Prozess in Wolfratshausen:Familienfreund unter Missbrauchsverdacht

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Am Amtsgericht Wolfratshausen versagte das Notstromaggregat. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ein junger Mann soll sich an der Tochter der besten Freundin seiner Mutter vergangen haben.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Das Verhältnis zu dem damals sechsjährigen Mädchen sei "super" gewesen, berichtet der 22-jährige Angeklagte. "Ich würde dem Kind nie etwas antun", reagiert er auf den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs vor dem Wolfratshauser Jugendschöffengericht - und streitet diesen ab. Seine Mutter und die Mutter des Mädchens seien beste Freundinnen gewesen. Auf das Kind habe er sogar öfter aufgepasst, sagt der junge Mann.

Auf der Anklagebank berichtet der einstige Bundeswehrsoldat von einer Familienfeier im Landkreis am 18. Juni 2022. Zwischen 21 und 22 Uhr ging der junge Mann in ein angrenzendes Wäldchen. Das Mädchen wollte mit. Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte die Hand der Sechsjährigen gepackt und an seinen Penis gelegt haben, als er urinierte. Vor dem Kind soll er sich sexuell befriedigt haben.

Zum Auftakt der Verhandlung lotete die Vorsitzende Richtern Friederike Kirschstein-Freund aus, über einen Freispruch nachzudenken. Ohne das Mädchen persönlich vor Gericht als Zeugin zu befragen, werde es unmöglich sein, den Angeklagten zu verurteilen. Das würde sie dem Kind lieber ersparen, so Kirschstein-Freund.

Eine Berührung sei nur unabsichtlich passiert, so der Angeklagte

Die polizeiliche Videovernehmung wirke so, als habe der Beamte dem Mädchen das Tatgeschehen mittels Suggestivfragen aus der Nase gezogen, sagt die Richterin. In der Vernehmung durch den Ermitlungsrichter habe das Kind geschildert, dass der Angeklagte dessen Hand gepackt habe. Ob der Mann mit einer oder keiner Hose bekleidet gewesen sei, habe es nicht sagen können. Das Mädchen habe etwas erlebt. Ob das mit dem Angeklagten zusammenhänge oder das Kind ein anderes Ereignis auf ihn projiziere, sei zu klären. Der Staatsanwalt lehnt ab. "Das kann ich nicht einfach so einstellen." Er wolle erst die Zeugen hören.

Seiner Großmutter hatte sich das Mädchen als erster anvertraut. Vor Gericht erklärt die 65-Jährige, dass sie darüber mit ihrem Sohn und der Schwiegertochter gesprochen habe. Doch die hätten nichts unternehmen wollen. "Sie meinten immer, es muss anders gewesen sein." Darüber sei sie so entsetzt gewesen, dass sie eine Bekannte um Rat gefragt habe. Die Frau habe schließlich die Polizei informiert, so die Großmutter des Mädchens.

Der 41-jährige Vater des Mädchens erklärt, dass er und seine Frau sich anfangs uneins gewesen seien, den Vorfall bei der Polizei anzuzeigen. Als er von den Vorwürfen erfahren habe, sei er erst einmal Rad gefahren. "Ich wusste nicht, was ich tun sollte", so der Mechatroniker. Mit seiner Tochter habe er nicht weiter darüber gesprochen, weil er sie nicht habe schädigen wollen. Sie habe sich im Zwiespalt befunden, berichtet die Mutter des Mädchens. Fast eineinhalb Jahrzehnte kenne sie den Angeklagten, sie habe niemandem schaden wollen. Ihrer Schwiegermutter wirft sie vor, sich zu sehr ins Familienleben einzumischen. Daher habe sie dieser gedroht, mit den Kindern wegzugehen, sollte sie die Polizei alarmieren.

Und der Angeklagte? Der berichtet, dass ihn die Bundeswehr wegen des Verfahrens unehrenhaft entlassen habe. Das Mädchen habe an jenem Abend nur unabsichtlich sein Glied berührt, weil es ihn erschrecken wollte. Der Prozess wird fortgesetzt.

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