Aktion gegen Rechts:Ein Dorf bekennt Farbe

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Gegenaktion mit Signalwirkung: Die bunten Fahnen hängen an Gartenzäunen... (Foto: Hartmut Pöstges)

Im Eurasburger Ortsteil Achmühle haben Unbekannte ein selbst gemachtes Banner für Toleranz abgerissen und die Eigentümer mit einem Flugblatt einschüchtern wollen. Die Folge ist ein Fahnenmeer an Zäunen und Balkonen.

Von Christa Gebhardt, Eurasburg

Die Dorfbewohner in Achmühle sind gut vernetzt. Sie betreiben in dem Eurasburger Ortsteil den Verein Aktive Achmühler und sind bekannt dafür, sich gegenseitig für die Belange der anderen einzusetzen. Derzeit sieht man das besonders deutlich, und zwar schon am Ortsbild: An zahlreichen Zäunen, Balkonen oder Dachgiebeln hängen Fahnen in Regenbogenfarben mit der Aufschrift "Achmühle gegen Rechts". Sie sind die Antwort auf einen anonymen Angriff, den Nachbarn vor Kurzem erdulden mussten, nachdem sie eine ähnliche Fahne als Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Toleranz in ihrem Garten aufgehängt hatten.

Die beiden, die namentlich nicht genannt werden wollen, hatten im Zuge der bayernweit stattfindenden Demonstrationen gegen Rechts eine kleine selbst gebastelte Fahne aus Leinenstoff in ihrem Vorgarten angebracht. Diese hatten sie in den Farben des Regenbogens bemalt und mit der Aufschrift "Unsere Zukunft ist bunt" versehen. Schon am folgenden Tag aber hatten Unbekannte die Fahne abgerissen und in den Dreck geworfen. Und die Nachbarn, die sie aufgestellt hatten, fragten sich: Wer tut so etwas? Ausgerechnet in Achmühle, wo ja eigentlich jeder jeden kennt.

... und an Balkonen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Idee, dass es sich um die Impulstat eines verärgerten Passanten handeln könnte, mussten die Initiatoren bald verwerfen. Denn in ihrem Briefkasten entdeckten sie ein getipptes rechtsradikales Flugblatt mit Beschimpfungen und diffusen überzeichneten Droh-Szenarien. "Hallo Gutmensch", lautete die mit einem christlichen Kreuzsymbol versehene Botschaft. "Wenn deine Tochter vergewaltigt wurde, wenn dein Sohn zu Tode getreten wurde, wenn dein Haus leer geräumt wurde, wenn deine Kirche abgefackelt wurde, und wenn dein Kopf gerade vom Rumpf abgetrennt wird, musst du dir ganz fest sagen: Ich bin tolerant, ich bin offen, ich bin bunt, ich bin kein Nazi, ich bin gut." Und darunter handschriftlich: "Für die ganz dummen Grünen."

Der Eurasburger Ortsteil Achmühle. Hier kennt jeder jeden - eigentlich. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Verachtung, die Wut und der Hass, die aus diesem Schreiben sprechen, haben nicht nur die Adressaten schockiert, die ihre Fahne aus dem Dreck holen mussten. Auch ihre Nachbarn wollten den Angriff auf ihre Werte nicht einfach hinnehmen - egal, ob er von einem einzelnen rechtsgerichteten "Wutbürger" kam oder vielleicht eine gezielte Aktion mehrerer Beteiligter war. Und so starteten sie eine Gegenaktion mit Signalcharakter. "Wir wollten hier ein sichtbares Zeichen setzen", sagt Robert Kramer, der mit seiner Frau spontan die Initiative startete, mit der aus einer Fahne viele wurden: Er organisierte eine Sammelbestellung der bunten Banner mit der unmissverständlichen Aufschrift "Achmühle gegen Rechts". Mehr als 40 Bürgerinnen und Bürger orderten so eine Fahne und brachten sie gut sichtbar auf ihrem Grundstück an.

Wer auch immer die erste Fahne abgerissen und das Flugblatt bei den Eigentümern eingeworfen hat, hat so mit seinem Einschüchterungsversuch das Gegenteil bewirkt: dass ein Dorf Farbe bekennt gegen Hass, Hetze und Intoleranz. Das Ortsbild ist damit, passend zum Frühlingsanfang, ein gehöriges Stück bunter geworden.

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