"Tatort" aus München:"Ich kann koksen, soviel ich will"

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Kamele, verschleierte Frauen, die nur Luxus shoppen: Der neue Münchner-"Tatort" ist voller Klischees über arabische Touristen in München. Dabei spielt der Fall von Batic und Leitmayr auf eine ganz reale Affäre an.

Von Britta Schultejans

Während sein Vater Muammar al-Gaddafi in Libyen herrschte, lebte sein Sohn Saif al-Arab in München ein mehr als glamouröses Leben am Rande der Legalität: Luxus, schnelle Autos, ausschweifende Partys. Abgesehen von zwei Strafbefehlen blieb er trotz zahlreicher Vorfälle wie Schlägereien oder Fahrens ohne Führerschein unbehelligt.

Der neue München-"Tatort" mit dem Titel "Der Wüstensohn" (Sonntag, 20.15 Uhr im Ersten) erzählt eine auffallend ähnliche Geschichte - auch wenn mit Nasir al Yasaf (Yasin el Harrouk) nicht der Diktatorensohn aus Libyen, sondern "der fünfte Sohn des Emirs von Kumar" die Hauptperson der Geschichte ist.

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Der wird von den Kommissaren Leitmayr und Batic (Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec) erwischt, wie er mit der Leiche eines Freundes auf dem Beifahrersitz mehrere rote Ampeln überfährt. Nur eine Polizeisperre kann ihn stoppen, und fassungslos muss vor allem Batic erleben, dass den Beamten die Hände gebunden sind. Das reiche Jüngelchen hat einen Diplomatenpass, und das Diplomatenauto, in dem sich die Leiche befindet, gilt als exterritoriales Gebiet. "Ich kann mit 180 durch München fahren, ich kann koksen, soviel ich will."

Der erste deutsche "Tatort" nach der Sommerpause führt die Ermittler in ein Dickicht aus Politik, Justiz und Wirtschaft. Dort steht die Wahrheitsfindung nicht zwangsläufig an erster Stelle, und der Generalkonsul von Kumar (Samir Fuchs) ist ebenso zwielichtig wie der Teppichladen, den Nasir betreibt, und der ein oder andere Vertreter der bayerischen Behörden. Frei nach dem Motto: Vor dem Gesetz sind alle gleich, der ein oder andere ist aber ein kleines bisschen gleicher.

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Die Kommissare tauchen ein in eine Welt mit überbordendem Luxus, in der "der Prinz", wie Nasir genannt wird, seine Diener mit Füßen tritt und von einer Party zur nächsten zieht. Unterstützt wird er von Henk (Wilson Gonzales Ochsenknecht, seinem Vater Uwe immer ähnlicher). Ausgerechnet an Batic aber findet der Prinz Gefallen und bietet ihm an, die Polizei in seinem Heimatland aufzubauen. "Sie würden ihn mögen, meinen Vater. Alle mögen ihn", sagt er - und lädt zum Essen ein.

Es ist eine von zahlreichen Anspielungen an den realen Fall in München, der auch darum Schlagzeilen machte, weil der damalige Polizeipräsident mit Gaddafi junior im Bayerischen Hof speiste - ihn nach eigenen Angaben dabei ermahnend, nicht mehr über die Stränge zu schlagen. Der "Tatort" des Autoren-Duos Alexander Buresch und Matthias Pacht ist eine Gratwanderung - nicht, weil ein realer Fall für die Handlung Pate stand, sondern weil er sich zahlreicher Klischees bedient. Im Vorgarten des Prinzen lebt ein Kamel - eigentlich sogar drei, aber "zwei sind gerade beim Besamen in Wien". Verschleierte Frauen in schwarzen Gewändern kaufen auf der Maximilianstraße goldene Schuhe, während der Sohn mit einem Hubschrauber und später sogar mit einem Panzer spielt.

Batic, der nicht gerne zum Narren gehalten wird, lässt sich zu Beschimpfungen hinreißen ("Kameltreiber, blöder"), die seinen langjährigen Partner Leitmayr ganz verwundert sagen lassen: "Ich kenne dich als Rassisten - aber gegen Araber, das ist ja ganz neu."

© SZ vom 11.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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