Bei den derzeit hohen Temperaturen stellt man sich gerne vor, tief einzutauchen. In unendliche Wassermassen, in ein blaugrünes Nass. Genau diese Idee hatte Nicole Herrnböck, als sie ihr Bild "Tief" malte und an das Meer dachte. Das großformatige Werk steht prägnant auf einer Staffelei in ihrem Atelier. Stundenlang könnte man den Blick versenken in die verschiedenen Blau- und Grüntöne. Das abstrakte Bild ist 130 Zentimeter hoch und 100 Zentimeter breit, die Technik ist Acryl auf Leinwand. An diesem Freitag, 23. Juni, ebenso am Samstag und Sonntag lädt sie zur Ausstellung "Offenes Atelier" nach Attenham in der Gemeinde Egling ein - und hat diesmal die Malerin und Bildhauerin Margrit Keller zu Gast.
"Die große Kunst liegt darin, dass man nicht nacharbeiten kann."
Helles Licht fällt direkt von oben in ihr großes Atelier. Dort ist gerade eine ganze Schar interessanter Typen eingezogen. Einige sind elegant gekleidet, andere spielen Instrumente oder haben sich für einen Discobesuch zurechtgemacht. Sie heißen "Discolady," der "Bodenständige" oder der "Schiffsjunge". Letzterer misst gerade mal 56 Zentimeter. Alle sind aus Keramik, fein modelliert von der Künstlerin Margrit Keller. Dass sie innen hohl sind, kann der Betrachter weder sehen noch erahnen. Bei 900 Grad werden sie zunächst gebrannt. "Doch das Allerschwierigste ist die Glasur", erklärt Keller. "Ich weiß nie so genau, wie sich die Farbe beim Brennen entwickelt." Beim zweiten Brand dann, bei einer Temperatur von 1050 Grad, kommt manch eine Überraschung heraus. "Die große Kunst liegt darin, dass man nicht nacharbeiten kann", sagt sie. Weder das Material noch die Farbe lassen sich nach dem zweiten Mal verändern.
Die Werke der Künstlerinnen, die beide an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert haben und sich aus dieser Zeit kennen, korrespondieren auf wunderbare Weise zusammen.
Auf dem Fensterbrett stehen drei weiße Figuren, die sich angeregt zu unterhalten scheinen. Sie gestikulieren mit Armen und Händen. Eine von ihnen hält den Stoff ihres Rocks feste. "Small Talk" hat Margrit Keller die Gruppe genannt. Auf dem Schubladenschrank streckt sich keck eine 25 Zentimeter große weibliche Figur zur Seite. Es sieht wie eine Yoga-Pose aus.
"Ich male, was jetzt gerade in mir drinnen ist und raus will."
Darüber hängt ein umfunktioniertes Bücherregal, in dem nun die gerahmten kleinformatigen Bilder aus der Reihe "Moments of Bliss" (Momente der Glückseligkeit) von Nicole Herrnböck stehen. Neun Zentimeter breit und zwölf Zentimeter hoch sind sie - und fangen einen Moment des Glücks der Künstlerin auf. Je länger man sie betrachtet, desto lebendiger werden sie. Bei einem Bild hat Herrnböck verschiedene Strukturen mit einem Rosshaarbesen erzeugt. "Ich male, was jetzt gerade in mir drinnen ist und raus will", sagt sie. Die meisten ihrer Arbeiten sind abstrakt, doch bei den Momenten der Glückseligkeit sind viele gegenständliche Motive dabei.
Eines ihrer Bilder heißt "Sommersonnenwende". Aus einer dunkelblauen Farbfläche steigt eine rote empor. "Das ist die Atmosphäre der Attenhamer Sonnenwendfeier. Ich freue mich immer darauf, denn die Menschen rücken immer näher an das Feuer und unterhalten sich", sagt sie. Ganz oben hängt das großformatige Bild "Frei", darauf ist ein hellblauer Himmel mit zarten weißen Wölkchen zu sehen. Der Einfluss der oberbayerischen Landschaft und die Liebe zur Natur sind in ihren Werken spürbar.
Das Atelier ist offen am Freitag, 23. Juni, von 16 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag, 24. und 25. Juni, jeweils 14 bis 18 Uhr. Wehrmeisterweg 6, Egling/Attenham.