Wahlkampf:Gedrängel auf der Plakatwand

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In Seefeld muss die CSU einen Fehler korrigieren und Plakate der Volt-Partei über die Konterfeis des eigenen EU-Kandidaten Weber kleben. Die Verwirrung hat ihre Gründe

Von Michael Berzl, Seefeld

Das muss sein wie eine Strafarbeit. Ein Vorstandsmitglied der Seefelder CSU ist am Donnerstag mit Tapetenkleister und Pinsel losgezogen, um Plakate für den Europawahlkampf zu kleben - allerdings lila-farbene Plakate der Volt-Partei, die auf dem Stimmzettel ganz unten auf Platz 40 steht, über das Konterfei des eigenen EU-Kandidaten Manfred Weber. Auf dem prominentesten Platz an der Plakatwand links oben. Damit ist ein Fehler korrigiert, der vor den Osterferien passiert ist.

Zunächst hatte nämlich die CSU ein Volt-Plakat überklebt, was in sozialen Medien einen Sturm der Entrüstung auslöste, der auf Neudeutsch Shitstorm heißt. "Ich habe mich schriftlich entschuldigt", erklärte der CSU-Ortsvorsitzende Arnulf Daxer.

Das Seefelder Missgeschick im Europa-Wahlkampf hat sicherlich auch damit zu tun, dass es keine einheitlichen Regelungen gibt, wer wo wie viele Plakate kleben und aufhängen darf. "Das regeln die Gemeinden in ihren Ortssatzungen", erklärt dazu der Landratsamtssprecher Stefan Diebl. In Seefeld gilt das Prinzip: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Feste Plätze gibt es dort nicht. Nur ein paar Kilometer weiter in der Nachbargemeinde Herrsching sieht das schon ganz anders aus. Auf den hölzernen Plakatwänden wie am Bahnhof ist mit weißen Zetteln genau markiert, wer sich wo präsentieren darf. Die Reihenfolge für die 16 zu vergebenden Plätze orientiert sich dabei genau am Stimmzettel von der CSU links oben bis zur DKP rechts unten.

Starnberg stellt an 23 Standorten Plakattafeln für die Wahlwerbung auf, teilt eine Sprecherin der Stadtverwaltung mit. Die Felder würden immer in der Reihenfolge des letzten Wahlergebnisses vergeben. Wer gegen solche Auflagen verstößt, riskiert ein Zwangsgelder von 100 Euro, erklärt Sprecherin Lena Choi. Auf den 13 von der Gemeinde Gauting aufgestellten Plakatwänden übernehmen sogar Mitarbeiter des Bauhofs die "Erstbeklebung", wie es in einem zweiseitigen Brief heißt, den das Ordnungsamt Anfang April an die Parteien und Wählerinitiativen verschickt hat. Die Reihenfolge orientiert sich demnach an den Ergebnissen bei der zurückliegenden Europawahl vor fünf Jahren.

Angesichts der verschiedenen Vorgaben ist es gar nicht so einfach, beim Plakatieren alles richtig zu machen, zumal für kleine Gruppierungen wie die Volt-Partei, die aus einer pro-europäischen Bürgerbewegung hervorgegangen ist und in München etwa 150 Mitglieder hat. Spitzenkandidatin Marie-Isabelle Heiss berichtet am Telefon auf der Zugfahrt zu einem Wahlkampfauftritt in Heidelberg, sie und ihre 40 Helfer würden sich jeweils nach den Vorschriften fürs Plakatieren erkundigen, was großen Aufwand verursache. Um so mehr ärgert es sie, wenn sie ihre Plakate vorschriftsmäßig anbringen und die dann überklebt werden. Die 28-Jährige hat der Seefelder CSU daher einen geharnischten Brief geschrieben, mit rechtlichen Konsequenzen gedroht, eine Frist gesetzt und den Vorfall via Facebook und Twitter publik gemacht. Die Kommentare dort fallen hämisch aus. Der "bayrische Platzhirsch" beweise mangelndes Demokratie- und zweifelhaftes Rechtsverständnis, heißt es dort etwa.

Auch die Polizei wurde eingeschaltet. Eine Streife der Herrschinger Inspektion war am Donnerstag in Seefeld unterwegs, um die Plakatwände in Augenschein zu nehmen. Möglicherweise werde wegen Sachbeschädigung weiter ermittelt, sagt Martin Heinrich, der die Inspektion gerade stellvertretend leitet. Bei ihren Ermittlungen könnten die Beamten ein CSU-Mitglied erwischen, das eigene Plakate überklebt.

© SZ vom 03.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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