Steuerhinterziehung:Früherer Wiesn-Gastronom zu Bewährungsstrafe verurteilt

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Verurteilt: Edmund Radlinger, langjähriger Chef des Münchner Schausteller-Vereins. (Foto: B. Lindenthaler/imago)

Der langjährige Münchner Schausteller-Chef Edmund Radlinger muss außerdem eine Geldstrafe zahlen, sein Gewinn wird bis zu einer bestimmen Höhe eingezogen. Dem Urteil war ein Deal vorausgegangen.

Von Andreas Salch

Edmund Radlinger, der langjährige Vorsitzende des Münchner Schausteller-Vereins, ist wegen Steuerhinterziehung vor dem Amtsgericht München zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der 70-Jährige, der auf der Wiesn mit dem "Familienplatzl" und dem "Münchner Weißbiergarten" vertreten war, muss zudem eine Geldstrafe in Höhe von 7000 Euro (350 Tagessätze à 20 Euro) bezahlen. Außerdem ordnete Richterin Katalin Tözsér die Einziehung von Wertersatz über 285 118 Euro an. Dies entspricht dem Gewinn, den der Angeklagte nach Überzeugung des Gerichts mit unlauteren Methoden gemacht hat. Radlinger hat inzwischen einen Betrag in Höhe von 146 000 Euro als Schadenswiedergutmachung geleistet.

Dem Urteil ist ein Deal, also eine Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, vorausgegangen. Für den Fall eines Geständnisses hat man Radlinger die nun verhängte Freiheitsstrafe in Aussicht gestellt. Ein Teil der Vorwürfe aus der Anklage wurde eingestellt. Der 70-Jährige durfte aufgrund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes bei der Verkündung des Urteils sitzenbleiben. Er nahm die Entscheidung äußerlich völlig regungslos entgegen.

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Den Ermittlungen zufolge hatte Radlinger in den Jahren 2010 bis 2013 eigentlich fällige Zahlungen bei der Einkommensteuer inklusive Solidaritätszuschlag sowie der Gewerbesteuer am Fiskus vorbei geschleust. Darüber hinaus warf ihm die Anklage vor, er habe die Umsatzsteuer für den Zeitraum von 2010 bis 2014 verkürzt. In ihrer Anklage war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass der Angeklagte "die ganz überwiegend in bar vereinnahmten Erlöse beziehungsweise Umsätze aus seinem Einzelunternehmen sowie aus der Münchner Weißbiergarten Betriebs GmbH nicht beziehungsweise nicht vollständig aufgezeichnet" habe. Teilweise habe er auch keine oder falsche Steuererklärungen eingereicht. Auf diese Weise seien beträchtliche Steuerbeträge hinterzogen worden.

Ursprünglich hatten die Ermittler einen Schaden von mehr als einer Million Euro angenommen

Ursprünglich waren die Ermittler der Staatsanwaltschaft sogar von einer Summe von knapp über einer Million Euro ausgegangen. Dadurch aber, dass das Gericht einen Teil der Anklage eingestellt hat, beläuft sich der entstandene Schaden nach Schätzung von Radlingers Anwalt Michael Reinhart nun auf rund 800 000 Euro. In ihrem Urteil ging Richterin Tözsér von insgesamt sieben Fällen der Steuerhinterziehung aus. Fünf davon wertete sie als besonders schwer.

"Jeder Steuerzahler macht Fehler", sagte in seinem Geständnis Radlinger, den Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) 2017 noch mit der Medaille "München leuchtet" in Gold ausgezeichnet hatte. Aber die vom Finanzamt geschätzten Beträge seien nicht richtig, versicherte er. Deren genaue Höhe ist gegenwärtig noch Gegenstand eines laufenden finanzgerichtlichen Verfahrens. Staatsanwältin Sabine Gleich betonte in ihrem Plädoyer jedoch, dass die Schätzungen des Finanzamtes stimmten, die der Anklage zugrunde lägen. Radlinger hielt sie unter anderem dessen Geständnis zugute, betonte aber, sie habe den Eindruck, dass es "nicht wirklich von Reue und Einsicht getragen" sei. Im vorliegenden Fall sei die Höhe der hinterzogenen Beträge jedenfalls "massiv".

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen schlechten finanziellen Perspektiven für Schausteller forderte Staatsanwältin Gleich eine geringere Geldstrafe von 17 500 Euro (500 Tagessätze à 35 Euro). Rechtsanwalt Michael Reinhart fasste sich angesichts der verfahrensverkürzenden Absprache entsprechend kurz, betonte aber, dass sein Mandant kein "Zweckgeständnis" abgegeben habe. Auch in seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung übernahm Radlinger nicht direkt Verantwortung für die ihm zur Last gelegten Taten. Sein Fehler sei gewesen, dass er "einem Steuerberater verfallen" sei und sich auf Berater verlassen habe. Nichtsdestotrotz, sagte der 70-Jährige, werde er das Urteil akzeptieren.

Edmund Radlinger hat seine Schausteller-Ämter bereits abgegeben

Auch wenn die Entscheidung des Amtsgerichts noch nicht rechtskräftig ist - für Edmund Radlinger bedeutet sie wohl das Aus für seine jahrzehntelange Karriere als Schausteller, unter anderem auf der Wiesn. Seine Reisegewerbekarte - für Schausteller Voraussetzung für eine Teilnahme etwa auf dem Oktoberfest - hat der 70-Jährige bereits nicht mehr. Am Rande der Verhandlung sagte Radlinger auf Nachfrage, diese habe ihm nicht, wie zum Teil berichtet, das Kreisverwaltungsreferat entzogen. Vielmehr habe er die Reisegewerbekarte von sich aus abgegeben. Auch seinen Posten als Präsident beim Münchner Schaustellerverein habe er vor geraumer Zeit zur Verfügung gestellt, ebenso wie sein Amt als Vizepräsident beim Deutschen Schaustellerbund.

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