Wettbewerb "Kopieren erwünscht":Die schmunzelnden Sieger

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An die 300 Werke haben die Leser in den SZ-Wettbewerb "Kopieren erlaubt" geschickt. Die Jury hatte die Qual der Wahl unter grandiosen, rührenden und kunstvollen Arbeiten.

Von Susanne Hermanski

Oh, wie schön!" Heide Hinze jubelt am Telefon, als sie hört, dass die Jury ihr Bild zum Sieger gekürt hat im Wettbewerb "Kopieren erlaubt". Sie und ihr Partner Götz Schulz haben "Das Bildnis des Tänzers Alexander Sacharoff" von Alexej von Jawlensky nachgestellt. Mit einer Perücke, die aus einer Mülltüte gebastelt ist, und einem Büschelchen Koriander, das statt in der Suppe dann eben doch als etwas Grün an der Rosenbrosche von Alexander alias Götz seine Bestimmung finden sollte. "Halt alles mit Bordmitteln gemacht", erzählt Heide Hinze, "und die Schminke haben wir schnell mit Temperafarben aufgemalt. Wir lieben dieses Bild und das Lenbachhaus, in dem es hängt."

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(Foto: Heide Hinze, Städtische Galerie im Lenbachhaus)

Mit einer Perücke, die aus einer Mülltüte gebastelt ist, und einem Büschelchen Koriander zum Sieg: Als Tänzer Alexander Sacharoff von Alexej von Jawlensky ist hier Götz Schulz zu sehen.

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(Foto: Valerie Obereder)

Den zweiten Platz belegt Valerie Obereders Variante des "Armen Poeten" von Spitzweg. Zu den wenigen Kostbarkeiten, die er in seiner Corona-Isolation um sich hat, zählt eine gute Tageszeitung.

Zwischen seliger Abgeschiedenheit und bedrohlicher Armut: Spitzweg verewigte 1839 in "Der arme Poet" die prekäre Existenz des scheiternden Dichters.

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(Foto: Arnd Meier, BAMOMAB, Bayerische Staatsgemäldesammlungen)

Dafür gab's den dritten Platz: Arnd Meier hat die "Trauben- und Melonenesser" von Bartolomé Murillo mit zwei Buben nachgestellt.

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(Foto: Kimberly Kober)

Diese Arbeiten waren dicht auf in der Wertung um die Spitzenplätze: die fotografische Nachstellung des Hieronymus von Caravaggio von Kimberly Kober.

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(Foto: Christian Gries)

Ein ikonisches Bild der Französischen Revolution: "Der Tod des Marat" von Jacques Louis David hängt in Brüssel, im Oldmasters Museum. Christian Gries hat seinen Sohn Konstantin dafür in die Badewanne drapiert.

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(Foto: Jakob Parzinger)

Der "Narcissus" ist die Ikone der Selfie-Kultur. In Selbstbespiegelung gefangen, gefesselt von eigener Schönheit, abgelenkt von allem, was sonst zählt. Jakob Parzinger hat ihn perfekt ausgewählt für diesen Wettbewerb. Das Original von Caravaggio hängt in der Nationalgalerie in Rom.

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(Foto: Ulrike Eckl)

Mit viel Liebe zur Klassischen Moderne hat Ulrike Eckl zwei Stillleben von Matisse und Cézanne sowie ein bestens bekanntes Gemälde von Max Beckmann nachgestellt - und mit letzterem überzeugt: Die "Frau mit Mandoline in Gelb und Rot" von 1950. Das Original ist zu sehen in der Pinakothek der Moderne - wieder vom kommenden Dienstag an.

Warum die Jury es aus den beinah 300 Einsendungen ausgewählt hat, die in der Kulturredaktion der Süddeutschen Zeitung eingegangen sind, ist nicht in kunsthistorischen Kategorien zu fassen. Das Geheimnis liegt wohl eher in der pfiffigen Fröhlichkeit, die das Bild verströmt, und die in den Tagen des Corona-bedingten Stubenhockertums so besonders gut tut. Die Konkurrenz war nämlich unfassbar groß. Einzelkämpfer haben mitgemacht, Familien, Lehrer haben Arbeiten ganzer Schulklassen eingesendet, die sie schon vor der Schließung der Schulen und Museen erstellt hatten. Der enorme und kreative Aufwand, der Witz und Esprit, den die SZ-Leser dabei an den Tag gelegt haben, war für alle, die diese Beiträge bereits sichten durften, überwältigend und in vielen Aspekten auch rührend.

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(Foto: Annette von Ulardt)

Eigentlich schiebt die "Supermarket Lady" von Duane Hanson - eine Plastik, gefertigt aus Polyesterharz und gewandet in Klamotten von der Stange - durch die Sammlung Ludwig in Aachen. Diese Hommage von Annette von Ulardt aus Freiburg besteht dagegen aus Fleisch und Blut.

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(Foto: Radu Ferendino)

Zeitgenössische Interpretation im Wohnzimmer: Mit Michelangelo Buonarroti und dessen Prophet Joel aus der Sixtinischen Kapelle im Vatikan grüßt Radu Ferendino aus Würzburg.

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(Foto: Anna-Katharina Strohschneider)

Hygiene mal anders: "Ein Putztag", so ist der Titel eines Gemäldes von Alphons Spring, das seine Heimat eigentlich in der Neuen Pinakothek hat - wäre die nicht unabhängig von irgendwelchen Viren sowieso gerade zu. Anna-Katharina Strohschneider (Modell, Requisite), Susanne Strohschneider (Fotographie, Maske), Stefan Mekiffer (Licht, Requisite) und Stefan Strohschneider (Requisite) aus Bischberg haben zusammengeholfen, um diese grandiose Replik zu zaubern.

In dieser Ausgabe von SZ Extra können wir nur einen Bruchteil der Bilder wiedergeben, jedes einzelne hätte es freilich verdient gehabt. Deswegen wird die Kulturredaktion, sobald die Terminlage in der Kulturwelt und die Seitenumfänge der SZ es wieder zulassen, viele weitere dieser Bilder veröffentlichen. Zudem erscheint die Digitalausgabe von SZ Extra um weitere Motive angereichert.

Der Wettbewerb war ausgerufen als Zeitvertreib in den Wochen häuslicher Isolation. Er knüpft an die "Tableaux vivants" an, jene lebendigen Bilder, die Ende des 18. Jahrhunderts erstmals en vogue waren. Dabei stellen Menschen aus Fleisch und Blut Werke der Malerei oder Plastik nach. Die ebenso schöne wie verruchte Lady Hamilton war eine jener Damen der Gesellschaft, die diese Mode gehörig befeuerte. Bilderverrückte soziale Netzwerke wie Instagram haben den Trend heutzutage wieder befördert, Sammlungen wie das Getty Museum haben ihn aufgegriffen und ihre Fans zu "Challenges" aufgerufen.

Dass die SZ das Ergebnis des Wettbewerbs in der Woche der Wiedereröffnung der bayerischen Museen verkünden kann, ist schön. Können Kunstfreunde so doch wieder jene Meisterwerke ganz lebendig betrachten, denen man in allen Zeiten mit vernünftigem Abstand begegnen sollte. Und wer jetzt, nach dem kleinen, von der SZ angestoßenen Selbstversuch in Sachen Kunst - oder beim Anblick der Versuche der Anderen - Sehnsucht nach den Originalen hat, kann sie stillen. Jedenfalls sofern die Werke hierzulande hängen. Wer lieber noch ein bisschen zu Hause bleibt, dem bietet unterdessen der Internationale Museumstag Gelegenheit, Kunst wenigstens digital zu betrachten.

© SZ vom 14.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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