Edmund Stoiber in Bad Tölz:Im Herzen Europas und der Jungen Union

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Edmund Stoiber soll bei der JU Visionen für den Landkreis entwickeln. Er spricht dann aber doch lieber über ein anderes Thema.

Petra Schneider

"Ministerpräsident der Herzen": So begrüßte die JU-Kreisvorsitzende Nuvia Ulze Edmund Stoiber. (Foto: Manfred Neubauer)

Vor fünf Jahre ist Edmund Stoiber aus der aktiven Politik ausgestiegen. Dass er seitdem viel an Lockerheit gewonnen und nichts an Engagement verloren hat, zeigte sich am Freitag im Gasthof "Starnbräu". Die Junge Union (JU) Bad Tölz-Wolfratshausen hatte den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten als Referenten der Reihe "Tölzer Land 2030" eingeladen, um Visionen für den Landkreis zu entwickeln. Stoiber, derzeit ehrenamtlicher Leiter einer EU-Kommission zum Bürokratieabbau in Brüssel, sprach aber lieber über Europa und die Globalisierung. Dabei präsentierte er sich staatsmännisch und als überzeugter Europa-Befürworter.

Dass Stoiber für den CSU-Nachwuchs immer noch eine Leitfigur ist, zeigten die Kommentare der rund 40 Zuhörer: JU-Kreisvorsitzende Nuvia Ulze nannte Stoiber "den Ministerpräsidenten der Herzen", und der JU-Bezirksvorsitzende Tobias Zech lobte ihn als "Sparringspartner" und "Ideengeber".

Die beiden wichtigsten Faktoren im Zuge der Globalisierung seien die Bevölkerungsentwicklung und die Innovationsfähigkeit, sagte Stoiber. Durch den demografischen Wandel werde die Bevölkerung Europas in 40 Jahren um 80 bis 90 Millionen schrumpfen, während in Asien ein Zuwachs von rund 1,5 Milliarden Menschen zu erwarten sei. Gleichzeitig entwickle sich China zu einer führenden Wirtschaftsmacht, die nicht mehr nur Produkte kopiere, sondern etwa im Bereich Solartechnologie innovativ und erfolgreich sei.

In Zeiten, in denen sich die Kräfte verschöben, sei die Demokratie in Gefahr, warnte Stoiber. "Für Europäer ist sie seit der Französischen Revolution selbstverständlich." In China herrsche dagegen die Meinung, dass eine Demokratie europäischer Prägung nicht nachahmenswert sei, weil dort derjenige gewählt werde, der die meisten Versprechen mache. Um westliche Werte verteidigen und in wirtschaftlicher Hinsicht bestehen zu können, brauche es ein starkes Europa.

Kein Verständnis zeigte der Referent für demokratische Mitbestimmung, wenn sie sich in Bürgerprotesten äußert, wie etwa bei der dritten Münchner Flughafen-Startbahn, dem Transrapid oder Stuttgart 21. "Wenn wir an der Weltspitze bleiben wollen, brauchen wir die nötige Infrastruktur", sagte er. Die Bevölkerung wolle derzeit offensichtlich keine größeren Veränderungen. "Die Gefahr ist, dass unser Wohlstand uns so satt und antriebslos macht, dass wir stehen bleiben und nicht mehr mithalten können."

Kritik übte Stoiber auch an Peter Gauweiler, seinem einstigen Umweltminister, der erfolglos gegen den Rettungsschirm ESM geklagt hatte. Auch wenn man Stammtischmeinungen verstehen könne, die einen Austritt Griechenlands forderten, müsse die Politik die Folgen bedenken. "Eine Rückkehr zur Drachme hätte für die Griechen bedeutet, dass sie ihre Importe, also etwa Energie und Medikamente, nicht mehr bezahlen können. Die Demokratie wäre in Gefahr, weil Radikale an die Macht kämen." Stoiber warb um Verständnis für die Griechen und betonte, dass Demonstranten, die Merkel mit Hitler verglichen, nicht die Mehrheitsmeinung widerspiegelten. "Was wäre denn in Deutschland los, wenn uns Lohnkürzungen um 33 Prozent und Steuererhöhungen um 15 Prozent aufgedrückt würden?"

Er plädierte für die Einsetzung eines Währungskommissars, der die Einhaltung des Fiskalpakts überwacht. "Wir brauchen mehr Kontrolle, auch in Bezug auf die Banken." Gleichwohl sei er überzeugt, dass bei der Schuldenkrise das Schwerste überstanden sei.

© SZ vom 29.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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