Energiewende in Icking:Protest gegen Solarpark an der Autobahn

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Auf diesem Feld bei Attenhausen könnte der Solarpark entstehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Anwohner des Dörfchens Attenhausen laufen Sturm gegen eine geplante Photovoltaik-Anlage auf einem Feld entlang der Autobahn. Sie sei zu groß und zu nah an der Wohnbebauung.

Von Susanne Hauck, Icking

Es ist halt nicht so einfach mit der Energiewende. Wie viele andere Kommunen beschäftigt sich auch Icking mit dem notwendigen Beitrag dazu. Im vergangenen Jahr hat sich die Gemeinde zu dem Grundsatzentschluss bekannt, energieautark zu werden, und ist besonders auf Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen nahe der A95 zugegangen, denn der Korridor von 200 Metern entlang der Autobahn gilt als besonders geeignet. Und nun, voilà, hat die Gemeinde gleich drei Anträge auf dem Tisch, die wegen ihres Eingriffs ins Landschaftsbild jedoch nicht allen gefallen.

Ärger verspricht vor allem das Projekt "Kaltenbrunn" in Attenhausen. Rund 20 Nachbarn waren zur Sitzung am Montag gekommen, in der Bürgermeisterin Verena Reithmann (UBI) die Planung vorstellte. Diese ist nicht direkt neu, denn der Streifen entlang der Autobahn ist seit vorigem Jahr im Gespräch. Doch die jetzige Fläche ist mit 5,5 statt 3,5 Hektar größer geworden. Und auf den Plänen, die im Gemeinderat gezeigt wurden, konnte jeder sehen, dass es sich nicht mehr um ein Randgebiet handelt. Der Grundstückseigentümer will zusammen mit der Firma Vispiron den Solarpark von der Autobahn bis hinab an die Wohnhäuser bauen.

Grundsätzlich hätten sie nichts gegen Photovoltaik, sagen die Anwohner. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Entsetzen bei den Attenhausern ist nicht nur angesichts dieser Dimensionen groß. Sie fürchten, eine Wand aus spiegelnden Solarmodulen vor die Nase gesetzt zu bekommen. Denn während das Dorf in einer Senke liegt, ist die Anlage in Hanglage geplant. "Wenn wir aus dem Fenster schauen, schauen wir zu 100 Prozent da drauf", sagte Stephan Burlein. Anton Abeltshauser pflichtete ihm bei. Der Schafhalter fürchtet außerdem die Blendwirkung für Tier und Mensch. "Eine PV-Anlage mittendrin und dreimal so groß wie der Ort, das gehört sich nicht", kritisierte Evelyn Caprano, die mit Mitstreitern der Bürgermeisterin bereits ein Vetoschreiben übergeben hat. Sie findet es "unsozial" von der Gemeinde, dass das kleine, landwirtschaftlich geprägte Dorf mit seinen gerade mal 100 Einwohnern nach Mobilfunk und Geothermie nun schon wieder zum "Auslagerungsort" für ungeliebte Projekte zu werden droht.

Caprano sieht die Dorfgemeinschaft wegen des wiederholten "Mordstheaters" in Gefahr. Auch bei anderen ist der Unmut groß, dass Attenhausen erneut herhalten soll. Ralf Koblovsky stellte den Vergleich an, wie es wohl die Ickinger finden würden, wenn die unbebaute Huberwiese im Ortskern mit Solarmodulen zugepflastert würde. Es wurden auch Befürchtungen wegen der Auswirkungen auf den Werterhalt der Häuser laut. Landwirtin Jana Burlein argumentierte mit den ökologischen Folgen, denn Photovoltaikanlangen von einem solchen Umfang gehörten nicht auf wertvolle landwirtschaftliche Flächen.

Die Anwohner betonten aber, dass sie grundsätzlich nichts gegen Photovoltaik hätten. Ihnen sei die geplante Anlage nur nicht weit genug von der Wohnbebauung entfernt. Mit einem Projekt mit größerem Abstand könnten sie sich durchaus anfreunden, erklärten sie. Schon weil der Boden da oben "ohnehin kaputt" sei.

Damit ist das rückgebaute Gelände der gescheiterten Geothermie-Anlage am weiter abgelegenen Waldrand nahe der Autobahn zwischen Attenhausen und Dorfen gemeint. Auf einer Fläche von knapp zwei Hektar soll hier ein weiterer Solarpark entstehen. Das Projekt, hinter dem der Grundstückseigentümer und der Energiedienstleister Vispiron stehen, wurde im Gemeinderat kurz vorgestellt. Ebenfalls nochmal auf dem Tisch war die Anlage an der B11 zwischen Icking und Ebenhausen. Auch sie ist größer geworden. Im Gespräch ist jetzt nicht nur der Standort westlich von der Bundesstraße. Weitere Module sollen auf einem Grundstück östlich davon aufgestellt werden.

Für Investoren gilt nun ein strenger Kriterienkatalog

Zu allen drei Solarparks - Attenhausen-Kaltenbrunn, Rückbaufläche Geothermie und B11 - liegen Anträge auf Einleitung des notwendigen Bebauungsplanverfahrens vor. Eine Entscheidung wurde aber verschoben. "Das sind Projekte von solcher Tragweite, dass wir dafür eine eigene Sitzung brauchen", sagte Bürgermeisterin Reithmann und kündigte einen Termin für den 16. Januar an. Zuvor soll voraussichtlich an diesem Mittwoch, 14. Januar, eine Ortsbegehung stattfinden (Beginn 13 Uhr), zu der die Bürger eingeladen sind.

Wird dieses Jahr auch nicht mehr über die Projekte beraten, so ist die Gemeinde doch mit der Erstellung eines Kriterienkatalogs für bauwillige Investoren weitergekommen. Diese müssen unter anderem folgende Bedingungen erfüllen: ihren Firmensitz in Icking haben, eine Bürgerbeteiligung von 25 Prozent ermöglichen, der Gemeinde im Fall der Veräußerung ein Veto- und Vorkaufsrecht einräumen und die Stromanbindung über Erdkabel realisieren. In der Gemeinde Icking gibt es bereits eine erste Freiflächen-Photovoltaikanlage, die relativ geräuschlos gebaut wurde und nahe Walchstadt gelegen ist.

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