Bauliches Erbe:Risikofaktor Bergarbeiterstadt

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Die Vergangenheit als Bergarbeiterstadt ist in Penzberg nicht nur in Form von Skulpturen und Denkmälern präsent - auch im Untergrund lauert noch manche Überraschung. (Foto: Manfred Neubauer)

Im Boden von Penzberg gibt es viele alte Schächte und Kohleflöze, die Baukosten nach oben treiben können

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Es ist ein altbekanntes Problem auf Penzberger Flur: Wer bauen möchte, für den lohnt ein Blick in alte Akten über die frühere Bergwerkstätigkeit in der Stadt. Schächte und Kohleflöze, die nah an der Oberfläche verlaufen, können die Kosten für Bauherren in die Höhe treiben. Sie müssen aufwendig untersucht und gegebenenfalls gesichert werden. Jüngstes Beispiel ist der Bereich um das neue Familienbad. Wo das Parkhaus an der Seeshaupter Straße errichtet werden soll, befinden sich zwei Tagschächte. Weil die Untersuchungen dort "unerwartet viel Lockergestein" zutage gebracht haben, müssen die Löcher mit besonderem Material verfüllt werden. Was mal schnell circa 200 000 Euro mehr ausmacht.

Zwischen dem geplanten Parkhaus an der Seeshaupter Straße und dem Karl-Wald-Stadion mussten fünf Tagschächte untersucht werden. Ursprünglich gingen die beauftragten Experten von gut 60 000 Euro Kosten für die Erkundung und Sicherungsmaßnahmen aus. Dann stellte sich heraus, dass sich beim nördlichen der beiden Schächte auf dem Parkhaus-Bauplatz die nur locker verfüllten Abbaubereiche teilweise bis hin zur Seeshaupter Straße, Birkenstraße und zum Weidenweg zogen. Das habe die Arbeiten in die Länge gezogen, berichtete Stadtbaumeister Justus Klement vor Kurzem dem Penzberger Bauausschuss, und eben teurer gemacht.

Auch auf dem Edeka-Areal, auf dem 385 Wohnungen entstehen sollen, gibt es ähnliche Probleme. Der Regensburger Projektentwickler Herbert Küblböck hat es unter dem bestehenden Supermarkt samt Parkplatz gleich mit sechs Schächten und einem nahe der Oberfläche liegendem Flöz zu tun. Die zuständigen Fachbehörden forderten deshalb eingehende Untersuchungen - und wiesen darauf hin, dass eine Umplanung des neuen Wohngebiets nötig werde, sollten die dort entdeckten Relikte aus Bergwerkszeiten nicht ausreichend gesichert sein.

Im Übrigen entwickelt sich das Gebiet rund um das im Bau befindliche Familienbad "Piorama" zur Großbaustelle. Schließlich sollen die Besucher, wenn das "Piorama" im Frühjahr 2023 eröffnet wird, von einem fertigen Parkhaus trockenen Fußes über einen zumindest fast fertigen Vorplatz in das Familienbad gelangen. Das macht die Sache nicht leichter, zumal zwei Bauherren in diesem Bereich auftreten: Das Kommunalunternehmen Stadtwerke Penzberg errichtet Schwimmbad und Parkhaus, die Stadt ist für den Vorplatz, die neue Bushaltestelle und die Birkenstraße zuständig.

In der Bauausschuss-Sitzung im September kam es im Stadtrat zum Dissens über die Gestaltung des Parkhauses und des unmittelbaren Umgriffs des Bades, weshalb eine Entscheidung auf die Sitzung im Oktober verschoben wurde. Konkret ging es zum einen um die Fassadengestaltung des Parkhauses. Zwar segnete der Bauausschuss den Bauantrag einstimmig ab, allerdings verbunden mit einem großen Wunsch, den Hardi Lenk (SPD) formulierte: Die Stadträte wären gerne mehr eingebunden bei der Entscheidung, wie die Fassade des Funktionsbaus aussehen soll. Die anfänglichen Ideen dazu gefielen nicht wirklich. Favorit bei der ersten Präsentation war eine Textilbespannung, wahlweise auch eine Holzverkleidung der Fassade. Da das Parkhaus aber nun einmal an prominenter Stelle stehe, müsse es optisch schon etwas hermachen die nächsten 30 Jahre, so Lenk. Man bleibe am Thema dran, sagte Stadtwerke-Chef Andre Behre. Primärer Auftrag an die Planer ist es aber, das Parkhaus auf schnellstem Wege zu realisieren. Was wiederum Lenk für unlogisch hielt, da ein Planer wissen müsse, was er dem Auftraggeber anbiete. Klement fand einen Kompromiss: Bauausschuss und Verwaltungsrat der Stadtwerke sollten dies in einer gemeinsamen Sitzung klären.

Ein weiterer strittiger Punkt konnte ebenfalls geklärt werden: Es wird kein "hässliches" Müllhäuschen direkt vor der Hauptfassade des "Piorama" geben. Das verschieben die Planer nun unter die Rutschenanlage. Somit gab der Bauausschuss den Vorentwurf für den Vorplatz des Familienbades frei.

© SZ vom 19.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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