Verdacht auf Steuerhinterziehung:Hausdurchsuchung in Harlaching

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Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Klaus Thannhuber, einst Eigentümer der Schranne, wegen Verdachts der Steuerhinterziehung und des Anlagebetrugs. Für die Ermittler ist der Mann kein Unbekannter.

Florian Fuchs und Dominik Hutter

Klaus Thannhuber wieder: Für die Ermittler ist der Mann, der in der vergangenen Woche in einem Haus in Harlaching festgenommen wurde, kein Unbekannter. Gegen den 67-Jährigen, der bei der Staatsanwaltschaft München I unter der sehr allgemeinen Berufsbezeichnung 'Kaufmann' geführt wird, ist in den vergangenen Jahren immer wieder ermittelt worden.

In München ist Thannhuber vor allem als Schrannenhallen-Investor bekannt - als der Mann, der von der Stadt wegen angeblich nicht bezahlter Rechnungen in Höhe von 1,4 Millionen Euro verklagt wurde. Der Streit endete damals mit einem Vergleich. Weitere Forderungen aus Krediten führten zur spektakulären Zwangsversteigerung der Halle. Der anschließende Prozess wegen der von der Staatsanwaltschaft als fragwürdig eingeschätzten Bilanzbuchhaltung Thannhubers ging glimpflich aus - das Verfahren wurde gegen eine Geldbuße von 15.000 Euro eingestellt.

Ob Thannhuber diesmal wieder so günstig davonkommt, ist offen. Die aktuellen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten auf Steuerhinterziehung und Anlagebetrug. Sprecher Thomas Steinkraus-Koch berichtet in puncto Steuerhinterziehung von einem 'dringenden Tatverdacht'. Es liege schon jetzt mehr vor, als für eine Anklageerhebung notwendig sei. Dass es, wie von Thannhubers Anwalt bestätigt, um eine halbe Million Euro geht - darauf will Steinkraus-Koch mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht näher eingehen. Die Anzeige sei vom Finanzamt erstattet worden.

Der Immobilien-Investor ist gegen Zahlung einer Kaution von 50.000 Euro, die seine Familie bereitgestellt hat, wieder auf freiem Fuß. Der Haftbefehl besteht aber weiterhin, wie die Staatsanwaltschaft erklärt. Thannhubers Anwalt Klaus Gussmann hatte sich allerdings am Mittwochabend optimistisch gezeigt, dass es "gelingt, die Vorwürfe insgesamt zu widerlegen" und der Betrag von einer halben Million Euro "nicht Bestand haben wird". Vorwürfe gegen seinen Mandanten hätten "noch nie zu einer Verurteilung geführt".

Parallel ermittelt die Staatsanwaltschaft auch wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung und Bankrott. Hinter Letzterem verbirgt sich ein komplizierter Paragraph im Strafgesetzbuch: Bankrott kann juristisch zum Beispiel Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung bedeuten oder das illegale Beiseiteschaffen von Vermögenswerten.

Dass Thannhuber vergangene Woche in Harlaching war, traf sich für die Ermittler günstig: Sie hatten ihn wegen des Verdachts auf Anlagebetrug schon länger anhören wollen, aber keine aktuelle Adresse gehabt. Thannhuber, der mehrere Firmen besitzt, hat seinen Hauptwohnsitz inzwischen in London. Das Münchner Haus wurde durchsucht. Die beschlagnahmten Unterlagen werden nun von der Münchner Staatsanwaltschaft ausgewertet.

Das Betrugsverfahren in München läuft bereits seit 2010. Thannhuber soll, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft, über die DBVI AG (Deutsche Beamtenvorsorge Immobilien) Tausende Kleinanleger geprellt haben. Viele angeblich Geschädigte sind seit Jahren in einer 'Arbeitsgemeinschaft DBVI' organisiert und lassen sich von zwei im Kapitalanlagerecht spezialisierten Kanzleien vertreten. "Wir schauen, dass unsere Anleger ihr Geld nicht verlieren und aus ihren Zahlungsverpflichtungen herauskommen", sagt Alexander Heinrich, der angeblich Betroffene gegen Unternehmen aus dem Kreis Thannhubers schon in zahlreichen Prozessen vertreten hat.

Nach Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft haben in den verschiedenen Fonds, die zu Thannhubers Firmen gehören, über die Jahre 30.000 bis 40.000 Kunden Geld eingezahlt. "Wir sprechen also von Summen in dreistelliger Millionenhöhe." Über die Privatbank Reithinger, die vor ihrer Insolvenz im Jahr 2006 Thannhubers Familie gehörte, haben sich laut Arbeitsgemeinschaft viele Anleger ihre Einlagen für die Fonds, die ebenfalls zu Thannhubers Unternehmensgruppe gehörten, kreditfinanzieren lassen. Der Vorwurf der Anleger-Vertreter lautet unter anderem, dass Kunden nie vollständig über die Firmenverflechtungen aufgeklärt worden seien.

Darüber hinaus haben nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft zahlreiche Kapitalanleger ihre staatlich geförderten vermögenswirksamen Leistungen in DBVI-Aktien angelegt. Die DBVI wiederum soll, so der Vorwurf der Arbeitsgemeinschaft, dieses Kapital in angeblich überteuerte Immobilen und Immobilienfonds investiert haben, die auch aus dem Kreis des DBVI-Gründers Thannhuber stammten. "Man könnte sagen, da ist die Wertschöpfungskette gut ausgenutzt worden", sagt Heinrich.

Thannhubers Anwalt Klaus Gussmann wollte sich am Donnerstag und Freitag auf Anfrage nicht zu diesen Vorwürfen äußern. Der Jurist hatte aber bereits am Mittwoch Zweifel an dem angeblichen Millionenschaden geäußert und gesagt: "Die Zahlen mögen schwirren. Was an Substanz dahintersteckt, wird sich zeigen."

Auch die Staatsanwaltschaft will Details über die genauen Betrugs-Vorwürfe mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht offiziell bekanntgeben. Die Anzahl der Geschädigten sei ebenso wie die angebliche Schadenssumme Teil der Ermittlungen. Thannhubers Anwalt Gussmann erklärte am Mittwochabend, bislang keine Akteneinsicht erhalten zu haben und daher nichts Genaues sagen zu können - eine Behauptung, die laut Staatsanwaltschaft so nicht stimme. Der Anwalt habe bereits einen Antrag gestellt und in der vergangenen Woche Akteneinsicht erhalten, sagt Steinkraus-Koch.

© SZ vom 7.4.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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