Bad Tölz-Wolfratshausen:4400 Menschen im Landkreis erhalten Niedriglohn

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Angestellte in bayerischen Bäckereien profitieren seit dem 1. Januar von einem neuen Tarifvertrag und gehören trotzdem oft zu Geringverdienern. (Foto: Ying Tang/IMAGO/NurPhoto)

Etwa 18 Prozent der Vollzeitbeschäftigten im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen verdienen wenig. Betroffen sind vor allem Angestellte in Hotels, Bäckereien und Restaurants.

Von Yannik Achternbosch, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Lebensmittel im Supermarkt werden ständig teurer, zum neuen Jahr haben außerdem viele Energieversorger die Preise für Strom und Gas deutlich erhöht, auch die Nebenkosten für Mietwohnungen sind gestiegen. Besonders hart trifft das Menschen, die bereits vor dem starken Anstieg der Inflationsrate am Ende des Monats oft knapp bei Kasse waren. Die amtliche Niedriglohnschwelle liegt bei 2344 Euro Bruttogehalt im Monat. Liegt der Monatslohn darunter, zählt man als Geringverdiener.

Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, die die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ausgewertet hat, zeigen, dass im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen etwa 4400 Menschen einen Bruttolohn unter diesem Schwellenwert bekommen. Das sind etwa 18 Prozent der Vollzeitbeschäftigten im Landkreis - also Menschen, die 40 Stunden pro Woche arbeiten und dennoch Geringverdiener sind. Der Landkreis liegt mit dieser Quote sogar leicht unter dem bundesweiten Anteil an Geringverdienern, laut Statistischem Bundesamt wurden 2022 in Deutschland 19 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse mit Niedriglöhnen bezahlt.

"In Restaurants, Hotels, Bäckereien und Metzgereien arbeiten besonders viele Menschen zu Mini-Löhnen. Die rasant steigenden Preise für Energie und Lebensmittel treffen sie mit voller Wucht", sagt Manuel Halbmeier, Geschäftsführer der NGG Rosenheim-Oberbayern. "Eine Vollzeitarbeit darf nicht zum Risikofaktor fürs Portemonnaie werden", fordert er.

Die NGG will sich in diesem Jahr verstärkt für Geringverdiener im Gastgewerbe einsetzen und fordert von Arbeitgebern, ihren Angestellten kurzfristig eine Inflationsausgleichsprämie zu zahlen. Dahinter verbirgt sich eine Maßnahme der Bundesregierung, mit der Arbeitgeber ihren Angestellten einmalig bis zu 3000 Euro ohne Steuern und Abgaben bezahlen können. Für Halbmeier ersetzt eine solche einmalige Prämie allerdings keineswegs eine zusätzliche und dauerhafte Anhebung der Löhne.

Die hohen Energiepreise treffen nicht nur Arbeitnehmer, sondern machen sich auch bei den Arbeitgebern bemerkbar. "Wir sind ein sehr energieintensives Gewerbe", berichtet der Tölzer Bäcker Andreas Wiedemann, der auch stellvertretender Obermeister der Bäcker-Innung Miesbach-Bad Tölz-Wolfratshausen ist. Seit dem 1. Januar 2023 gilt für das Bäckerhandwerk in Bayern ein neuer Tarifvertrag. In allen Tarifgruppen erhöhen sich damit die Löhne und Gehälter um 150 Euro pro Monat, für die Angestellten im Verkauf sogar um 165 Euro.

Auch in Wiedemanns Bäckereien gilt der neue Tarifvertrag und stellt die Betriebe vor Herausforderungen. Der Bäcker reagiert auf die gestiegenen Neben- und Lohnkosten zum neuen Jahr mit Preiserhöhungen. Nur so, sagt er, könne man mit den steigenden Preisen umgehen. Zumindest in Bad Tölz sieht Wiedemann aber einen Vorteil gegenüber anderen Standorten: "Die Preiserhöhungen der Stadtwerke waren bisher sehr moderat." Moderat ist in Zeiten wie diesen allerdings für Wiedemann auch eine Verdopplung der Preise, andernorts hätte es teilweise eine Erhöhung um das Vierfache gegeben.

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