Kunst im politischen Raum:Veränderungen

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"Changes" heißt die aktuelle Ausstellung der Künstlergruppe GEDOK in der Politischen Akademie Tutzing, die sich vor allem mit Aspekten der Veränderung befasst. Im Bild "Kokon" von Carmen Kordas. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Weltuntergang, Schicksalsschläge, Vergangenheit und Zukunft: 28 Einzelkünstlerinnen und "Die vier Grazien" präsentieren in der Akademie für Politische Bildung in Tutzing aus weiblicher Perspektive ihre Sicht auf die Dinge.

Von Katja Sebald, Tutzing

In der Akademie für Politische Bildung in Tutzing sind wie jeden Sommer die Bilder umgehängt worden: Ein ganzes Jahr lang werden jetzt unter dem Titel "Changes" in Gängen und Speiseräumen Arbeiten von Künstlerinnen zu sehen sein, die in der Münchner GEDOK organisiert sind. Die GEDOK, gegründet 1926 als "Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnenvereine", ist das europaweit älteste und größte Netzwerk für Künstlerinnen. Die Ausstellung ist nicht nur für Seminarteilnehmer, sondern zu den Öffnungszeiten der Akademie (Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr) auch für Besucher zu sehen.

Die Künstlergruppe GEDOK präsentiert in den Räumlichkeiten der Politischen Akademie ein Jahr lang eine Auswahl ihrer Arbeiten. Hier: "Das Märchen von der Gefangenschaft" von Silke Bachmann. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Sind die Bilder nun politische Botschaften, oder sind sie es nicht? Die Akademie für Politische Bildung in Tutzing teilt zur Ausstellung "Changes" mit, dass die "großen Veränderungen unserer Zeit", als da wären "Zeitenwende, politischer und gesellschaftlicher Wandel, Klimawandel und Digitalisierung", nicht nur Themen ihrer Tagungen seien, sondern nun "auch Einzug ins Kulturprogramm und an die Wände der Akademie gehalten" haben. Die Künstlerinnen selbst schreiben, dass sie Position zu gesellschaftspolitischen Themen beziehen wollen. Gleichzeitig betonen sie: "Als politische Botschaft sind diese Arbeiten aber nicht gedacht. Der Bezug zu Politik oder Geschichte erschließt sich oft nur über den Titel oder auf den zweiten Blick."

"Paradoxon" von Ina Loitzl. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Beide Aussagen sind wohl richtig - und zugleich nicht richtig. Die Bandbreite der gezeigten "visuellen und konzeptionellen Arbeiten" reicht von der Zeichnung über Siebdruck und Fotografie bis hin zu verschiedenen Mischtechniken, Textilarbeiten und schließlich zur Malerei in Öl und Acryl auf Leinwand.

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Insgesamt sind in der aktuellen Ausstellung 28 Einzelkünstlerinnen und das Kollektiv aus drei Künstlerinnen, die sich hinter dem Namen "Die 4 Grazien" verbergen, vertreten. Die Veränderungen, die sie in ihren Arbeiten thematisieren, sind ebenso vielfältig: mal persönlich und mal global. Sie haben mit der eigenen Vergänglichkeit zu tun oder mit dem drohenden Weltuntergang, mit Schicksalsschlägen, mit Vergangenheit und Zukunft, mit veränderten Lebensbedingungen, Umbrüchen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Sie beschäftigen sich mit veränderten weiblichen Rollenbildern und mit Konstruktionen von Weiblichkeit. Sie sind geprägt vom Respekt gegenüber der Natur. Oder sie beinhalten konkrete politische Forderungen nach Veränderungen.

"Porträt" von Lisa Hutter Schwahn. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

So kritisiert etwa Adidal Abou-Chamat mit der Collage "Haunting Past" rassistische, sexistische und antimuslimische Projektionen auf Frauen. Stella Bach fordert mit ihrem Gemälde "Last Patriarch", das einen Affen zeigt, die Natur als Grundlage des Lebens zu verstehen und nicht länger als unerschöpfliche Ressource. Sabine Groschup beschäftigt sich mit "tiefen menschlichen Befindlichkeiten" und präsentiert eine Auswahl ihrer "101 Taschentücher der Tränen", die sie mit eigener Lyrik bestickt hat.

"L. looking for mushrooms" von Patricia Lincke. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Lisa Hutter Schwahn zeigt ein zartes Porträt mit dem Titel "Wandel" und schreibt dazu, sie sei überzeugt, dass Menschen, die an ihrer eigenen Heilung arbeiten, auch an der Heilung der Gesellschaft mitwirken. Für Nina Radelfahr ist "das Meer ein Körper voller flüssiger schleimiger Potentiale". Sie sehe in der Fruchtbarkeit des Meeres Analogien zur menschlichen Fortpflanzung. Und so ist es kein Wunder, dass ihre kleine Zeichnung "polyps 3" ein merkwürdiges Zwitterwesen aus Unterwasserpflanze und Uterus darstellt.

"Eines langen Tages Reise in die Nacht" von Inge Kurtz. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Turn and Face the Stranger" heißt eine Bildserie, für die sich Penelope Richardson von David Bowies Song "Changes" inspirieren ließ. Zu ihren Fotografien von Wolkenformationen schreibt sie: "Manchmal ist es wertvoller, still zu stehen und die Welt um uns herum zu beobachten, als zu handeln." Ulrike Prusseit zeigt eine Collage mit dem Titel "Panischer Frühling" und plädiert für einen "humorvollen, aber auch nachdenklichen Blick auf die vielbesungene Zeitenwende".

Auch die aus Neuseeland stammende Künstlerin Claude Jones geht große Themen mit leichter Hand an: Sie zeigt wundersame, heiter und zugleich unbeholfen wirkende Kleiderpuppen, die in einer Kombination aus Radierung und Digitaldruck, Collage und Wasserfarbe entstehen. Sie wollen eine scheinbare Dominanz des Menschen über die natürliche Welt suggerieren, jedoch gleichzeitig seine Sehnsucht nach seiner Rückkehr zu mehr Naturverbundenheit darstellen. Voller Geheimnisse, surreal und entrückt erscheinen die Nachtbilder, für die Inge Kurtz Fotos von mächtigen Baumwipfeln in verschiedenen digitalen und analogen Techniken verändert hat, um sie nun als "Eines langen Tages Reise in die Nacht" zu präsentieren.

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