Kritik:Königlicher Klamauk

Lesezeit: 1 Min.

Um Kopf und Krone gebracht: Christoph Theussl als Hamlets Stiefvater Claudius, soeben gerichtet. (Foto: Veronika Eckbauer)

"Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)" hat im Münchner Hofspielhaus Premiere.

Von Barbara Hordych, München

Zu Shakespeares Zeit wurden die Frauenrollen bekanntlich von Männern gespielt - von daher erscheint es nur folgerichtig, dass in dem Stück "Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)", kondensiert 1987 von Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield, der österreichische Liedermacher und Schauspieler Christoph Theussl im Hofspielhaus alle Frauenrollen übernimmt. Angefangen bei der jungfräulichen Julia im weißen Kleid mit blonder Perücke über die in ihrem himmelblauen Kleid hinreißend ertrinkende Ophelia bis hin zu Hamlets Mutter. Wobei: Gerne tut er es nicht, seine beiden Mitstreiter in diesem theatralen Parforce-Ritt durch 37 Werke, Leon Sandner und David Hang, müssen ihn mitunter leicht handgreiflich zur Rollen-Erfüllung zwingen.

Und dann gar Othello! Ein "Mohr", das geht natürlich heute gar nicht mehr, es drohen Blackfacing hier, Whitewashing da, gefragt ist der korrekte Umgang mit Minderheiten. Regisseur Georg Büttel und sein herrlich komisch aufspielendes Darsteller-Trio haben da eine wunderbare Lösung bei der Hand: Minderheit möge Minderheit verkörpern, also muss abermals Theussl, der einzige Österreicher im Trio, ran - indem er souverän zunächst einen "Schoko-Schaumkuss" verspeist und dann auf der Gitarre über "Wokeness" klampft.

Alle Komödien Shakespeares? Kein Problem, die werden schnell heruntergerasselt, schließlich hat der Autor damals gut funktionierende Plots weidlich ausgenutzt und gleich mehrfach verwertet: Vermisste tauchen urplötzlich wieder auf, Frauen geben sich als Männer aus und Männer als Frauen, um sich in fluiden Geschlechterrollen gegenseitig den Kopf zu verdrehen. Und die Königsdramen von Richard III. bis Johann werden im Schnelldurchlauf präsentiert, im wortwörtlichen Sinne: umfunktioniert zum Fußballspiel, in dem statt Bällen Köpfe und Kronen rollen. Bei allem gekonnten Klamauk ist der Inszenierung dann doch anzumerken, dass Regisseur Büttel Anglist ist und über einschlägige theatrale Shakespeare-Erfahrung verfügt. So leuchtet in diesem Shakespeare-Medley zwischendurch der ein oder andere berühmte Monolog auf: "Freunde! Römer! Mitbürger! - Münchner!" hebt etwa David Hang stimmgewaltig als Marc Anton an. Viel weiter kommt er zwar nicht - aber vermutlich hätte auch Shakespeare an diesen Verkürzungen seinen Heidenspaß gehabt.

Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt), 7. und 10. Juli, 20 Uhr, Hofspielhaus , Falkenturmstraße 8

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: