Strafprozess:Immer wieder Schläge, damit die Freundin "die Klappe hält"

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Die Vorwürfe wiegen schwer: Wiederholt soll der Angeklagte seine Ex-Freundin brutal geschlagen haben, auch vor Dritten. Vor Gericht traut die Frau sich nicht einmal, ihre Adresse zu nennen.

Von Susi Wimmer

Wie Herr B. so auf der Bank sitzt, wirkt er fast wie ein gemütlicher Bayer. Dunkles Haar mit Silberfäden, Schnauzbart und ein leichter Bierbauchansatz. Wenn Herr B. sich allerdings volllaufen lässt, dann "ist er ein anderer Mensch", sagt seine ehemalige Freundin. Er habe sie mit Faustschlägen gegen Gesicht und Kopf zu Boden geprügelt, ihr mit beiden Händen eine Bierflasche auf die Handgelenke geschlagen und mit dem Nudelholz gegen ihre Ellenbogen, Knie und den Kopf gezielt, so erzählt die Frau weinend im Zeugenstand. "Ich bin Veterinär. Ich weiß, wo ich dich verletzen muss, damit du dich nicht mehr bewegen kannst", soll er dabei gesagt haben.

Nach den Schilderungen der Frau beantragte die Staatsanwaltschaft, das Verfahren an das Schöffengericht zu geben. Denn am Amtsgericht werden in der Regel Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren ausgesprochen - bei Schöffengerichten liegt der maximale Strafrahmen bei vier Jahren.

Der Herr B. heißt mit Vornamen Ioanel und stammt aus Rumänien. Er arbeitete im Schlachthof, bis ihm 2013 ein riesiger Fleischerhaken auf den Kopf fiel. Er sei nach dem Unfall arbeitslos gewesen und habe viel getrunken. Im Juni 2014 lernte er über einen ehemaligen Schlachthof-Kollegen Luena K. ( Name geändert) kennen. Sie habe privat als Pflegekraft gearbeitet und sei dort sehr schlecht behandelt worden. Er habe helfen wollen und so zog Luena K. bei ihm ein.

Er sagt, es sei keine Beziehung gewesen, sondern eine Affäre, sie hätten keine gemeinsame Wohnung gehabt. Sie sagt, sie habe fast ein Jahr lang bei ihm in seinem zwölf Quadratmeter großen Appartement gelebt. Er sagt, er habe sie schon geschlagen, "damit sie die Klappe hält, weil sie ständig gequatscht hat". Aber er habe nicht so stark zugeschlagen. Jetzt sei man wieder befreundet. Sie sagt, er habe mit seinen Fäusten so fest zugeschlagen, wie er nur konnte. Und sie will vor dem Amtsgericht ihre Adresse nicht nennen, damit er nicht erfährt, wo sie jetzt wohnt.

Drei gravierende Vorfälle hat die Staatsanwaltschaft angeklagt in der Zeit zwischen Juni 2014 und September 2016. Im Beisein von zwei Freunden von ihm, so erzählt Luena K., habe er sie mit Fäusten zu Boden geprügelt. Die Schläge seien so heftig gewesen, dass sie nicht mehr aufstehen habe können. Alles sei voll Blut gewesen. Seine Freunde seien dann aufgestanden, um die am Boden Liegende herumgegangen und hätten die Wohnung verlassen. Kein Wort. Keine Hilfe. Ioanel B. habe sie angebrüllt, sie solle aufstehen und das Blut wegputzen, sonst werde er sie weiterschlagen. Grund für seinen Ausraster sei ein Streit darüber gewesen, an welchem Datum Sonnwende sei.

Die Staatsanwaltschaft beantragte die Hinzuziehung eines Rechtsmediziners, der die dokumentierten Verletzungen der Frau beurteilen soll. Richter Sebastian Schmitt setzte die Verhandlung bis auf weiteres aus.

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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