Klimawandel und Naturschutz:Holzweg zu Geisterwesen und Dämonen

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Unberührte Natur und frische Bohlen: Auf Initiative des Rotary Clubs Wörthsee wurde der Weg durchs Bachener Moos verlängert. (Foto: Arlet Ulfers)

Der Rotary Club Wörthsee hat vor neun Jahren einen Bohlenweg im "Bachener Moos" angelegt, der nun erweitert wurde: Ein Spaziergang durchs Moor am See.

Von Patrizia Steipe, Wörthsee

"O schaurig ist's übers Moor zu gehen, wenn es wimmelt vom Haiderauche, sich wie Phantome die Dünste drehn und die Ranke häkelt am Strauche". So hat Annette von Droste-Hülshoff 1842 in ihrem Gedicht "Knabe im Moor" geschrieben. Zweifellos haben Moore auch heute von ihrer mystischen Faszination nichts verloren. Aus den geheimnisvollen Landschaften, aus denen Torf als Brennmaterial abgebaut wurde, sind jedoch streng geschützte Biotope geworden. Im Kampf gegen den Klimawandel leisten die Moore mit ihrer enormen Fähigkeit, CO2 speichern zu können, eine wichtige Aufgabe. Doch sie sind durch Freizeitsuchende gefährdet.

Der Druck von Schritten oder Radreifen zerstören Boden und Pflanzen, außerdem droht die Gefahr, dass auf Schuhsohlen oder Reifen Samen von unerwünschten Pflanzen ins Moor gelangen. Um den empfindlichen Boden des Bacherner Mooses zu schützen, ein Niedermoor, das im Verlandungsbereich des Wörthsees liegt, hat der Rotary Club Wörthsee vor neun Jahren einen 120 Meter langen Bohlensteg durch das Naturschutzgebiet gelegt.

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Der hölzerne Weg ist das Herzstück des zwölf Kilometer langen Wanderwegs rund um den Wörthsee. Im Niedermoor wurde noch bis in die Sechzigerjahre Torf gewonnen. An einigen Stellen sind Torfstich-Löcher geblieben, allerdings sind diese längst überwuchert. Die Torfschichten reichen bis in sechs Meter Tiefe. Deswegen musste der Bohlenweg schwimmend verlegt werden. Gerade in der dunklen Jahreszeit bietet sich der Spazierweg durchs Moos an: Die braunen Stängel und welken Blätter fügen sich harmonisch ins Gesamtbild mit den vor sich hin modernden Baumstämmen und der ungeordneten wilden Natur. Wenn dann noch Nebelschwaden aus den Wiesen aufsteigen, erinnert man sich an die alten Legenden, bei denen es um Irrlichter, Geisterwesen und Dämonen geht, bei denen Wanderer vom Boden verschluckt und durch das Moor so gut konserviert werden, dass sie nicht verwesen.

Der Rundweg um den Wörthsee ist dank der Verlängerung des Bohlenwegs attraktiver und sicherer geworden - vor allem für die Natur. (Foto: Arlet Ulfers)

Beruhigend für die heutigen Spaziergänger: Das kann ihnen auf den Eichenbohlen nicht passieren. Allerdings sind Vorsicht und gutes Schuhwerk angebracht. Die Oberfläche ist teilweise glitschig und an manchen Stellen schon ein wenig angemodert. Dagegen haben die frischen Lärchenbretter der aktuellen Verlängerung des Wegs in die Feuchtwiese ihr frisches Hellbraun noch nicht verloren. Anders als die Eichenbohlen haben sie Bodenhaftung. 10 000 Euro hat das Projekt gekostet - Spendengelder, die der Rotary Club zusammen gesammelt hat.

Wenn Wanderer auf eigenen Wegen durchs Moos trampeln, hat das teilweise drastische Folgen für die Natur

Nicht alle waren und sind von dem Weg durch das Moos und über die Spitzwiesen begeistert. "Wir haben viel Überzeugungsarbeit leisten müssen", sagt Rotary-Präsidentin Kerstin Flötner. Doch der Bohlenweg soll die Natur schützen. Vorher hätten sich "Wanderer selbst einen Weg durch das Moos gebahnt mit teilweise drastischen Folgen für das Naturschutzgebiet".

Der Rotary Club Wörthsee hat im September zur Einweihung des erweiterten Stegs durchs Bacherner Moos eingeladen. Begleitet von Blasmusik durchschneiden das Band (v.li.) Johann Ludwig, GWT-Chef Christoph Winkelkötter, Rotary- Präsidentin Kerstin Flötner, Stefan Schilling (LBV) und Rotarier Joachim Muffler. (Foto: Arlet Ulfers)

Vor 30 Jahren hatte der Landesbund für Vogelschutz die geschützten "Spitzwiesen" erworben. Der LBV leitete verschiedene Maßnahmen ein, um den Besucherdruck vom Moos zu nehmen. Das größte Problem blieb der Trampelpfad, den Spaziergänger und Radler nutzen, um bei ihrer Wanderung um den See die Hauptstraße zwischen Walchstadt und Bachern zu vermeiden. Die Reifen hinterließen tiefe Fuhrspuren. Auf der Suche nach einem weniger morastigen Durchkommen hatten die Menschen die Spuren bereits "fächerartig" ausgeweitet - eine Entwicklung, die die Landschaft immer mehr gefährdete.

Außerhalb des Bohlenwegs darf das Moos nicht betreten werden

Bei der Planung des Rundwegs um den Wörthsee kam Rotary-Mitglied Joachim Muffler die Idee mit dem Bohlenweg. So hätte man nicht nur einen landschaftlich attraktiven Lückenschluss, sondern könne zugleich die Besucherströme kanalisieren, sodass diese nicht mehr quer durch das Moor laufen. Die Besucher würden quasi über den Steg durch das Moor schweben und die Natur nicht mehr berühren. 2014 wurde der Bohlenweg in Abstimmung mit Behörden, Grundeigentümern und Gemeinden umgesetzt und wird seither auch vom Club gepflegt.

Darüber hinaus informieren regelmäßig die Nature Guides der Wirtschaft- und Tourismusgesellschaft (GWT) im Moor zum Beispiel darüber, dass außerhalb des Bohlenwegs das Moos nicht betreten werden darf. Und vielleicht erklären sie auch den kleinen Besuchern, was es mit den fleißigen Moorzwergen auf sich hat, nach denen auf dem Rotary-Rätselpfad gefragt wird.

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