Talentiade 2019:Aus dem Tor vor das Tor

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Blick zurück: Eishockey-Nationalspielerin Julia Zorn, die einst für die Wanderers Germering spielte, war früher Torfrau. (Foto: imago/nph)

Eishockey-Nationalspielerin Julia Zorn ist jetzt Stürmerin.

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Julia Zorn kann sich noch gut an die Talentiade-Preisverleihung im Jahr 2007 erinnern. Da stand die damals 17-jährige Eishockey-Torfrau als Preisträgerin des Landkreises Fürstenfeldbruck vorne auf dem Podium und wurde von Rodel-Olympiasieger Georg Hackl geehrt, der als prominenter Pate fungierte. "Hackl habe ich dann in Sotschi wieder getroffen", erzählt Zorn heute. 2014 bei den Olympischen Spielen stand sie wieder neben ihm und erlebte mit ihm die Goldzeremonie für die erfolgreichen deutschen Rodler. Julia Zorn war als Stürmerin der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft in Sotschi am Start.

Als sie vor zwölf Jahren von der SZ-Jury ausgezeichnet wurde, war sie noch Torfrau. Im Alter von 13 Jahren hatte sie bereits das Angebot bekommen, in der Bundesliga-Frauenmannschaft des ESC Planegg das Tor zu hüten. Daneben verteidigte sie auch noch in den männlich dominierten Jugend- und Juniorenmannschaften bei den Wanderers Germering. Ab und zu gelang ihr auch ein Schlagschusstor von der blauen Linie. "Bei den Jungs kann ich schon mithalten", sagte Zorn 2007 und machte damals keinen Leistungsunterschied zu den männlichen Mitspielern aus.

In Gräfelfing geboren, begann sie mit sechs Jahren im benachbarten Germering mit dem Eishockeyspielen. Ihr Vater Stephan Zorn war damals bei den Wanderers Germering in der Nachwuchsarbeit in führender Position aktiv. Selbst Eishockey gespielt hat der Vater nie. "Da war ich die einzige in der Familie", erinnert sich Julia Zorn. Sie stellte sich am liebsten ins Tor, das blieb über die Germeringer Jugendzeit so. Mit dem ESC Planegg gewann sie deutsche Meisterschaften und spielte auch noch in Landsberg und Peiting in den männlichen Jugend- und Juniorenmannschaften mit.

Das Tor hat sie nun schon seit langer Zeit verlassen. Seit 2009 ist sie Stürmerin, und das sehr erfolgreich. Mit 29 Jahren versteht sich Zorn als Profi; seit 2013 kann sie mit Unterstützung der Fördergruppe der Bundeswehr ihrem Sport hauptberuflich nachgehen. Klaus Wüst, Präsident des ESC Planegg, erlebte den Wechsel der Spielerin von der Torfrau zur Stürmerin mit: "Das war eine tolle Leistung." Den Torhütern würde immer nachgesagt, sie könnten nicht Schlittschuhlaufen und würden sich deshalb ins Tor stellen. "Doch das stimmt überhaupt nicht", sagt Wüst: "Torhüter haben Schlittschuhe mit einem anderen Schliff, um im Tor einen Halt zu haben."

Julia Zorn zeigte, wie man mit den passenden Schlittschuhen den Gegnerinnen davon läuft. Sie entwickelte sich zur Topscorerin beim deutschen Rekordmeister ESC Planegg und in der Bundesliga. In der Saison 2017/18 schoss sie 51 Tore für Planegg und erreichte mit vielen Vorlagen 88 Scorerpunkte. An über einem halben Dutzend Meisterschaften des ESC war und ist sie beteiligt. Auch in der Nationalmannschaft sorgt sie seit 2009 als Stürmerin für Furore. Seitdem war sie bei jeder WM dabei und ist Kapitänin ihres Teams. Der größte Erfolg war das Erreichen des WM-Halbfinals 2017. Auch im Nationaltrikot schießt sie wichtige Tore. "Topscorerin ist nicht so wichtig", gibt sie sich bescheiden: "Eishockey ist ein Mannschaftssport."

Schon 2007 war Zorn entschlossen gewesen, ihren sportlichen Weg zu gehen: "Ich habe schon Lust auszureizen, was im Eishockey geht." Damals stand sie kurz vor dem Abitur am Germeringer Carl-Spitzweg-Gymnasium. Danach studierte sie Sportwissenschaften an der TU München. In einem sportwissenschaftlichen Zentrum betreut sie heute Sportler mit Trainingsplänen und Leistungsdiagnostik. Bei der Frauen-WM im vorigen Monat kam Julia Zorn mit dem deutschen Team bis ins Viertelfinale und schied dort erst gegen Kanada aus. Es habe einen gewissen Umbruch gegeben, besonders im Trainerteam, berichtet sie. Bundestrainer ist seit Januar der Landshuter Christian Künast - ein ehemaliger Torwart. Der lege mehr Wert auf Angriff und läuferisches Vermögen, sagt Zorn. Das kommt ihr durchaus entgegen, wenn auch die aktuelle Saison aufgrund einer Sprunggelenkverletzung am linken Fuß, der zweimal operiert werden musste, nicht nach Wunsch verlaufen ist. Dennoch sieht sie sich im Zenit ihres Eishockey-Lebens und wünscht sich, dass das noch einige Jahre so anhält.

© SZ vom 04.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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