziniere ihn, weshalb er immer ein Auge auf neue Entwicklungen und neue Produkte behalte - und eigentlich immer die neuesten Modelle haben müsse, weshalb er über die Jahre ein umfangreiches Equipment ansammelte.

Auch das Modellfliegen ließ er nie ganz sein. Und so begann er eines Tages, mit Kabelbindern die ersten Actioncams an kleinen Helikoptern zu montieren - noch bevor Kameradrohnen den Markt eroberten. Ein österreichischer Freund fragte ihn, ob er nicht Paintball-Spiele filmen könnte, ein Mannschaftssport, bei dem Spieler sich mit Farbkugeln beschießen. Sonneck sagte zu, was damit endete, dass er die gesamte österreichische Bundesliga im Paintball dokumentierte, mit damals komplett neuen Blickwinkeln aus der Luft. Ein Novum, mit dem er schnell einen Ruf in der Branche erwirbt. "Als Fotograf träumt man immer von der optimalen Aufnahme. Aber man schafft sie selten, weil entweder alles schon hundertfach abgelichtet wurde oder weil einem der ideale Standort verwehrt bleibt", sagt er. Mit den Kameradrohnen aber, heute auch als Quadrokopter bekannt, wenn sie vier Rotoren haben, ergeben sich ganz neue, nie gesehene Perspektiven. "Mit den Dingern kommt man einfach überall hin. In enge Täler, die für einen Hubschrauber zu gefährlich wären. In die Höhen über einer Stadt, wo ein Helikopter nicht fliegen dürfte", sagt er. Der Draufblick als neue Dimension.

Die Trachtler beim Gaufest im Juli in Egling hielt Sonneck auf seinen Luftaufnahmen fest. (Foto: Mario Sonneck/oh)

Die Aufträge häufen sich, internationale Firmen buchen ihn, Sonneck baut mit den Einnahmen seine technische Ausrüstung immer weiter aus. Schnell eilt dem Spezialisten für spektakuläre Luftaufnahmen ein Ruf voraus. Und so werden die Kunden mehr und die Aufgaben vielfältiger. Er bietet von Vorproduktion über Bodenproduktion mit Regie, Cam-Operator, Licht, Ton und Setbau über die "Aerial-Produktion" mit Oktokopter und Quadrokopter und die Postproduktion mit Schnitt, 3D-Effekten und Musik auch modernstes Equipment an. Sonneck gründet die "Burning Bulls Films". Der Name entstand aus mehreren Überlegungen heraus, ein Teil ist eine Reminiszenz an den österreichischen Brause-Konzern. Ein berühmter Streit hat einen weiteren Anteil: "Ferruccio Lamborghini wurde nur mit seinen eigenen Autos berühmt, weil er sich über Enzo Ferrari geärgert hatte", rekapituliert Sonneck. Dieser habe daraufhin beim Entwurf des Logos gedacht, es müsse stärker sein als das Ferrari-Pferd - und nahm einen Stier. Sonneck hingegen überlegte, was stärker als "red" sein könnte, und kam so auf "burning", also brennend.

Die Drohnenfilmerei ist für Sonneck längst mehr als ein Hobby. Es ganz zum Beruf machen will er jedoch nicht: "Die Filmbranche ist ein Haifischbecken, in dem ich lieber ein kleiner Fisch bleibe. Denn so bin ich frei und kann auch mal nein sagen", erklärt er.

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Deshalb könne er auch gelassen reagieren auf das Drohnengesetz. Denn nicht nur muss ein Pilot bei Geräten mit mehr als zwei Kilogramm nun seine Kenntnisse vom Luftfahrt-Bundesamt prüfen lassen. Verboten ist der Einsatz über Wohngebieten, Naturschutzgebieten, Industrieanlagen, Gefängnissen, militärischen Anlagen, Energieerzeugern, Bundesstraßen, Flüssen, Bahnhöfen und Gleisen, Parlamenten und Konsulaten - und ohne Erlaubnis auch in mehr als 100 Metern Höhe. Der gleiche Abstand gilt zu Krankenhäusern, Menschenansammlungen oder Katastrophengebieten.

Wie es mit ihm und seinen Filmen weitergeht, sieht Sonneck ganz entspannt. "Auf meinem Tattoo sind ja noch Plätze frei, für die Fortsetzung des Lebensfilms", sagt er. Und wie war das nun mit den tanzenden Trachtlern im Wald? Sonneck lacht: "Einer der Veranstalter des Gaufests ist mein Vermieter. Ich wollte einfach meinen Teil zu dem großen Ortsfest beitragen, als zuagroaster Eglinger."

Filmclips unter www.burning-bulls.com. Weitere Videos der Trachtler unter https://www.20gaufest17.de/aktuelles/

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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