Energiewende:"Gigantisches Potenzial" für erneuerbaren Energien

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Nur knapp 18 Prozent der Dachflächen in Dietramszell werden für PV-Anlagen genutzt. Laut Energienutzungsplan gibt es hier noch Luft nach oben. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Wie der Energienutzungsplan der EWO zeigt, ist Dietramszell beim Sektor Strom gut aufgestellt. Handlungsbedarf gibt es bei der Wärme

Von Petra Schneider, Dietramszell

Die größten Stromverbraucher sind in Dietramszell mit gut 45 Prozent die privaten Haushalte, gefolgt von Gewerbe (30,6 Prozent) und der Landwirtschaft (11,1 Prozent). 2021 wurde in Dietramszell 61 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien erzeugt; hauptsächlich mit PV-Anlagen auf privaten Dächern. Dennoch gibt es gerade in diesem Bereich noch Luft nach oben: Denn nur knapp 18 Prozent der Dachflächen werden bislang genutzt, 272 000 Quadratmeter Modulfläche stünden noch zur Verfügung. Das ist eines der Ergebnisse aus dem Energienutzungsplan, den Dietramszell im Jahr 2022 bei der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) in Auftrag gegeben hat.

Energienutzungsplan fasst Handlungsbedarf auf 125 Seiten zusammen

Bereits vor 15 Jahren ist die Gemeinde der EWO beigetreten und unterstützt das Ziel, bis 2035 unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. Mit der Studie sollte eine Bestandsanalyse vorgenommen, Potenziale eruiert und Maßnahmen abgeleitet werden. Der Energienutzungsplan fasst nun auf 125 Seiten übersichtlich, detailliert und mit vielen Grafiken zusammen, wo Handlungsbedarf besteht und welche Möglichkeiten es gibt. So werden etwa verschiedene Arten von Wärmepumpen und deren Eignung erklärt, in einer "Entscheidungsmatrix" verschiedene Heizsysteme bewertet. Auch Wärmedichtekarten wurden erstellt, Sanierungsschwerpunkte im gesamten Gemeindegebiete erfasst, Standorte für öffentliche E-Ladesäulen und Verbesserungsmaßnahmen für gemeindliche Liegenschaften vorgeschlagen. Auch eine detaillierte Übersicht über Fördermittel findet sich.

Die Ergebnisse der Studie für Dietramszell stellte Andreas Scharli von der Energiewende Oberland vor. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wie Andreas Scharli von der EWO bei der Präsentation am Dienstag erklärte, sieht es in Dietramszell beim Strom schon "recht gut aus". Das ungenutzte Potenzial auf Dächern müsse genutzt werden, dennoch werde es ohne PV-Freiflächenanlagen nicht gehen, weil sich der Strombedarf durch die E-Mobilität verdreifache. Der Gemeinderat hatte im Oktober Kriterien für Solarparks vorgegeben und die Gesamtfläche auf 14,5 Hektar begrenzt.

"Das muss gut laufen, damit wir für 2035 am Ziel sind."

Der Sektor Wärme ist meist ein Sorgenkind, wenn es um regenerative Erzeugung geht. In Dietramszell ist der Bedarf fast viermal so hoch wie beim Strom. 50 Prozent werde in der Gemeinde mit Heizöl erzeugt, "ein Energieträger der Vergangenheit", sagte Scharli. Insgesamt sei Dietramszell aber mit einer regenerativen Wärmeproduktion von rund 48 Prozent "ganz vorne dabei". Das liegt vor allem daran, dass in der waldreichen Gemeinde viel mit Holz - Hackschnitzel, Pellets oder Scheitholz - geheizt wird, das nachwächst und als klimaneutral gilt. Der Anteil der Wärmepumpen liegt in der Gemeinde aktuell nur bei sechs Prozent. Auch Nahwärmeverbünde in einzelnen Dörfern gebe es. "Da ist bei euch was in Gang", sagte Scharli. Dennoch müssten die 50 Prozent beim Heizöl geknackt werden. Wichtig seien auch energetische Sanierungen und Solarthermie, die aktuell nur einen Anteil von 2,8 Prozent beitrage. Das Fazit des Energiefachmanns: Im Bereich Wärme sei noch viel Arbeit nötig, "das muss gut laufen, damit wir bis 2035 am Ziel sind."

Ein großer Bereich im Energienutzungsplan bezieht sich auf Maßnahmen, die die Gemeinde bei ihren eigenen Liegenschaften umsetzen sollte. Dazu gehören PV-Anlagen auf dem Bauhof, den Feuerwehrhäusern im Hauptort Dietramszell, in Hechenberg und Linden, auf dem Vereinsheim in Humbach und dem Kindergarten "Voglhäusl". Die Anlagen wurden jeweils hinsichtlich Ertrag, Kosten und Amortisation analysiert. Mit das größte Potenzial hat eine PV-Anlage auf dem Dach des B-Baus der Schule. Es könnte dreimal den aktuellen Stromverbrauch der gesamten Schule liefern. Auch eine E-Ladesäule sollte dort installiert werden, denn Handlungsbedarf ist dringend geboten: Laut Berechnungen der EWO müssten bis 2035 in der Gemeinde 77 öffentlich zugängliche Ladepunkte errichtet werden.

Bernhard Fuchs (FW), Mitglied der AG Energie und Umwelt, äußerte sich begeistert über die umfangreiche Analyse. "Das ist nicht nur für die Gemeinde und die Verwaltung interessant, sondern auch für die Bürger." Der Bericht zeige, dass es in der Gemeinde ein "gigantisches Potenzial" für erneuerbare Energien gebe. Der Gemeinderat hat nun die Verwaltung beauftragt, die Maßnahmenempfehlungen mit Unterstützung der AG Energie und Umwelt zu planen und nach wirtschaftlichen Aspekten umzusetzen. Der Energienutzungsplan wird außerdem auf der Homepage der Gemeinde verlinkt. Auch eine Präsentation für Bürgerinnen und Bürger sei geplant, bei der Detailfragen beantwortet werden könnten, sagte Scharli.

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