Wiesn-Fahrgeschäft:"Man darf die Leute nicht zu lange im Kreis herumschleudern"

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Michael Menzel betreibt seit 25 Jahren die Zugspitzbahn auf der Wiesn. Das Fahrgeschäft selbst gibt es aber schon viel länger. (Foto: Robert Haas)

Michael Menzl weiß, was er Fahrgästen zumuten kann. Seit 80 Jahren gibt es die Zugspitzbahn schon auf der Wiesn - doch wegen der teuren technischen Prüfungen könnte bald Schluss sein.

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Die Sache mit dem Kunstschnee, meint Michael Menzel, die sei's dann letztlich doch nicht gewesen. "Das passt zwar zur Zugspitzbahn", sagt er, "aber der künstliche Schnee hatte Seife als wichtigen Bestandteil, und nachdem die Fahrgäste wieder ausgestiegen sind, sind viele schlichtweg auf dem glitschigen Boden ausgerutscht." Da ließ er dann den Einsatz der Schneekanone künftig doch lieber bleiben, aus Sicherheitsgründen.

Michael Menzel, 58, ist gerade von der Stadt geehrt worden für 25 Jahre auf dem Oktoberfest. Was freilich nicht heißt, dass es die Zugspitzbahn erst seit einem Vierteljahrhundert gibt. Sie ist nämlich schon viel älter, und Menzel bereits in der dritten Generation auf der Wiesn. "Viele Leute glauben ja", sagt Menzel, "die olympischen Ringe an unserer Fassade stammen von 1972." Stimmt aber nicht. Denn die Zugspitzbahn kommt aus Garmisch-Partenkirchen, wo 1936 die olympischen Winterspiele stattfanden. "Mein Großvater hat das Fahrgeschäft 1938 gekauft und auf die Wiesn gebracht", erzählt Menzel und fügt hinzu: "Gott sei Dank waren da keine Hitlerbilder drauf ..."

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Seither ist das rasante Karussell, bei dem man sich bei Höchstgeschwindigkeit schon mal in der Waagrechten bewegt, im Familienbesitz. Michael Menzel ist damit aufgewachsen und machte übrigens schon 1964 Wiesn-Schlagzeilen. Da büxte der Vierjährige seinen Eltern auf dem Festplatz aus und wurde von einer Polizeistreife aufgegriffen. Er weigerte sich, seinen Namen zu nennen, und bekam von den Zeitungen deshalb den Spitznamen "der Donnerwetter von der Zugspitzbahn" verpasst. Bei der Jubilarehrung erinnerte der Zweite Bürgermeister und Wiesn-Chef Josef Schmid (CSU) an diese Episode: "Wer schon in so jungen Jahren weiß, verzweifelte Wiesn-Polizisten auf Trab zu halten, beweist bereits das notwendige Standvermögen, um einmal als Erwachsener einen Schaustellerbetrieb führen zu können."

Jedenfalls ist die Zugspitzbahn eine der ältesten Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest überhaupt und feiert heuer ihr 80-Jähriges. Über die Jahrzehnte hinweg hat sie sich nahezu komplett erneuert, "die Gondeln waren ja ursprünglich aus Holz". Nach und nach wurden alle tragenden Teile auf Stahl umgerüstet, und natürlich muss die Bahn allen technischen Vorschriften genügen, damit sie überhaupt aufgestellt werden darf. Eine neue Verschärfung der entsprechenden EU-Norm könnte ihr nun allerdings bald den Garaus machen: Nicht, weil sie zu unsicher wäre, sondern weil die erforderlichen technischen Prüfungen so teuer sind, dass sich der Betrieb nicht mehr lohnt. "Die meisten Länder geben ihren alten Fahrgeschäften Bestandsschutz, Deutschland und Belgien leider nicht."

Wie lange es die Zugspitzbahn also noch auf der Wiesn geben wird, ist ungewiss. "Bis vor ein paar Jahren waren wir mit ihr immer unterwegs, auf vielen Volksfesten", so Menzel, "aber die Kosten sind enorm gestiegen." Probleme bereiteten den Schaustellern auch die Veränderungen, die alle Volksfeste durchmachten. Das Familienpublikum gehe zurück, und die Festzeltbetreiber täten viel, um die Leute in ihre Zelte zu locken und dort auch zu halten. Früher seien die Leute zum Essen gegangen, um danach über den Festplatz zu flanieren. Heute gehe es halt doch in erster Linie um die Party.

Dabei bietet Michael Menzel ja schon auch ein bisschen Party. In seiner kleinen Kabine, von der aus er die Bahn startet und stoppt, gibt es ein altertümlich anmutendes Schaltkästchen für die Lichteffekte. "S.-Mann" steht da unter einem Schalter etwa, für Schneemann natürlich, oder "Eiszap" und "Blitzer". Damit kann Menzel dann verschiedene Lichter zuschalten.

Für die Musik hat er einen Laptop in seinem Kabuff stehen, und manchmal erfüllt er damit auch Musikwünsche. "Ich habe Kunden, die fahren nur zu ,Last Christmas', und das im Herbst!" Überhaupt gibt es viele Stammgäste, für die eine Fahrt mit der Zugspitzbahn zum festen Wiesn-Ritual gehört. Menzel weiß auch, wie man die behält: "Man darf die Leute nicht zu lange im Kreis herumschleudern", sagt er: "Das finden dann vielleicht drei super, aber dem Rest wird's schlecht. Die kommen dann nie mehr wieder."

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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