Asylbewerber:Marodes Hallenbad als Flüchtlingsquartier

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Das Hallenbad in Ascholding ist seit 2021 geschlossen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Dietramszell will die geschlossene Einrichtung in Ascholding dem Landratsamt als mögliche Unterkunft anbieten. Andere Optionen wie der ehemalige Kindergarten an der Isarstraße, das Kloster oder die Schulturnhalle hält der Gemeinderat für ungeeignet.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Im Jahr 2015, als 1500 Schutzsuchende im Landkreis untergebracht werden mussten, schlug das Thema Flüchtlinge hohe Wellen. Nun sind es mit 2700 fast doppelt so viele - 1400 Asylbewerber, plus 1300 Menschen aus der Ukraine. Die dezentralen Unterkünfte sind praktisch voll, Turnhallen und Mehrzwecksäle müssen wieder belegt werden. Auch die kleineren Gemeinden sind gefordert: In einer Bürgermeister-Dienstbesprechung kurz vor Weihnachten hat das Tölzer Landratsamt dringend an die Kommunen appelliert, Grundstücke für die Errichtung temporärer Unterkünfte und Gebäude zu melden. In Dietramszell hat die Verwaltung daraufhin diverse Möglichkeiten abgeklopft. Realisierbar erscheint jedoch nur das Ascholdinger Hallenbad, das man nun an das Landratsamt melden will - ein Vorschlag, dem der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit zugestimmt hat. Die Eignung des seit 2021 geschlossenen Bades für die Unterbringung von Flüchtlingen müsse aber noch geprüft werden.

Abgelehnt wurde eine zweite Option, die Ludwig Gröbmaier (CSU) vorgeschlagen hatte: der ehemalige Kindergarten an der Isarstraße in Ascholding. Den möchte die Gemeinde jedoch zu Wohnungen umbauen. Weil es dafür Mittel aus der Wohnraumförderung gibt, soll die Sanierung bereits in diesem Jahr erfolgen. Im Gemeinderat überwog die Meinung, dass man dem Landratsamt aktiv Unterbringungsmöglichkeiten melden und nicht erst abwarten sollte. Zumal eventuell nötige Umbaumaßnahmen vom Landkreis finanziert würden. Nicht stillhalten, sondern Flagge zeigen, Verantwortung übernehmen, die Bereitschaft der Gemeinde deutlich machen - dies war der Tenor der meisten Wortmeldungen.

Das leer stehende, 50 Jahre alte Ascholdinger Hallenbad, dessen Zukunft nach wie vor ungewiss ist, war bereits 2015 als mögliche Flüchtlingsunterkunft im Gespräch und vom Landratsamt damals bereits als "Notlösung" genehmigt worden. In der Gemeinde war diese Option höchst umstritten, von "menschenunwürdigen Bedingungen" war die Rede. Weil das Bad für Familien nicht zumutbar sei, wollte die Behörde dort nur Männer unterbringen, höchstens 35, und in dem mit Teppichen ausgelegten Becken Betten aufstellen. Die Schräge zwischen flachem und tiefem Beckenrand wollte man belassen. In den Damenduschen hätten Kochgelegenheiten und Waschmaschinen aufgestellt werden sollen. Eine schlechte Notlösung, aber besser als keine, so sah es damals das Landratsamt. Als im Oktober 2015 die Nachricht kam, dass das Hallenbad als Unterkunft nicht gebraucht wurde, weil genügend andere Objekte gefunden werden konnten, war die Erleichterung groß.

Nun ist das Hallenbad wieder im Spiel, trotz dessen schlechter Beheizbarkeit und der gebäudehohen Verglasungen an zwei Seiten, auf die Bürgermeister Josef Hauser (FW) verwies. Aber alle anderen Optionen wären gar nicht oder noch schlechter umzusetzen, wie in der Ratssitzung deutlich wurde. So kämen als Grundstücke für eine temporäre Containeranlage laut Hauser nur der gemeindliche Parkplatz hinter der ehemaligen Schule in Baiernrain sowie der alte Fußballplatz in Linden in Frage. Aus Sicht der Verwaltung scheiden aber beide aus - vor allem auch, weil es weder in Baiernrain noch in Linden Geschäfte des täglichen Bedarfs, eine medizinische Versorgung und eine ausreichende Busanbindung gebe.

Bei den gemeindlichen Liegenschaften werde in Dietramszell schnell das Kloster als Flüchtlingsunterkunft vorgeschlagen, sagte Hauser. Auch 2015 war dies der Fall. Möglich sei das aber nicht, wie sich nach einem Gespräch Ende Dezember erneut gezeigt habe, so der Bürgermeister. Denn der Teil, der den Schwestern selbst gehöre, sei durch die Montessori-Schule und den gemeindlichen Kindergarten belegt. Die Räume, die für die Klausur der Salesianerinnen vorgesehen sind, gehören dem Freistaat. Laut einer gesetzlichen Vereinbarung mit dem Orden dürften diese ausschließlich zu diesem Zweck genutzt werden, sagte Hauser. Zudem sei das Gebäude sehr alt, nur etagenweise gebe es Duschen und Toiletten. Die Pfarrheime in Dietramszell und Ascholding habe Dekan Thomas Neuberger dagegen bereits vor einigen Monaten als mögliche Unterkünfte an das Landratsamt gemeldet.

Die Schulturnhalle, die ebenfalls bereits vor acht Jahren als Option ins Spiel gebracht worden war, hält die Verwaltung nach wie vor für ungeeignet: Ein Zugang für die Flüchtlinge wäre nur über das Schulgelände möglich, ein Parallelbetrieb von Schule und Unterkunft schwierig. Zudem soll die Turnhalle ab diesem Frühjahr saniert werden, weil das Dach undicht, die Fenster nicht isoliert und die Turnhalle schlecht zu beheizen seien. Kurzfristig bleibt aus Sicht von Verwaltung und Gemeinderat deshalb nur das Ascholdinger Hallenbad. Auch private Eigentümer, die eine Wohnung zur Verfügung stellen könnten, sind gefragt. Man werde einen entsprechenden Aufruf im Gemeindeblatt starten, kündigte Hauser an.

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