Der christsoziale Coup ist perfekt: Mit Ludwig Horn wird erstmals seit 16 Jahren wieder ein CSU-ler das Tutzinger Rathaus leiten. Mit 63,8 Prozent wurde der 27-Jährige am Sonntag zum neuen Bürgermeister der 10 000-Einwohner-Gemeinde am Starnberger See gewählt. "Es ist eine große Aufgabe, die ich mit Demut annehme", sagte er. Amtsinhaberin Marlene Greinwald (FW) zeigte sich unverhohlen enttäuscht. Das Ergebnis mache sie nicht glücklich, sagte sie.
Bereits vor der Ergebnisverkündung um 19.15 Uhr hatte sich abgezeichnet, dass die Mehrheiten bei Horn liegen. Mit versteinerter Miene ging Greinwald zur Verkündung, Horn spielte mit seinen Fingern. Bei der Verkündigung des Ergebnisses verzichtete er auf große Jubelgesten - eine Grundhaltung, die auch die Zweite Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg (CSU) lobte. Sie bedankte sich für einen "fairen Wahlkampf." 63 Prozent für Horn, und das aus dem Stegreif - "das ist mehr als beeindruckend", so Dörrenberg.
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An Greinwald richtete sie versöhnliche Worte. "Du hast wirklich viel geleistet", sagte sie. Greinwald selbst zeigte sich angefasst. "Wollt ihr von mir jetzt noch was hören?", rief sie den etwa 100 Leuten entgegen, die ins Rathaus gekommen waren und legte ihre Hand aufs Herz. "Die Tutzingerinnen und Tutzinger haben so abgestimmt, dann wird es so sein", erklärte sie und richtete einen Appell an die Frauen: "Wir kommen nie an die 50 Prozent, wenn wir so weitermachen und wenn die Frauen uns nicht wählen." Ihrem Herausforderer gegenüber zeigte sie sich demonstrativ kollegial. "Du wirst gut weitermachen für Tutzing", sagte sie.
Ludwig Horn hatte einen Turbo-Wahlkampf hingelegt
Auch andere Freie Wähler zeigten sich frustriert und verwiesen darauf, dass unliebsame Entscheidungen wie Container auf dem Minigolfplatz und die Kustermannvilla als Pfand für die Sanierung der Grund- und Mittelschule ja auch von Horn mitgetragen worden seien. Doch auch in Greinwalds Partei war man sich klar, dass der Wahlkampf womöglich nicht ausgereicht hatte. Horn hingegen hatte im Sommer einen Turbo-Wahlkampf eingeläutet, mit dutzenden Ortsterminen und meterbreiten Bannern. "Er war einfach präsent und da", sagte die Feldafinger Landtagsabgeordnete Ute Eiling-Hütig (CSU).
63,8 Prozent, das überraschte selbst den Gewinner. "Ich bin überwältigt", sagte er, als Greinwald mit ihrer Familie bereits das Rathaus verlassen hatte. Vor dem Wahllokal in der Grundschule hatten am frühen Abend einige Gruppen junger Leute Stimmung für Horn gemacht. "Ludwig wählen!", riefen sie. Ein anderer hingegen sagte, die CSU wähle er grundsätzlich nicht - und zeigte sich von der Kandidatenauswahl enttäuscht. "Vom Hocker gehauen hat mich keiner der beiden."
Klar ist: Die Wahl Horns ist eine Zäsur im Tutzinger Rathaus. Seit dem 2008 ausgeschiedenen Peter Lederer hat es keinen christsozialen Rathauschef mehr an der Spitze gegeben. Auch die Wahl Horns als solche hat historischen Wert: Nach dem 23-jährigen Rathauschef von Lichtenberg, Kristan von Waldenfels, wird er der zweitjüngste Bürgermeister Bayerns sein. "Er ist guad und er hat Bock", sagte Ex-Ortschef Thomas Parstorfer.
Die Wahlbeteiligung lag mit 60,6 Prozent leicht über der vor sechs Jahren (2018: 57,9 Prozent). Über 2500 Tutzinger hatten ihr Kreuzchen per Briefwahl gemacht. Bis kurz vor der Wahl hatten sich viele unentschlossen gezeigt. Hier die erfahrene, resolute Rathauschefin, dort der junge, motivierte Herausforderer. Zusammen mit zahlreichen inhaltlichen Überschneidungen ergab das für nicht wenige ein Patt. Auch der Gemeinderat war gespalten. Während sich die Freien Wähler und die ÖDP hinter Greinwald stellten, positionierten sich CSU und FDP hinter Horn. Grüne, SPD, die UWG Traubing und die Tutzinger Liste gaben keine Wahlempfehlung ab. Letzte ließ aber durchblicken, dass sie sich vom Herausforderer mehr verspricht.
Greinwald selbst erinnerte in ihrer Rede daran, dass sie noch zwei Monate Bürgermeisterin ist. "Vielen lieben Dank an meine super Verwaltung!", rief sie. Am 31. Januar 2024 wird dann Ludwig Horn die Geschäfte übernehmen.