Kunst:Der Kuhmaler

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"Rinderherde am Gewässer" hat Johann Friedrich Voltz sein Gemälde genannt. (Foto: Georgine Treybal)

Johann Friedrich Voltz und seinen Maler-Brüdern Ludwig und Karl ist eine Ausstellung in der Weßlinger Gemeindegalerie gewidmet.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Großäugig blickt die weiße Kuh aus der Leinwand. Die Hörner sind geschwungen, die runden Ohren stehen waagrecht ab. Sie lagert auf der Wiese dicht an einer Kuh, die dem Betrachter ihr Hinterteil zuwendet. Hinter den beiden steht eine imposante braun-weiß gefleckte Kuh. Der leicht geschwungene Rücken, die Flanken, in denen sich die Rippen abzeichnen, die kräftigen Beine sind perfekt. Gemalt hat sie Johann Friedrich Voltz (1817 - 1886) - ein Maler, der wegen seiner besonderen Begabung, Kühe in Szene zu setzen, von seinen Zeitgenossen als "Kuhmaler" bezeichnet wurde. "Am Weiher" heißt das Ölbild und es könnte am Weßlinger See entstanden sein. Voltz und seine beiden Maler-Brüder Ludwig und Karl waren nämlich häufig in Weßling. "Familientreffen in der Gemeindegalerie Weßling" hat Kurator Erich Rüba seine neue Ausstellung deswegen genannt. Es treffen sich allerdings nur Gemälde und Skizzen, die Maler selbst sind schon lange tot.

"Am Weiher" heißt dieses Werk von Johann Friedrich Voltz, bei dem "Weiher'" könnte es sich um den Weßlinger See handeln. (Foto: Georgine Treybal)

Im vergangenen Jahr lernte Rüba die Urgroßnichte von Johann Friedrich Voltz kennen. Sie betreut mit ihrem Mann den künstlerischen Nachlass der Malerfamilie. Bei der Durchsicht der Bilder kam Rüba die Idee zur Ausstellung mit dem Fokus auf Johann Friedrich. "Kühe gehören zu meinen Lieblingstieren", sagt er.

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Das Talent zum Malen wurde Johann Friedrich, Ludwig und Karl quasi in die Wiege gelegt. Der Vater war der Kunstmaler und Karikaturist Johann Michael Voltz (1784 - 1858). Die Söhne, drei von insgesamt neun Kindern, wurden nach dem Studium an der Kunstakademie in München ebenfalls Maler. Im Laufe seines Lebens hat Johann Friedrich unzählige Skizzenbücher gefüllt, die einen Eindruck von seinen vielen Reisen und Inspirationen geben. In der Ausstellung liegen ein paar aufgeschlagen in den Vitrinen. Sie zeigen beispielsweise den Weßlinger See. Das Ufer ist an der Ostseite unverbaut. "Zu dieser Zeit ist Weßling noch ein beschauliches Dorf", vermerkt Rüba in der Begleitbroschüre. 1867 lebten im Ort 56 Familien mit 217 Personen. Die Anreise war umständlich. Mit der Bahn ging es von München nach Gauting und von dort zu Fuß oder mit dem Bauernfuhrwerk nach Weßling. Erst 1886 gab es eine Postkutschenverbindung.

Detailgenau ist diese Rinderstudie mit Bleistift auf Papier von Johann Friedrich Voltz. (Foto: Georgine Treybal)

"Hirterbub mit Hund" heißt ein weiteres Bild, das einen barfüßigen Jungen mit Federhut zeigt, an den sich ein Hund kuschelt. Doch die bäuerliche Landidylle trügt. "Das Betreiben einer Landwirtschaft ist im 19. Jahrhundert harte Arbeit", schreibt Rüba. Ein Hüterbub hatte kaum Möglichkeiten, der 1802 eingeführten Schulpflicht nachzukommen.

Zu Johann Friedrichs Freundeskreis zählen die Maler Eduard Schleich der Ältere und Carl Spitzweg. Die Freundschaft geht so weit, dass Schleich für seinen Freund kunstvoll den Himmel in dessen Bilder malte. Voltz revanchierte sich damit, dass er Kühe in die Landschaftsbilder Schleichs malte. Auch Spitzweg bediente sich der Tierdarstellungen von Voltz, die er teilweise mit Hilfe von Pauspapier auf seine Bilder übertrug. "Kühe an der Tränke" ist der Titel einer Gemeinschaftsarbeit von Schleich und Voltz, auf der Himmel und Kühe eine perfekte Symbiose bilden.

"Stehende und liegende Kuh" hat Johann Friedrich Voltz diese Bleistiftzeichnung genannt. (Foto: Georgine Treybal)

Insgesamt hat Voltz mehr als 3000 Ölgemälde geschaffen, sein grafisches Werk umfasst tausende von Zeichnungen und Radierungen. Seine besten Werke hat er rot signiert. Sie waren unverkäuflich. Ein Haushaltsbuch gibt Aufschluss über die Finanzen der Familie. Voltz war ein nachgefragter, gut betuchter Maler, unzählige Werkverkäufe bis nach Amerika sind dokumentiert. Er wurde mit dem königlich-bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet, zudem wurde ihm der Titel eines Königlichen Professors verliehen. Heute hängen Bilder von ihm in der Neuen Pinakothek. Johann Friedrich Voltz liegt im Alten Südlichen Friedhof in München begraben.

Der Weßlinger See spielt in den Werken der Malerbrüder Voltz immer wieder eine Rolle

Beim "künstlerischen Familientreffen" reihen sich auch Werke von Vater Johann Michael Voltz ein. Der war einer der wenigen deutschen politischen Karikaturisten des frühen 19. Jahrhunderts, erklärt Rüba. Bemerkenswert waren seine gegen Napoleon Bonaparte gerichteten Spottbilder und seine detailreich gezeichneten Bilderbücher für Kinder. Mit eigenen Werken sind auch Schwester Amalie Voltz und die Brüder Karl und Ludwig vertreten. Von Ludwig zeigt Rüba Bilder wie "Angler am Weßlinger See" oder die Wallfahrtskirche "Grünsink". Interessant ist das Skizzenbuchblatt mit dem Motiv "Kahn am Weßlinger See", mit der alten Pfarrkirche und den wenigen Bauernhäusern am Ufer. Von Bruder Karl hängt das Bild "Weßling - alter Steg am See" in der Galerie. Es ist dasselbe Motiv, aber in Öl.

Von den Kindern des "Kuhmalers" führte einzig Sohn Richard die Familientradition fort. "Friedhofsmauer" heißt ein morbides Bild, das einen zerfallenen Friedhof mit schiefen Kreuzen zeigt. Bruder Albert Voltz war Arzt und Hobbymeteorologe. Von ihm hat Rüba seine akribisch notierten Wetteraufzeichnungen ausgestellt.

Die Ausstellung ist freitags und sonntags von 14 bis 17 Uhr bis zum 3. Dezember in der Hauptstraße 57 zu besichtigen.

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