Stadtverwaltung:Warum das Anstehen am KVR kein Ende nimmt

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Behördenalltag im reichen München: Wenn das Kreisverwaltungsreferat an der Ruppertstraße - wie hier am Donnerstag - um 8.30 Uhr öffnet, reicht die Schlange der Wartenden bereits bis zum U-Bahnabgang. (Foto: Robert Haas)
  • Obwohl der Stadtrat mehr als 100 zusätzliche Stellen am KVR geschaffen hat, haben sich die Probleme mit Wartezeiten und Terminausfällen dort bislang kaum verringert.
  • Besonders Ausländer, die auf eine Verlängerung ihres Aufenthalts angewiesen sind, geraten wegen des Bearbeitungsstaus in Bedrängnis.

Von Sven Loerzer, München

Es ist eine Situation, an die sich die Münchner Bürger seit Langem gewöhnt haben - und die dennoch ein alltäglicher Skandal ist: die langen Wartezeiten im Kreisverwaltungsreferat (KVR), der mangelnde Service und die quälend lange Dauer für einfache bürokratische Prozesse. Obwohl der Stadtrat mehr als 100 zusätzliche Stellen geschaffen hat, hat sich die Situation bislang kaum verbessert. Im Gegenteil: Besonders Ausländer, die auf eine Verlängerung ihres Aufenthalts angewiesen sind, können wegen des Termin- und Bearbeitungsstaus im KVR in eine missliche Lage kommen, wie der Fall einer Münchner Familie und einer Gastschülerin zeigt - nur einer von vielen.

Für dieses Schuljahr hat die Familie von Mathias G., der Vater zweier Töchter ist, eine Gastschülerin aus Japan aufgenommen, just zu dem Zeitpunkt, als eine Delegation aus Münchens Partnerstadt Sapporo in München weilte. Weil die Schülerin länger als 90 Tage bleibt, musste sie innerhalb dieser Frist eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Mathias G. kennt sich damit inzwischen gut aus und weiß, was man dazu alles braucht. Denn die junge Japanerin ist bereits die vierte Gastschülerin in seiner Familie. Damit die 16-Jährige aus Okinawa den benötigten Aufenthaltstitel bekommt, muss er mit ihr zur Ausländerbehörde im KVR.

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Eigentlich wollte er dazu einen Termin vereinbaren, aber das klappte, wie schon bei der Gastschülerin im Vorjahr, nicht fristgerecht: "Wie ich erfahren habe, gibt es Termine erst wieder im nächsten Jahr." An einem Freitag im September wollte er deshalb ohne Termin zur Behörde. Um sich eine gute Ausgangsposition beim Warten zu verschaffen, hatte er zuvor den kürzesten Weg im Kreisverwaltungsreferat erkundet und obendrein den Freitag freigenommen: "Wir sind um 5.45 Uhr aufgestanden, um uns rechtzeitig beim KVR anzustellen." Um 6.45 Uhr hat er sich dort zusammen mit der Schülerin postiert - wie viele andere Münchner: Als der Haupteingang um 7.30 Uhr öffnete, reichte die Schlange bereits bis zum U-Bahn-Abgang.

Als er dann zum Bereich "S bis Z" der Ausländerbehörde gerannt war, musste er sich von einem Mitarbeiter sagen lassen, dass zu wenige Mitarbeiter da seien, weil viele krank seien. Selbst die vereinbarten Termine werde man kaum schaffen. Unverrichteter Dinge musste er wieder gehen. "Das Serviceniveau ist eine Schande für München", sagt Mathias G., der seinem Ärger auch in einem Brief an den OB Luft verschaffte.

"Wir bedauern sehr, dass das Anliegen der Kundin in dem geschilderten Fall nicht zufriedenstellend bearbeitet wurde", erklärt KVR-Sprecher Johannes Mayer auf Anfrage der SZ. "An dem Tag war das betroffene Sachgebiet aufgrund von offenen Stellen und Ausfällen unterbesetzt." Unter den verbliebenen Sachbearbeitern seien zudem einige neue gewesen, die "noch keine eigenständige Sachbearbeitung übernehmen konnten". Eine Aushilfe durch andere Sachgebiete sei nicht möglich gewesen, weil dort die Personallage auch nicht besser war. "Es tut uns leid, dass wir hier nicht so zur Verfügung stehen konnten, wie von uns zu erwarten ist."

Die Ausländerbehörde habe sehr viel Publikumsverkehr, der durch den Bevölkerungszuwachs steige. "Es fehlt schlicht an Personal, um alle Anliegen sofort abzuarbeiten." Der Stadtrat habe daher der Behörde in den vergangenen Jahren mehr als 100 Stellen - 40 Prozent davon im Asylbereich - zugesprochen. Wegen der Arbeitsmarktlage gestalte sich die Besetzung schwierig, jedoch sei der überwiegende Teil der Stellen nun besetzt. Entspannen werde sich die Lage , wenn die neuen Mitarbeiter eingearbeitet seien, was aber wegen der schwierige Materie mehrere Monate dauere.

KVR-Sprecher Mayer macht den Münchner zumindest ein wenig Hoffnung: Ende des ersten Quartals 2018 sollten sich die Wartezeiten durch den Personalaufbau und die fortschreitende Einführung der Terminvereinbarung aber spürbar verringern.

Im zweiten Anlauf hat es auch Mathias G. geschafft, nachdem er sich erneut freigenommen und fast eine Stunde vor der Öffnung angestellt hatte: "Aufgrund unserer erworbenen Gebäudekenntnisse konnten wir einen Sprint zum Bereich S bis Z hinlegen und wurden die dritte Partei, also fast Pole Position." Innerhalb von etwas mehr als einer Stunde war alles erledigt. Inzwischen habe sich eine "Warteschlange von vielleicht 50 Personen für die Vorprüfung" aufgebaut gehabt. Dass die noch alle zum Zug kamen, "glaube ich jetzt weniger", sagt G.

© SZ vom 06.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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