CSU-Politiker nach Herzinfarkt:"Meiner Frau verdanke ich mein Leben"

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Martin und Sonja Bachhuber sind froh, dass sie die dramatischen Ereignisse hinter sich haben. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei einer Wanderung bricht Martin Bachhuber plötzlich zusammen. Herzinfarkt. Sieben Wochen später ist der Landtagsabgeordnete und CSU-Kreischef zurück. Ein Gespräch über die dramatische Rettung.

Interview von Alexandra Vecchiato und David Costanzo, Bad Heilbrunn

Wirtschaftspreis, Bürgerpreis, 75 Jahre evangelische Kirche: Martin Bachhuber war dabei - sieben Wochen nach seinem Herzinfarkt. Am 12. Juni war der 59-Jährige bei einer Wanderung mit seiner Frau am Achensee zusammengebrochen. Der Landtagsabgeordnete bekam im Klinikum Innsbruck zwei Stents, er hat sechs, sieben Kilo abgenommen. Im Interview sprechen beide über die Frage, ob Politiker ein Privatleben haben dürfen, und seine Zukunft als CSU-Kreischef.

SZ: Herr Bachhuber, wie geht es Ihnen?

Martin Bachhuber: Eigentlich blendend. Besser als vor dem Herzinfarkt. Die Gefäße, die ziemlich verschlossen waren, wurden geöffnet. Die Atmung hat sich sehr verbessert.

Sie sind wieder bei vielen Terminen anzutreffen. Fühlen Sie sich anders als vorher?

Martin Bachhuber: Ich habe die Reha konsequent drei Wochen durchgezogen. Anschließend habe ich meine normale Arbeit im Landtag und im Stimmkreisbüro wieder aufgenommen. Wo ich noch sehr aussortiere, sind gesellschaftliche Veranstaltungen - Jubiläen, Festabende. Bei "75 Jahre evangelische Kirche" habe ich etwa nur am Kirchenakt teilgenommen. Das hat zwei Gründe: Erstens achte ich jetzt doch ein bisserl auf die Ernährung. Und zum Zweiten regt das einen schon auf, wenn du die gleiche Story dreimal in einer halben Stunde erzählen musst. Jeder fragt: Wie geht's? Wie war's? Das ist teilweise schon belastend.

Frau Bachhuber, haben Sie bei seinen Terminen ein anderes Gefühl als vorher?

Sonja Bachhuber:  Nein.

Mein Mann hat von den Ärzten grünes Licht bekommen. Aber man denkt schon daran, was war.

An die Hubschrauber und ihr Geräusch. Wie kam es zu diesem Notfall?

Martin Bachhuber: Ich habe mir vorgenommen, die Fernwanderung vom Marienplatz zum Markusplatz zu machen, also München-Venedig. Die vierte Etappe wäre von Fall über den Schleimsattel nach Pertisau gewesen. Nach der Rast auf der Tannauer Alm habe ich von einem Schritt auf den anderen einen schmerzhaften, brennenden, andauernden Druck im Brustkorb gespürt. Ich bin noch zwei Schritte gegangen, dann habe ich mich hingesetzt. Ich habe an eine Schwäche gedacht. Der Druck ließ aber nicht einmal eine Sekunde nach. Ich hatte im rechten Arm pelzige Erscheinungen, die habe ich mit Wasser gekühlt, die Brust und den Nacken. Nach zehn Minuten haben wir entscheiden, Hilfe zu holen. Das Handy hatte aber keinen Empfang. Dann ist meine Frau losgerannt. Der Notruf ist erst nach einer Stunde eingegangen, nach eineinhalb Stunden war der Hubschrauber mit Notarzt dann bei mir. In dieser Zeit habe ich viel mit mir selbst gesprochen, laut, und auch mehrere Gebete gesprochen, um wach zu bleiben.

Sonja Bachhuber: Ich bin über den Sattel und habe eine Hütte gesehen. Aber der Bauer hatte kein Telefon. Dann hat mich ein Jogger überholt. Ich habe zu ihm gesagt: Wenn Sie Empfang bekommen, rufen Sie bitte den Notruf. Ich habe den Jogger unten noch einmal gesehen, wie er telefonierte. Innerhalb kurzer Zeit waren zwei Hubschrauber da. Ich habe mich gefragt: Warum fliegen die immer nur über mir? Mein Mann war in einer Senke. Sie haben ihn wohl nicht gleich gefunden und sind immer gekreist. Ich wusste nicht, ob er noch lebt. Es war wirklich ein Alptraum, aber er ist gut ausgegangen.

Martin Bachhuber: Gott sei Dank ist meine Frau sehr sportlich. Sie war die treibende Kraft, insofern verdanke ich ihr mein Leben. Der Arzt hat gesagt: Sie waren eineinhalb Stunden in Gottes Hand. Eine Kreislaufschwäche, und es hätte mir keiner mehr helfen können. Es war ganz, ganz knapp. Der Hubschrauber konnte dann wegen des steilen Geländes auch nicht bei mir landen. Ich musste in den Sack rein und wurde mit der Winde hochgezogen. Da geht einem einiges durch den Kopf.

Haben Sie in der Zeit auch gedacht, dass die Politik auch Schuld daran trägt und dass Sie alles hinschmeißen?

Martin Bachhuber: Nein. Den Gedanken hatte ich überhaupt nicht gehabt. Ich hab nur gedacht: Das kann es doch nicht gewesen sein. Ich habe drei Enkel, der vierte ist unterwegs. Ich habe an die Arbeit überhaupt nicht gedacht. Ich habe auch nicht zurückgeblickt aufs Leben. Wenn ich Glück habe, bleibt vielleicht noch nicht einmal eine Narbe auf dem Herzen zurück.

Sie berichten offen über die Erkrankung. Warum haben Sie sich dazu entschieden?

Martin Bachhuber: Es gab eine enorm große Anteilnahme. Meine Frau ist gar nicht mehr vom Telefon weggekommen. Bei mir sind die SMS eingelaufen, eine der ersten war von Markus Söder. Das andere war, dass schnell auch Gerüchte in Umlauf waren, dass ich in Innsbruck bei einer Tagung zusammengebrochen sei, oder dass mich auf einer Radtour die Radler schon reanimieren mussten. Da habe ich mich entschieden, das öffentlich zu machen. Ich glaube, das war der richtige Umgang.

Heißt das: Ein Politiker hat keine Privatsphäre, auch nicht, wenn er krank ist?

Martin Bachhuber: Wenn er krank wird, hat er keine. Das weiß man aber auch, wenn man ins politische Leben geht. Ich sage nur: Die Geister, die ich rief. Wenn es an die Wahlwerbung geht, geben Politiker selbst viel von ihrem Privatleben preis - über Kinder, und, und, und.

Und sie versuchen, damit zu punkten.

Martin Bachhuber: Das muss man auch sagen. Da kann man sich nachher nicht beschweren. Wenn es aber um eine Krankheit wie Krebs ginge, wo man nicht weiß, wie es ausgeht, weiß ich nicht, wie ich damit umgehen würde.

Sie hatten nach dem Infarkt gesagt, Sie wollten kürzer treten. Was ist aus dem Vorsatz geworden?

Martin Bachhuber: Früher hatte ich oft zwei, drei Termine gleichzeitig. Heute nicht mehr.

Frau Bachhuber, glauben Sie, dass Ihr Mann das durchhält, weniger Termine zu machen?

Sonja Bachhuber: Nein.

Bei solchen Terminen hält ein Politiker auch den Kontakt zu den Wählern.

Martin Bachhuber: Ja. Ich bin jetzt seit 1984 in der Politik. Ich bin gern unter Menschen. Wenn man das nicht gern macht, kommt nichts Gescheites heraus. Solange ich ein politisches Amt innehabe, möchte ich das bis zum Schluss konsequent durchziehen.

Sie haben viele Ämter. Die kürzeste Amtszeit haben Sie als CSU-Kreisvorsitzender. Bleiben Sie das?

Martin Bachhuber: Ich bin ja erst im Mai noch einmal angetreten. In den nächsten zwei Jahren werden wir uns schon noch zusammensetzen, wie es weiter geht. Es tut dem Kreisverband auch gut, wenn ein neues Gesicht kommt.

Sie treten also nicht mehr an?

Martin Bachhuber: Man soll nie nie sagen als Politiker. Darum äußere ich mich dazu nicht.

© SZ vom 01.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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