Ukraine-Flüchtlinge:Tüten mit Herz in Zeiten des Kriegs

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Osternester aus Handtüchern und bunt gefärbte Eier: Schüler der Arnoldus-Grundschule, Bürgermeister Manfred Walter und Unterstützer haben mit Hilfe von Sponsoren den Flüchtlingskindern in der Gilchinger Rathausturnhalle 450 Geschenke überreicht. (Foto: Georgine Treybal)

Hilfsbereitschaft und Mitgefühl sind groß: Grundschüler aus Gilching und Traubing überreichen den Gestrandeten aus Osteuropa vor dem Osterfest kleine Willkommensgeschenke.

Von Patrizia Steipe, Gilching

Auf der Karte in einem Osternest steht in krakeligen Druckbuchstaben: "Hello, I wish you a nice time and that you feel at home here". Auf anderen Karten steht "Happy Easter", und es wurden Osterhasen, bunte Eier und Herzen gemalt. Eine Klasse der Arnoldus-Grundschule hat die Grüße für die Familien aus der Ukraine sogar auf Ukrainisch geschrieben. "Für die Kinder war es heilsam, etwas Positives machen zu können", erklärt Grundschullehrerin Susanne Mattes, denn der Krieg in der Ukraine ist auch in der Grundschule Thema. Die 17 Klassen haben aus Handtüchern Osternester gefaltet und mit bunten Eiern und Schokohasen befüllt. Die Eier hatte Kreisbäuerin Anita Painhofer organisiert, den süßen Inhalt eine Bank und eine Privatfirma. Am Schluss waren es 450 Osternester. "Da haben die Kinder sogar noch Schleife binden geübt", lacht Mattes. Mit dem Thema Krieg gingen die Kinder unterschiedlich um. "Einige wollen gar nichts davon hören", hat Mattes festgestellt, anderen dagegen würde es helfen darüber zu sprechen oder aktiv zu werden.

Ukrainischen Kindern mit ihren Müttern, die derzeit ihr Quartier in der Rathausturnhalle haben, wurden an diesem Nachmittag die ersten Nester überreicht. Die Kinder wickelten Schokoeier aus, die Mütter waren dankbar über die Handtücher, aber alle wirkten sichtlich angeschlagen und erschöpft. Nachdem das Landratsamt Starnberg die ersten 52 Ukrainer auf Quartiere im gesamten Landkreis verteilen konnte, ist eine zweite Gruppe bestehend aus 39 Personen aufgenommen worden. Ostern wird bei den orthodoxen Christen eine Woche nach dem Fest der Katholiken und Protestanten gefeiert, erklärte Raissa Tereschtschenko, die aus Kiew nach Gilching geflohen ist und die ein wenig deutsch spricht. Normalerweise kommt dann die gesamte Familie zusammen und das Haus wird mit kunstvoll bemalten Ostereiern geschmückt.

"Wir wollten einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Kinder willkommen fühlen"

Neben den Nestern gab es gespendete Badelatschen, Socken und Taschenschirme für das Warenlager im benachbarten Jugendtreff. Dorthin hatten Schulleiterin Michaela Walch und ihre Kollegin Camilla von Fürstenberg aus der Grundschule Traubing ebenfalls Spenden gebracht: "Tüten mit Herz". Liebevoll hatten die 88 Erst- bis Viertklässler die Tüten mit Friedenstauben und Willkommensbotschaften auf Ukrainisch verziert und sie mit Malbüchern, Stiften und Spielsachen gefüllt. "Wir wollten einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Kinder willkommen fühlen", erklärte Camilla von Fürstenberg. Ihr sei es wichtig, nicht so sehr den Krieg bei den Kindern in den Vordergrund zu rücken, sondern etwas Positives entgegenzusetzen und den Kindern eine Möglichkeit zu geben zu helfen. Für die Kinder seien solche Aktionen nach den vergangenen Corona-Jahren ungewohnt. "Gemeinschaftsaktionen sind vielen neu", hätten der Gruppe aber gut getan.

Michaela Walch hat selbst eine Mutter mit Kind aus der Ukraine privat aufgenommen. Für ihre Schüler hat die Schulleiterin eine "Offene-Ohr-Sprechstunde" eingerichtet. Zweimal in der Woche können Kinder kommen und über das Thema Krieg sprechen. Vielen sei es ein Anliegen, dass sie aktiv helfen können. Deswegen habe die Schule gleich nach Kriegsbeginn einen Transport mit Spenden in die Ukraine geschickt. Jugendtreffleiter Malte Neugebauer wird die Willkommens-Tüten verteilen.

Gesucht wird vor allem eines: Wohnraum für mindestens drei Monate

Er nimmt auch Spenden entgegen. Allerdings nur solche, die auf der täglich aktualisierten Liste auf der Jugendtreff-Homepage stehen. "Wir haben keine Lagermöglichkeit und im Jugendtreff soll Platz für die Besucher bleiben", sagt er. Der hintere Teil der Einrichtung hat sich in ein kleines Kaufhaus verwandelt. Kleidung hängt auf Stangen und ist in Regale eingeordnet, Schuhe, Spielsachen, Kuscheltiere und Windeln stapeln sich. "Der Renner sind Schulranzen", sagt Neugebauer.

Der Jugendtreff steht den Geflüchteten für Begegnungen offen. Immer wieder bleiben Mütter mit ihren Kindern, nachdem sie sich mit Kleidung eingedeckt haben, um Tischtennis zu spielen. Sie sind willkommen - eine Botschaft, die sich in kyrillischen Buchstaben auch auf diversen Aushängen findet.

Für die ukrainischen Familien hat es in Gilching vergangenen Samstag ein erstes Vernetzungstreffen gegeben. Dazu hatte die Gemeinde alle gemeldeten Personen angeschrieben. "Es soll regelmäßig wiederholt werden", sagt Bürgermeister Manfred Walter (SPD). Wer sich engagieren oder etwas spenden möchte, verweist er auf die Homepage des Landkreises Starnberg. Gesucht wird vor allem eines: Wohnraum für mindestens drei Monate.

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