Corona-Pandemie:Piksen nur in der Praxis

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Die Corona-Impfung gibt es nur noch beim Hausarzt. im Landkreis hält sich die Nachfrage aber in Grenzen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Corona-Fallzahlen sind niedrig, die Nachfrage nach Impfungen gering. Der Freistaat hat deshalb die zwei Impfzentren im Landkreis geschlossen, die Hausärzte sollen übernehmen.

Von Yannik Achternbosch, Bad Tölz-Wolfratshausen

Nach fast drei Jahren endet die Corona-Pandemie im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, oder zumindest ein Teil von ihr: Die Impfzentren in Bad Tölz und Wolfratshausen, die das Land Bayern betrieben hat, sind geschlossen. Nach einem Ende der Pandemie sieht auch die aktuell vom Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldeten Corona-Inzidenz aus, am 2. Januar liegt diese bei 56 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen. Allerdings dürfte aufgrund der Feiertage und der in Bayern aufgehobenen Isolationspflicht die Dunkelziffer der Erkrankungen deutlich höher liegen. Für die Tage zuvor hat das RKI die Inzidenz aufgrund von Nachmeldungen bereits nach oben korrigiert.

Trotz dieser vermeintlich niedrigen Corona-Fallzahlen sind die Krankenhäuser im Landkreis noch stark beansprucht. Laut Divi-Intensivregister waren am Montag alle der 22 verfügbaren Intensivbetten in den Krankenhäusern belegt, zwei davon mit Corona-Patienten. Eine Herausforderung für die Kliniken ist neben der akuten Grippewelle auch der hohe Krankenstand bei deren Personal, weswegen der Betrieb deutlich eingeschränkt ist.

Einen starken Anstieg der Nachfrage nach Corona-Impfungen in Folge der geschlossenen Impfzentren verzeichnen die Arztpraxen im Landkreis derzeit noch nicht, berichtet Jörg Lohse, der neben seiner Tätigkeit als Hausarzt bis Ende des vergangenen Jahres auch der Corona-Koordinator des Landkreises war. "Die Schließung der Impfzentren war lange angekündigt, das Impfbedürfnis ist bei den meisten im Landkreis daher aktuell gestillt", berichtet er. Ähnlich wie vor Schließung der Impfzentren impfe er in seiner Praxis aktuell etwa zehn Personen pro Woche gegen das Coronavirus.

Ein Grund für die relativ geringe Nachfrage nach der vierten Impfdosis ist, dass sie gerade nur für wenige Menschen empfohlen wird. Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät aktuell lediglich Menschen im Alter von über 60 Jahren, Leuten mit einer Vorerkrankung sowie Angestellten im Pflege- und Gesundheitssektor zu einer zweiten Auffrischungsimpfung.

In seiner Arztpraxis impft Lohse aber nicht nur Menschen, denen die Stiko eine vierte Impfung empfiehlt, die Gruppe der Impfwilligen sei aktuell sehr divers. "Es kommen auch immer wieder junge Menschen, die sich vor einer Reise noch mit dem für Omikron angepassten Impfstoff impfen lassen wollen", sagt er. Oft seien diese Menschen bereits dreifach geimpft, wollen durch das angepasste Vakzin aber ihren Schutz gegen die aktuell dominierende Variante verbessern. Auch wenn die Stiko das aktuell nicht empfiehlt ist eine freiwillige vierte Impfung in Absprache mit dem Hausarzt jederzeit möglich.

Kurzfristig ändert sich für die Arztpraxen wenig. Lohse befürchtet allerdings, dass die Auslagerung der Impfungen auf die Niedergelassenen langfristig zu Problemen führen können. Der Grund dafür ist die Art der Verpackung der Impfstoffe: Die Ampullen enthalten immer mehrere Impfdosen, die nach Anbruch schnell verfallen. Bei den Impfstoffen von Biontech und Moderna sei es kein großes Problem, die meisten Dosen aus einer Ampulle zu verimpfen, die Nachfrage sei dort reltaiv hoch. Schwerer ist das bei den Protein-Impfstoffen, an denen nicht viele Patienten Interesse haben. Dort müsse Lohse oft für einen Patienten eine Ampulle anbrechen und die verbliebenen Dosen dann mangels Nachfrage wegwerfen, "da ist Verschwendung vorprogrammiert". In den Impfzentren hätte man damit deutlich besser umgehen können, weil dort die Impfwilligen aus dem gesamten Landkreis zusammenkamen und sich eine Ampulle teilen konnten. Außerdem könne er in seiner Praxis nicht alle verschiedenen Impfstoffe vorhalten, die inzwischen gegen das Coronavirus zugelassen sind. Im Kühlschrank der Praxis müssen neben den Corona-Impfungen auch die Impfstoffe gegen Grippe, Tetanus und andere Krankheiten vorgehalten werden.

Ein weiteres Problem ist die Schließung der Impfzentren auch für alle Geimpften, die ihren Nachweis über die Impfung verloren haben und sich diesen erneut ausstellen lassen wollen. Bisher konnten sie das im Impfzentrum beantragen. Vorübergehend übernimmt das Impfarchiv des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit diese Aufgabe. Bürger können dort unter Angabe ihres kompletten Vor- und Nachnamens, ihrer aktuell gültigen Meldeadresse, ihres Geburtsdatums, ihrer Anschrift zum Zeitpunkt der Impfung sowie idealerweise dem Impfdatum und Impfzentrum eine neue Version des Nachweises beantragen. Vom 1. März 2023 an übernimmt das Landratsamt dann die Neuaustellung von Impfnachweisen.

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