Mein Tag:"Die Hochinflation ist ein trauriges Kapitel"

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Anstatt die Mark zu zählen, wurden die Geldscheine während der Inflation 1923 nur noch abgewogen. (Foto: dpa)

Der Briefmarkensammler-Verein Isaria zeigt im Museum Wolfratshausen eine Sonderausstellung zur Krise 1923.

Hundertundein Jahre ist es her, dass der Briefmarkensammler-Verein Isaria in Wolfratshausen gegründet wurde. Um sich in dieser kargen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg auch schönen Dingen zuzuwenden, wie Vorsitzender Dieter Langnickel einmal erzählte. Ein Jahr nach der Gründung erlebte der junge Verein die Hyperinflation mit, in welche die Weimarer Republik durch die Schuldlast des Krieges schlitterte. Nun stellt Dieter Langnickel mit Isaria im Wolfratshauser Stadtmuseum Briefumschläge, Postwertzeichen und Geldscheine aus, die von dieser wirtschaftlichen Depression 1923 zeugen.

Dieter Langnickel sammelt seit mehr als 70 Jahren Briefmarken. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Die Hochinflation ist ein sehr trauriges Kapitel der deutschen Geschichte. Man stelle sich nur vor, was die Leute durchgemacht haben. Das Geld, das sie für ihre Arbeit bekamen, war schnell wertlos. Ein Hühnerei kostete zeitweise fünf Millionen Mark. Die Inflation steigerte sich weiter, sodass die benötigte Menge an Geld nicht mehr zu Verfügung stand. Da wurden staatliche Einrichtungen wie die Reichsbahn und Bauunternehmen aus der Wirtschaft mit dem Druck von Geld beauftragt. Zuletzt durften auch Städte Geld drucken, das sogenannte Städtenotgeld. In unserer Ausstellung zeigen wir einen 50-Millionen-Mark-Schein von Bad Tölz.

Und auch die Reichspost bekam Probleme, weil das Geld so schnell an Wert verlor. Sie musste vorhandene Briefmarken mit dem neuen Preis überdrucken. Solche Objekte haben wir in der Ausstellung auch.

Außerdem zeigen wir Briefe, wo das Porto auf der Rückseite und auf der Vorderseite aufgeklebt wurde, und nur noch ein kleiner Platz für die Anschrift übrigblieb. Einen ganz besonderen Brief stelle ich aus, da habe ich nur den Kopf geschüttelt: Im August 1923 schickte ein Postkunde einen Brief von Karlsruhe los, der kostete 50 Milliarden Mark. Er schickte den Brief nach Bülach, einem Vorort von Karlsruhe- da hätte er zu Fuß hingehen können! Es ist interessant, sich daran zu erinnern. Auch wenn man das nicht direkt vergleichen kann: Aber da können wir mit der Inflationsrate, die wir jetzt gerade haben, ganz still sein.

Viele der Ausstellungsobjekte habe ich in meinem Leben gesammelt. Ich bin ein Vorkriegsmodell, Jahrgang 1935. In Vorbereitung auf die Ausstellung habe ich außerdem zwei Inserate in der Zeitung geschaltet. Daraufhin haben sich zwei Männer gemeldet und mir ihre Geldscheine aus dem Jahr 1923 zur Verfügung gestellt. Aus dem Fundus habe ich das Wichtigste rausgesucht und auf neun Schautafeln zusammengestellt. Ich hoffe, dass sich viele geschichtlich Interessierte die Ausstellung anschauen."

"Hochinflation in Deutschland 1923", Sonderausstellung im Erdgeschoss des Museums Wolfratshausen, Untermarkt 10. Samstag, 28. Oktober bis Sonntag, 12. November; Mittwoch, Freitag, Samstag jeweils 10 bis 16 Uhr; Donnerstag 10 bis 17 Uhr; Sonntag 14 bis 17 Uhr.

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