Bürgerladen in Wolfratshausen:Nur schlechte Standorte?

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Die SZ hat beide Seiten zu einigen Ladengeschäften befragt. Leerstand gibt es schließlich genug in der Wolfratshauser Marktstraße. (Foto: SZ)

Die Befürworter lehnen andere Adressen als den Untermarkt 10 ab. Die Gegner des Gebäudes bieten keine Alternativen an. Dabei gibt es Leerstand genug.

Von Claudia Koestler und Pia Ratzesberger, Wolfratshausen

Der Standort ist ohne Alternative: Mit dieser Aussage bestand die Bürgerladen-Gruppierung bislang kategorisch auf dem städtischen Gebäude am Untermarkt 10 (Punkt 8 auf der Karte) - darum dreht sich der Bürgerentscheid am Sonntag. Und genau dieses Beharren machen die Untermarkt-Gegner der Bürgerinitiative zum Vorwurf: Diese sei nicht kompromissbereit und wolle sich nicht mit kleineren und angeblich günstigeren Lösungen zufrieden geben.

Wer hat Recht? Warum lehnt die Bürgerinitiative andere Standorte wie den ehemalige Tchibo-Laden (3) und den früheren Sport Reiser (7) ab? Warum haben die Untermarkt-10-Gegner nicht selbst weitere Ladengeschäfte vorgeschlagen und geprüft? Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) sagt: "Weil die ersten Alternativen so kategorisch abgelehnt worden waren."

Gibt es doch noch Hoffnung auf einen Kompromiss? Schließlich hatte Bürgerladen-Sprecher Ernst Gröbmair im Gespräch mit der SZ erklärt, dass die Gruppierung im Falle eines Neins beim Bürgerentscheid sich doch nicht sofort auflösen, sondern weitermachen werde, bis ein geeigneter Standort gefunden sei. Die SZ hat beide Seiten zu einigen Ladengeschäften befragt. Leerstand gibt es schließlich genug in der Wolfratshauser Marktstraße. Ein Überblick:

1. Foto Speedy und Obermarkt 18

Am Obermarkt 16 werden bald Ladenräume frei, Foto Speedy wird seinen Betrieb aufgeben. Daneben hängt am Schaufenster ein Gesuch: das Geschäft sei wahlweise zu vermieten oder zu verkaufen. Es zähle 101 Quadratmeter und teile sich auf in eine Ladenfläche, einen Aufenthaltsraum, Küche, WC, Büro und Lager. Bianca Fertl von der Firma Dibag, die das Objekt anbietet, betont, dass es sich für einen Nahversorger eignen würde - zumal sie sich auch vorstellen könnte, es mit den Räumen von Foto Speedy zusammenzulegen, die etwa 75 Quadratmeter zählten. "Es wäre naheligend, die beiden Räume gemeinsam zu nutzen", sagt Fertl. Sie sei auch gerne bereit, das Gespräch mit dem Eigentümer des Nachbarladens zu suchen.

Die Räume im Obermarkt 18 würden zudem gerade saniert es sei möglich, abzusprechen, ob noch Wände eingezogen oder entfernt werden sollten. Der Kaufpreis oder die Quadratmetermiete seien "verhandelbar". Als grobe Richtlinie würden etwa 10,50 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden. "Aber das muss man vereinbaren, je nachdem, ob sich ein Interessent noch mit Eigenleistungen oder besonderen Wünschen einbringen will", sagt die Dibag-Vertreterin.

Für einen Bürgerladen aber sind die Läden Ernst Gröbmair zufolge nicht geeignet: Einzeln seien sie zu klein und wollte man beide nutzen, seien sie noch immer durch die Passage getrennt. "Für uns würde das einen höheren und damit teureren Personalaufwand bedeuten, da in jedem der Ladenteile schließlich mindestens ein Beschäftigter sein müsste", sagt Gröbmair. Außerdem sei die Miete zu hoch. Das könne man nicht leisten.

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2. Ehemaliger Benetton

20 Jahre lang verkaufte die italienische Modekette Benetton im Obermarkt 25 ihre Kleidung, im Sommer aber schloss sie ihre Filiale. Auch dieses Geschäft ist Ernst Gröbmair zufolge zu klein, im Erdgeschoss sei die Verkaufsfläche etwa 74 Quadratmeter groß, in der oberen Etage etwa 30 bis 35 Quadratmeter. "Um ein Lebensmittelgeschäft mit einem breiten Sortiment und regionalen Produkten wirtschaftlich betreiben zu können, brauchen wir mindestens 160 Quadratmeter Nettoverkaufsfläche", sagt auch Eberhard Hahn von der Bürgerladen-Initiative.

3. Frühere Tchibo-Filiale

Das gleiche Problem wie mit den anderen Geschäften hat Gröbmair von der Bürgerladeninitiative auch mit dem früheren Standort der Tchibo-Filiale am Obermarkt 14: zu klein. Immer wieder wurde vorgeschlagen, zuletzt vom Grünen-Stadtrat Hans Schmidt, dass man sich mit dem angrenzenden Telekom-Geschäft vergrößern könnte - sollte die Telekom den Laden denn aufgeben. "Ich habe die Information, dass die Telekom das Geschäft auf keinen Fall aufgibt, von daher steht das nicht zur Debatte", sagt Gröbmair dazu.

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4. Isar-Kaufhaus

Fast fünf Jahrzehnte lang zog das Isar-Kaufhaus Besucher in die Wolfratshauser Innenstadt, vor drei Jahren machte das Einkaufszentrum dicht. Seitdem sieht man immer mehr verrammelte Fenster und Türen in der Marktstraße. Zukunftspläne für die Gebäude am Untermarkt 9 bis 11 gibt es bisher keine. Wenn sich einmal ein Investor für das Großprojekt finde, werde der aber sicher eine hohe Miete verlangen, sagt Gröbmair.

5. Café im Haderbräu

Die leer stehenden Räume in der Passage beherbergten früher einmal das Café "max.geschmackvoll", für einen Laden sei der Ort viel zu versteckt, findet die Bürgerladeninitiative.

6. Zum Brunnensattler

Die Hausfassade ist über und über mit Plakaten und Werbung beklebt, allein das verrät, dass dieses Gebäude schon länger leer steht. Genau deshalb eignet sich der Standort auch nicht für einen Bürgerladen, sagt Gröbmair: "Da müsste man von Grund auf sanieren, außerdem ist das Haus ohnehin viel zu klein."

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Übriger Leerstand

Die anderen Immobilien, die bisher keinen Mieter haben im Ober- und Untermarkt, kommen der Bürgerinitiative zufolge alle nicht in Frage. Der frühere Laden "März Textilien" etwa sei nicht zu vermieten, das Gebäude am Untermarkt 48 sei zwar frei - aber leider wieder einmal zu klein. "Gebe es ein Geschäft mit mindestens 160 Quadratmetern Verkaufsfläche am Untermarkt, könnte man darüber nachdenken", sagt Hahn. Aber das gebe es nicht. Eine geringere Ladenfläche sei für einen Bürgerladen jedoch nicht wirtschaftlich, dann würde sich der Geschäftsbetrieb nicht lohnen.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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