Tutzing:Swingende Akrobatik auf Stahlsaiten

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Lazy Sunday am Starnberger See: Das Traubli-Weiß-Trio eröffnet die Reihe der Jazzfrühschoppen auf dem Museumsschiff Tutzing.

Peter Baier

Locker, lässig, entspannt, fast ein bisschen träge - lazy sunday eben am Starnberger See. Genauer: Auf dem See, auf dem Museumsschiff "Tutzing" nämlich, wunderschön gelegen im südlichen Teil des Kustermann-Parks in Tutzing. Kultur gab's auf dem betagten Kahn schon früher, jetzt eine neue Reihe: sonntags immer Jazzfrühschoppen, logisch, dass die Weißwürste und das Weißbier weggehen wie die warmen Semmeln. Den Start der Reihe (Beginn immer um 11 Uhr) übernimmt das Traubli-Weiß-Trio.

Tutzing Jazzkonzert auf dem Museumsschiff Tutzing (Foto: region.sta)

Der Namensgeber und Bandleader stammt aus der berühmten Musiker-Familie Weiß, deren prominentester Vertreter wohl Häns'che war. Manche munkeln sogar, dass Traubli ein Nachfahre des legendären Django Reinhardt sei; hört man Traubli spielen - man möchte es glauben. Zu ihm gesellen sich Peter Stenzel an Klarinette und zweiter Gitarre sowie Alex Haas am Kontrabass.

Ein schnelles Eröffnungsstück: "Douce Ambiance" von Django Reinhardt. Zunächst ein locker hingelegtes Klarinettensolo, ganz im Stil des "Quintette du Hot Club de France" gehalten, jenes legendären Ensembles, das Django Reinhardt zusammen mit Geiger Stephane Grappelli unterhalten hat. Direkt im Anschluss ein fulminantes Solo am Kontrabass, an das Traubli Weiß mit einer Improvisation von unglaublicher Virtuosität anschließt.

Hier herrscht Melodieseligkeit vor und eleganter Swing, durchsetzt von rasanten Gitarrenläufen und starken Akkordbrechungen, die von Traubli Weiß höchst kunstvoll solistisch eingesetzt werden. Und Alex Haas am Bass zeigt sich hier sehr ausdrucksstark und präsent.

Der "Traubli-Bossa" setzt auf langsameres Tempo, bringt etwas Ruhe in die sonst flotte Stimmung. Aber nicht lang: "After You've Gone" in rasendem Tempo mit sehr rhythmisch akzentuiertem Gitarrensolo, schön durchsetzt von Doppel-Oktav-Griffen. Alex Haas am Bass soliert intonationssicher in höchsten Lagen und kostet die Melodien in ihrer ganzen Schönheit aus.

Eine weiteres Stück stammt von dem Klarinettisten und Gitarristen Stenzel und heißt "Martha". Getragen, mit ausdrucksstarker Klarinette, die Stenzel mit warm, weich, ja einschmeichelnd spielt. Der gestrichene Bass übernimmt die Melodie, verändert sie, spinnt sie fort. Empfindsam auch Traubli Weiß' Gitarrenimprovisation - Fingerakrobatik vom Feinsten. Mit "Swing Gitan" geht es flott weiter, diesmal mit Stenzel als überzeugendem Solisten an der Gitarre. Das betagte Museumsschiff "Tutzing", Baujahr 1937, ist mit seinen knapp 33 Metern Länge und fast acht Metern Breite eine einladende Bühne; das Schiff wiegt sich manchmal im Swing-Rhythmus; draußen quaken die Enten mit, manchmal sogar in der richtigen Tonart.

© SZ vom 08.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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