Senioren im Fünfseenland:"Wir müssen uns überlegen, wie wir alt werden wollen"

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Vor welchen Chancen und Herausforderungen stehen die Senioren rund um den Ammersee? Darüber haben Lysander Loosen und Martina Neubauer diskutiert. (Foto: Arlet Ulfers)

Was braucht es, um die Region auch für ältere Menschen attraktiv zu machen? Bei einem Diskussionsabend in Utting gibt es Einigkeit - und Meinungsverschiedenheiten.

Von Renate Greil, Utting

Während die Wassersportler auf dem Ammersee ihre Abendrunden drehten, ging es im Nebenraum der Alten Villa in Utting um den Abend des Lebens: dem Altwerden im Fünfseenland. Die Grüne Alternative Liste (GAL) Utting hatte zu einer Diskussionsrunde mit Martina Neubauer (Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bezirkstag) und Lysander Loosen (Bezirkstagskandidat der Grünen für den Stimmkreis Landsberg/FFB-West) eingeladen.

Aus der Praxis berichtete Hans Starke vom Uttinger Verein Füreinander. Ursprünglich wurde dieser 2001 gegründet, um eine soziale Nutzung für eine frühere Einrichtung für Mütterkuren, dem Elisabethheim, zu initiieren. Das scheiterte, aber 2009 gelang es mit Unterstützung der Uhu Seniorenhilfe Utting, den Bürgertreff in der Bahnhofstraße zu mieten und eine gerontopsychiatrische Fachkraft anzustellen. Nach drei Jahren übernahm die Gemeinde den Großteil der Personalkosten und im August werden nun neue größere Räume in der Bahnhofstraße bezogen. Starke ist es wichtig, dass die Räume für alle Bürger offen sind. Von Kreativem Gestalten bis Boarisch g´sunga reichen die eigenen Angebote für Senioren. 30 bis 40 Ehrenamtliche helfen, damit die Senioren möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben führen können.

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Es werde keine Pflege geleistet, betonte Starke. Der Bedarf an Unterstützung, Einkaufen oder Fahrten zum Arzt, sei insgesamt höher als der Pflegebedarf. Ohne große Resonanz versuche er seit beinahe zehn Jahren, sich mit anderen Gemeinden zu vernetzen, aber erst im vorletzten Jahr gelang es in Schondorf mit einer Kooperation für ein Jahr "eine Art Geburtshilfe zu leisten". Eine Zuhörerin aus Dießen kritisierte, dass es dort an Austausch und Kommunikation fehle und es lediglich eine Nachbarschaftshilfe gebe. Vernetzung und Steuerung sei Aufgabe des Landkreises, meinte Neubauer und ermutigte die Dießenerin, in ihrem Ort selbst die Dinge in die Hand zu nehmen.

Gefordert wird Seniorenbetreuung als Pflichtaufgabe der Gemeinden

Im Bezirkstag, dem Neubauer mit einer Unterbrechung seit 1994 angehört, werde vor allem die finanzielle Seite behandelt. Eine Fehlentwicklung sei, dass die Landkreise Investoren, die neue Altenheime bauen, fördern müssten, solange der errechnete Bedarf noch nicht erreicht ist. "Wir investieren in Beton, aber der Platz kann nicht belegt werden, weil Personal fehlt", erklärte Neubauer. Sie plädierte für kleinräumige Lösungen und stellte fest: "Es braucht immer jemanden, der den Hut aufhat." Die Politikerin, die sich zu den Babyboomern zählt und auf die Kraft der über Sechzigjährigen setzt, meint: "Wir müssen uns überlegen, wie wir alt werden wollen". Modellprojekte könnten über den Bezirkstag gefördert werden. Mehrgenerationenwohnen sei für ihn eine gute Möglichkeit, schlug ein Zuhörer vor.

Gleich dreimal wurde die Frage gestellt, ob die Seniorenbetreuung nicht zu einer Pflichtaufgabe der Gemeinden gemacht werden könne. Helga Gall, die für die Grünen im Gemeinderat Schondorf und im Landsberger Kreistag sitzt, bemängelte, dass - obwohl alle Angebote zu wenig wären - die Seniorenarbeit weiterhin eine freiwillige Aufgabe der Kommunen sei. Diese könne bei angespannten Haushaltslagen gestrichen werden.

Ähnlich wie bei der Kinderbetreuung sollte es Ansprüche auf Tagespflegeplätze geben. Allerdings benötige nicht jeder im Alter eine Betreuung, schränkte Neubauer ein. Sich fit zu halten und digitale Kompetenzen auch im Alter zu erwerben, hielt sie für wichtig. Für Kandidat Loosen, der Soziale Arbeit studiert und in einer Ganztagsschulbetreuung arbeitet, ist es ein wichtiger Aspekt, Fachkräfte, die Care-Arbeit leisten, so zu unterstützen, dass diese ihren Beruf auch über längere Zeit ausüben können.

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