Leichenfund in Berg:"Ich habe das nicht getan"

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Die Leiche wurde vergraben in einem Waldstück bei Berg gefunden. Die Polizei suchte den Fundort daraufhin nach Spuren ab. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Im Prozess um den Totschlag an einer Prostituierten bestreitet der angeklagte Lebensgefährte die Tat vehement. Aber warum setzte er nach einem Anruf der Polizei sein Handy auf Werkseinstellungen zurück? Und was hat es mit einem Haarbüschel an der Leiche auf sich?

Von Susi Wimmer

Geduld, Substantiv. Das Wörterbuch erklärt damit ein "ruhiges und beherrschtes Ertragen von etwas, was unangenehm ist oder sehr lange dauert". Jene Tugend ist aktuell bei der 1. Schwurgerichtskammer am Landgericht München I gefragt, die versucht, die Geschehnisse rund um den Tod der Prostituierten Luca V. zu klären. "Ich habe das nicht getan", versichert der angeklagte Lebensgefährte Philip O., um weiter wortreich an den Fragen des Gerichts vorbeizureden. Doch die Beweise, die Staatsanwalt Matthias Enzler zusammengetragen hat und die peu à peu in die Verhandlung einfließen, wirken gewichtig.

Enzler geht davon aus, dass der Angeklagte seine Lebensgefährtin in einem Münchner Hotel erwürgt hat. Der Grund sollen Streitereien über den Beruf der 25-Jährigen gewesen sein. O. soll die Leiche der Frau nach Berg im Kreis Starnberg gebracht, angezündet und verscharrt haben.

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Wenn es um die Geduld geht, hat die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl ein Fleißsternchen verdient. Wenn ihr mal ein "jetzt lassen Sie sich doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen" entfährt, dann heißt das schon was. Philip O. soll sich "zur Sache" äußern, wie es bei Gericht so schön heißt. Aber, befragt nach den Tagen vor dem Verschwinden der Frau, kann er sich an gar nichts erinnern.

Das Gericht versucht, ihm einen Zeitrahmen zu stecken: Ende November 2021 hielt sich das Paar in Berlin auf, wo Luca V. der Prostitution nachging. Laut den Reisedaten fuhr O. am 20. November von Berlin nach Budapest und tags darauf zurück. "Sie sollen sich in Budapest mit jemandem im Café getroffen haben", sagt die Richterin. "In einem Café?", fragt O., "ich trinke keinen Kaffee".

Derartige Antworten füllen den Vormittag. O. soll in Berlin einen Wagen gemietet und mit der Freundin nach München gefahren sein, "daran habe ich keine Erinnerung". Hier wohnten sie in einem Hotel an der Ottobrunner Straße, während Luca V. in Haidhausen der Prostitution nachging.

Philip O. streitet ab, dass er sie zu Kunden gefahren habe. Gefühlt hundert Nachfragen später hält er dies für "möglich". Laut Aussagen von Freiern habe Luca V. "unprofessionell, gelangweilt und naiv" gewirkt, trägt das Gericht vor, und dass man die Freier als Zeugen hören wolle. "Ich will das nicht!", ruft da der Angeklagte. Außer, diese wären auch Beschuldigte. "Davon gehen wir nicht mal ansatzweise aus", erklärt Elisabeth Ehrl. Vielmehr stehe im Raum, ob Luca V. "doch nicht ganz freiwillig" der Prostitution nachging.

Am 25. November habe Luca V. das Hotel verlassen. "Ich konnte sie telefonisch nicht mehr erreichen, ich dachte, sie sei abgehauen", behauptet der Angeklagte. Tags darauf rief O. seine Ex-Freundin an und schlug ihr vor, wieder zusammenzukommen. Ab dem 25. November sind auf dem Handy von Luca V. keine Aktivitäten mehr wahrnehmbar. Staatsanwalt Enzler denkt, dass die Frau an diesem Tag starb und O. die Leiche am 26. nach Berg brachte. Philip O. behauptet, er habe Luca V. im Dezember in Budapest getroffen. Zeugen dafür gebe es nicht. In seinem Handy waren in der Zeit zwischen 25. und 27. November die Google-Cloud- und GPS-Daten deaktiviert.

Als die Polizei Philip O. im Januar 2022 in Budapest anrief und vom Fund der Leiche erzählte, soll O. sofort sein Handy auf Werkseinstellungen zurückgesetzt und seinen Google-Account gelöscht haben. Und nicht zuletzt fand sich an der Leiche von Luca V. ein Haarbüschel. Ihre hellen Haare vermischt mit dunklen Haaren. Eine Gutachterin wird erläutern, ob die Haare vom Angeklagten stammen könnten.

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