Aus für Filmtheater:Die letzte Spule

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Roland Wolf schließt sein Geretsrieder Kino. Warum es sich trotz guter Filme nicht mehr rechnete.

Felicitas Amler

Höchstens zwei Monate noch, dann heißt es im Geretsrieder "Atelier" zum letzten Mal: "Film läuft". Betreiber Roland Wolf schließt sein Kino an der Adalbert-Stifter-Straße21 "aus wirtschaftlichen Gründen", wie er sagt. Details zu Umsatz- oder Besucherzahlen lässt er sich nicht entlocken. Nur so viel: Das Haus rechne sich eigentlich schon seit 15 Jahren nicht mehr. Für die 24000-Einwohner-Stadt Geretsried ein großer Verlust. Denn das "Atelier" ist das einzige Kino am Platz. Bürgermeisterin Cornelia Irmer kann sich freilich vorstellen, dass eines Tages - wenn die Böhmwiese als neues Stadtviertel erschlossen ist - wieder ein Kino eröffnet wird.

Das Kino mit den Sälen Atelier und Cinema in Geretsried muss schließen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Roland Wolf lebt selbst in Gummersbach, wo der Stammsitz seiner Filmtheater-Betriebe Wolf KG ist. Geretsried war der erste Standort in Bayern, an dem er ein Lichtspielhaus eröffnete. Das war im November 1984. Filmkaufmann Koch hatte zuvor zwei Jahre lang in München gearbeitet, dann von Gummersbach aus die Fachpresse verfolgt und war so auf Geretsried aufmerksam geworden. Wie man den Betrieb vom fernen Nordrhein-Westfalen aus am Laufen hält? "Mit sehr guten Mitarbeitern", sagt Wolf. Freilich hat er in Geretsried keine Festangestellten, sondern nur sechs sogenannte geringfügig Beschäftigte. Und die wüssten auch bereits, dass die Schließung bevorstehe, versichert er.

Die Frage, warum das Geretsrieder Kino mit den beiden Vorführsälen à 104 Plätzen kein Kassenschlager wurde, beantwortet der Betreiber so: "Geretsried ist nicht der Ort, wo man sagen kann, das funktioniert. Die Metropole ist einfach Bad Tölz, und auf der anderen Seite haben wir ja auch noch das Kino in Wolfratshausen." Ganz anders sei die Situation etwa in Hausham, wo Wolf ebenso wie in Bad Tölz, Weilheim und Garmisch-Partenkirchen Kinos betreibt. "Hausham hat 8600 Einwohner, aber da habe ich ein Vierer-Center - das liegt nur am Einzugsgebiet." Geretsried hingegen habe kein Einzugsgebiet, sondern gehöre zu jenem von Bad Tölz.

So gesehen macht Wolf sich seit vielen Jahren selbst Konkurrenz, denn in Bad Tölz betreibt er alle Kinos, das Capitol am Amortplatz mit 306 Plätzen und das Isar-Kinocenter am Moraltpark mit fünf Sälen zwischen 104 und 265 Plätzen. Die Tölzer Häuser liefen allesamt "sehr gut", sagt Wolf. Doch auch hier erfährt man keinerlei Zahlen.

Auch die Fragen, welche Filme Renner seien und ob es regionale Unterschiede gebe, beantwortet der Filmkaufmann eher vage. "Wenn wir alle wüssten, wie die Filme laufen, hätten wir immer den richtigen Film drauf." Vorhersagen seien schwierig, meint Wolf. So habe niemand damit gerechnet, dass sich "The King's Speech" zum "Mainstream-Film" entwickeln würde.

"Mein erster Gedanke war: Ach, schade!", sagte Bürgermeisterin Cornelia Irmer der SZ zur geplanten Schließung des Geretsrieder Kinos. "Es tut mir leid, denn es ist so ein kleines gemütliches Kino." Die wirtschaftliche Begründung könne sie schon verstehen. Aber dass Geretsried auf Dauer ganz ohne Kino bleiben müsse, glaube sie nicht: "Man muss sich Gedanken machen über Standort und Größe." Konkret? "Auf der Böhmwiese, da bietet es sich meines Erachtens an." Die Böhmwiese ist die Fläche gegenüber dem Geretsrieder Rathaus, jenseits der Bundesstraße11. Das acht Hektar große Areal soll nach Vorstellung des Stadtrats als neues Stadtviertel entwickelt werden, insbesondere Einzelhandel soll sich dort ansiedeln.

© SZ vom 29.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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