Szene München:Die echten Fußballfans erobern die Bierbänke zurück

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Public Viewing war lange Zeit das populärste Massenereignis der Stadt. Das scheint vorbei - und freut den Fan: Er hat jetzt wieder seine Ruhe.

Von Florian Fuchs

Jetzt kommt wieder die entscheidende Phase. Nein, nicht die der Bundestagswahl, etwas viel Spannenderes: Bundesliga, Champions League. Da stehen die bedeutenden Spiele an, und das war lange die Hochzeit der Dilettanten. Die können zwar Ajax von Bref unterscheiden, aber selten Benfica von Sporting.

Die entscheidende Phase von Ende Februar bis Anfang Juni war für den Fußballfan deshalb immer eine zwiespältige Zeit: Er freute sich doch einerseits, dass jetzt wieder Bayern gegen Arsenal spielt. Er hat sich aber auch zurückziehen müssen, um beim Rudelgucken in der Kneipe nicht von Wildfremden umarmt, gerempelt, geschubst und geküsst zu werden, weil der Ball gerade den Weg ins Netz fand - obwohl der Schiedsrichter längst Abseits gepfiffen hat.

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Zum Glück ist Besserung in Sicht. Public Viewing war über viele Jahre das populärste Massenereignis der Stadt, zur Weltmeisterschaft 2010 mussten sie eine Großbildleinwand aus Slowenien ankarren, alle anderen waren vergriffen. Jetzt ist die Luft raus. Zumindest ein klitzekleines bisschen.

Schon zur Europameisterschaft im vergangenen Jahr war nicht mehr jedes Pausbäckchen schwarz-rot-gold angemalt. Auch gegen Arsenal vergangene Woche waren die Kneipen in München voll, aber es dreht deshalb keiner mehr durch. Mit Glück bekommt man sogar einen Platz und muss nicht schon zwei Stunden vor Anpfiff da sein.

Wenn das so weitergeht, steht der echte Fußballfan vor längst vergessenen Herausforderungen: Er kann dann nicht mehr einfach auf nervige Rudelgucker verweisen, die halt Mats Hummels gut finden, um all die Eventfritzen zu meiden und in Ruhe Sport zu schauen.

Er wird sich wieder hinaustrauen müssen, in die Bars der Stadt, und im Frühling dann sogar in die Biergärten, vor die großen Leinwände. Und dann wird er plötzlich auf einer Bierbank stehen, sich kurz verstohlen umschauen - und hüpfen, so wie ganz früher, als das noch nicht alle machten, um mit Gleichgesinnten ein Tor zu bejubeln. Eines, das auch wirklich zählt.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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