Untergiesing/Harlaching:Viel Zeit für Gespräche

Lesezeit: 2 min

Ruf nach der Röhre: Der Verkehr, zum Beispiel am Candidplatz, ist ein großes Problem im Viertel. (Foto: Robert Haas)

Schutz der Wohnanlage an der Säbener Straße, ein Schulbus, fehlendes Tempo 30: Zweieinhalb Stunden lang diskutiert die Bürgerversammlung die Probleme von Untergiesing-Harlaching

Von Julian Raff, Untergiesing/Harlaching

Indem sie sich kurz fassten, trafen Stadtvertreter und Polizei bei der Bürgerversammlung für Untergiesing-Harlaching offenbar einen Nerv: Nach nur 50-minütiger Einleitung hatten 30 Antrag- und Fragesteller noch gut zweieinhalb Stunden lang das Wort, fast ein Drittel mehr als im Vorjahr, obwohl die Besucherzahl nur knapp an die 300er-Marke von 2015 heranreichte. Gegen Ende schmolz sie gar auf 90 abstimmende Teilnehmer zusammen. Mit dem Verzicht auf ihr Überblicksreferat als Versammlungsleiterin handelte sich CSU-Stadträtin Evelyne Menges zwar auch die Kritik eines Bürgers ein, der anregte, das nächste Mal doch wenigstens darüber abstimmen zu lassen, insgesamt kam die straffe Regie aber gut an.

Einen knappen Überblick lieferte auch Clemens Baumgärtner (CSU). Den geplagten Ring-Anwohnern an Candidplatz und Tegernseer Landstraße konnte der Bezirksausschuss-Chef auch heuer wenig Linderung versprechen, erneuerte aber seine Grundsatzforderung nach einer Tunnellösung. Die Lärm und Feinstaubbelastung in Giesing sei schließlich identisch mit der an der Landshuter Allee. Den gefühlten "Kiesselbach-Effekt", sprich die zweiprozentige Verkehrszunahme seit der Eröffnung des Südwest-Tunnels, bestätigte den Anwohnern auch Alfred Hauck, der Leiter der Polizeiinspektion Giesing. In Sachen häuslicher Sicherheit trug er dagegen Ermutigendes vor: Niemand müsse "sein Gebäude zur Burg machen", um sich vor Einbrechern zu schützen. Es genüge meist, ihnen mit kleinen Nachrüstungen "die Arbeitszeit zu verlängern". Nach etwa 90 Sekunden gäben die meisten Täter aus Angst vor Entdeckung auf. Immerhin, so Hauck, ist mittlerweile jedes zweite im Bezirk gemeldete Einbruchsdelikt ein abgebrochener Versuch.

Nicht selbst über den technischen Zustand ihrer Wohnungen entscheiden können freilich die 250 Mieter der Heimag-Siedlung an der Säbener Straße. Mietersprecher Hermann Gilbhard erinnerte an ein seit Mitte 2015 vorliegendes Instandhaltungs-Gutachten, das die Gewofag, seit ebenfalls knapp anderthalb Jahren Eigentümer, trotz wiederholter dringlicher Anfragen nicht umsetze. Mit breiter Unterstützung der Bürgerversammlung fordert Gilbhard den Stadtrat auf, Druck auf seine Wohnungsbau-GmbH zu machen. Die Substanz der 60 Jahre alten Siedlung habe sich schließlich als erhaltenswert erwiesen, nachdem noch 2014 Abrissgerüchte Angst ausgelöst hatten.

Substanzerhaltung in Altharlaching und damit auf finanziell eher gehobenem Niveau fordern die Bürger auf Antrag von Andreas Dorsch. Die Stadt solle nach Dresdner oder Hamburger Vorbild Gestaltungssatzungen zum Schutz der Gartenstädte ausarbeiten. Der "Notfallparagraf" 34 des Baugesetzbuches versage hier meist, so der Vize der "BI Gartenstadt".

Verdichtung und Familienzuzug belasten auch die Rotbuchen-Grundschule. Einstimmig votierte die Versammlung daher für die Rettung des kürzlich gestrichenen Schulbusses. Die Raumnot wiederum ließe sich durch Teilauslagerung auf ein vom Bürgergremium vorgeschlagenes Grundstück an der Harthauser Straße beheben, nicht aber durch die Containerbauten am Standort Am Hollerbusch. Wie Martin Kunschak vom Sozialreferat bekannt gab, wird die ursprünglich für unbegleitete Minderjährige vorgesehene Anlage ab Februar 2017 durch geflüchtete Frauen und Familien belegt. Die Schul-Dependance scheidet damit aus.

Nicht mehr vorherrschend, aber mit rund einem Drittel der 45 Anträge noch gut vertreten war das Thema Verkehr. Mit der Entschleunigung übertreiben wollen es die Bürger dabei auch wieder nicht: Einen Antrag auf Tempo 30 am Wettersteinplatz/Grünwalder Straße lehnten sie mit 49 zu 39 Stimmen ab, obwohl KVR-Verkehrsmanager Stefan Bauer das so kommentierte: "Das hätte schon was."

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: