Landgericht München:Nach Messerangriff auf Fahrgast: Fünfeinhalb Jahre Haft für Taxifahrer

Lesezeit: 2 min

Ein Taxifahrer wurde nach einem Messerangriff auf einen Fahrgast wegen versuchter Körperverletzung verurteilt (Symbolbild). (Foto: Robert Haas)

Der 61-Jährige war ausgerastet, weil sich ein betrunkener Fahrgast eine Zigarette angezündet hatte. Das Landgericht stuft die Tat allerdings nicht als versuchten Mord, sondern nur als gefährliche Körperverletzung ein.

Von Susi Wimmer

Die Anklage lautete auf versuchten Mord - am Ende aber sah die zweite Schwurgerichtskammer am Landgericht München I den Taxifahrer Özbek Y. nur der gefährlichen Körperverletzung für schuldig an. Der 61-Jährige muss laut dem Urteil für fünfeinhalb Jahre in Haft, weil er einem Fahrgast nach einem Streit wegen einer Zigarette ein Messer in den Bauch gerammt hatte.

"Es war eine enge Entscheidung", erklärte der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann. Staatsanwalt Daniel Meindl hatte eine Freiheitsstrafe von elf Jahren wegen versuchten Mordes gefordert. Verteidiger Adam Ahmed hingegen hatte in seinem Plädoyer nur eine gefährliche Körperverletzung gesehen, weil sein Mandant nach dem ersten Stich nicht weitergemacht habe, unter Juristen spricht man von einem "strafbefreienden Rücktritt".

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Eines war für das Gericht klar: Der 61-jährige Y. habe "eine kurze Zündschnur", wie Riedmann sagte. In der Nacht auf den 12. Oktober 2022 war er mit seinem Taxi in der Bayerstraße unterwegs, als ihn drei Männer heranwinkten. Sie hatten ordentlich Geburtstag gefeiert, von nüchtern konnte keine Rede mehr sein. Das Trio kam von außerhalb, wollte zurück ins Hotel. Das Taxi setzte sich in Bewegung - und einer der Männer, Jerome R., zündete sich eine Zigarette an.

"Das war der Ausgangspunkt" für das, was dann gefolgt sei, so Riedmann. Özbek Y. habe auf die Bremse getreten, sei um sein Taxi herumgelaufen und habe dem Raucher durch das geöffnete Fenster die Zigarette aus dem Mund geschlagen. Man stieg aus, es kam zur Rangelei, der Taxler verlor seine Brille. Man suchte gemeinsam danach, setzte ein herausgefallenes Glas wieder ein und einigte sich darauf, dass man die Fahrt fortsetzen wolle.

Doch urplötzlich, so das Urteil, habe Y. während der Fahrt mit der Faust gegen den Bauch von Jerome R. geschlagen. Alsdann habe er so heftig gebremst, dass R. gegen die Kopflehne geprallt sei und sich eine Platzwunde an der Braue zugezogen habe. Nun stieg Jerome R. aus, wollte den Taxler zur Rede stellen. Jedoch ließ er von ihm ab, und das Trio ging über einen Seitenstreifen davon, um nach einem neuen Taxi Ausschau zu halten.

Das Opfer hat den Einstich erst mit Verzögerung bemerkt

Jerome R. sagte im Zeugenstand, er habe etwas hinter sich bemerkt, und als er sich umgedreht habe, habe er den Taxifahrer auf sich zulaufen sehen. Er habe irgendetwas in der Hand gehalten. Özbek Y. rammte dem Fahrgast das Messer auf Hüfthöhe in den Bauch. Doch das Opfer habe den Einstich zunächst gar nicht bemerkt. Er habe den Taxler niedergeschlagen, sich umgedreht und sei weitergegangen. Erst 30 Meter später sei es "an der Hüfte warm geworden", sagte er. Die Verletzung war laut Gericht nicht lebensgefährlich, R. wurde ambulant in der Klinik behandelt. Allerdings leidet er bis heute massiv an psychischen Beeinträchtigungen.

Der Taxifahrer gab an, er müsse es wohl gewesen sein, könne sich aber nicht erinnern. Er habe immer ein Brotzeitmesser in der Mittelkonsole. Als die Polizei ihn wenig später festnahm, sagte er allerdings, er wisse schon, warum die Polizei da sei.

"Er hätte weitermachen können, hat es aber nicht gemacht", so sah das Gericht die Tatsituation. Özbek Y. habe davon ausgehen können, dass er den Geschädigten nicht tödlich getroffen habe. Schließlich habe R. weder geschrien noch irgendwie reagiert. Deshalb liege nur eine gefährliche Körperverletzung vor. Staatsanwalt Meindl überlegt, in Revision zu gehen. Nach seiner Einschätzung musste Y. davon ausgehen, dass ein so wuchtiger Stich in die sensible Bauchregion tödlich sein kann.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusTrendsport
:Selbst Steffi Graf spielt Pickleball

Keine andere Sportart wächst in den USA so rasant - auch einstige Tennis-Legenden haben Pickleball für sich entdeckt. Über einen Trend, der süchtig macht - und nun in Deutschland ankommt. 

Von Lisa Sonnabend und Robert Haas

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: