Weihnachtsgeschäft:Geschenk her! Sofort!

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Meist sind nicht die großen Päckchen unter dem Christbaum die wertvollsten. (Foto: dpa)

Bei den Münchner Juwelieren ist kurz vor Weihnachten besonders viel los. Und manchmal müssen sie sogar eine Verlobung unter dem Christbaum retten.

Von Thomas Jordan

"Keine Zeit, der Laden ist gerade voll", "Wir sind gerade voll im Stress", "schlechter Zeitpunkt". Wer in der Vorweihnachtszeit bei einem Münchner Juwelier anruft, merkt schnell, dass viele Goldschmiede und Uhrmacher die Hälfte ihres Jahresumsatzes in den Wochen vor Weihnachten machen. Zeit ist Geld, und was Zeit kostet und kein Geld bringt, stört.

"In den zwei Monaten kannst du ein schlechtes Jahr rausreißen oder ein vermeintlich gutes Jahr kann ins Gegenteil kippen", sagt Jens Schniedenharn, der seit 31 Jahren Goldschmied ist. Denn es gibt sie noch immer: Die Kunden, die auf den letzten Drücker reinschneien, um noch schnell ein Geschenk zu besorgen - was manchmal zu abenteuerlichen Szenen führt.

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An einem Adventssamstag geben sich bei Juwelier Fridrich zum Beispiel schon einmal 400 Kunden die Klinke in die Hand. "Gerade Weihnachten ist bestens dazu geeignet, dem Partner oder der Partnerin einen Antrag zu machen. Der Antrag unter dem Christbaum, das ist ein Highlight für den Romantiker", sagt Stephan Lindner.

Der 59-jährige Betriebswirt ist einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter des Münchner Traditionsjuweliers in der Sendlingerstraße. Seit 30 Jahren ist Lindner auch am 23. Dezember vor und hinter der Theke zu Gange und weiß, welche Kunden noch kurz vor knapp in den Laden laufen. Es gebe die Abholer, die am schon lange vorbestellte Schmuckstücke in Empfang nehmen und jene, die schon länger überlegt haben und sich jetzt endlich entscheiden.

"Und dann gibt es noch die, die am 23. feststellen, morgen ist Heiligabend". Jens Schniedenharn nennt sie "die Panischen". Früher habe Lindner im Weihnachtsstress von Kunden auch noch öfter den "bösen Spruch", wie er sagt, gehört: "Packen Sie irgendwas ein, es ist für meine Frau." Auch wenn sich die männlichen Kunden laut Lindner seit einigen Jahren mehr Mühe damit geben, was sie schenken, können viele Juweliere Geschichten von Last-Minute-Anfertigungen im Weihnachtsstress erzählen.

Lieferung frei Haus

Einmal habe er noch am Abend vor Heiligabend einem verzweifelten Pärchen den Trauring persönlich nach Hause gebracht. Zusammen mit einem Blumenstrauß. "Mir war ja klar, dass die Geschichte nicht gut ausgeht, wenn wir das nicht schaffen", sagt er im Nachhinein. Eva Niggl von der Goldschmiede Johann Niggl in der Amalienstraße kann da noch einen draufsetzen. Seit knapp 30 Jahren betreibt die 58-jährige zusammen mit ihrem Mann den kleinen Laden mit Werkstatt, in dem fast nur selbstgemachter Schmuck über die Theke geht.

Vor Jahren, mitten im Weihnachtsstress, habe sie einmal eine Ring-Schachtel für einen Kunden verpackt und ihm übergeben. Kurz nachdem der Kunde den Laden verlassen hatte, folgte dann der große Schreck. Die Schachtel war leer gewesen und der Ring noch in der Goldschmiede. "Ich habe dann mit viel Mühe die Adresse ausgemacht und ein Treffen im Treppenhaus beim Kunden ausgemacht." Heimlich, so dass die Beschenkte nichts davon mitbekam, habe sie noch vor der Bescherung die richtige Schachtel mit dem Ring übergeben. So etwas passiert, im Vorweihnachtsstress.

Kontrastprogramm beim Juwelier

Jens Schniedenharn weiß in seiner Filiale in der Theatinerstraße, dass die Weihnachtszeit für Kunden und Verkäufer besonders viel Trubel bereithält, er bemüht sich deshalb um ein Kontrastprogramm für seine Kunden. "Bei uns sitzt man grundsätzlich im Geschäft", sagt der 49-jährige. Ganz vermeiden kann aber auch Schniedenharn den Stress nicht. "Heute Abend liefern wir einem Kunden einen Memoire-Ring zum fünfjährigen Hochzeitstag nach Hause, weil er es nicht mehr rechtzeitig schafft herzukommen."

In der letzten Weihnachtswoche, betont Eva Niggl, könnte sie oft länger arbeiten als der Tag Stunden hat. Da kommt es ihr und ihrem Mann gar nicht so ungelegen, dass dieses Jahr der Heiligabend auf einen Sonntag fällt. So können auch Juweliere einmal kurz durchschnaufen vor dem Fest, freut sich die 58-Jährige. "Das entspannt das Ganze ein bisschen."

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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