SZ-Serie: Dorf-Dynastien:Eine Maler-Familie setzt farbliche Akzente in Schondorf

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Farbe für Schondorf: Carlo und Regina Forster leiten das Malergeschäft am Ammersee (Foto: Georgine Treybal)

Die Geschichte der Forsters am Ammersee währt schon mehr als 100 Jahre. Im Fasching stand manchmal der Betrieb still, weil alle an der Dekoration für einen Ball arbeiteten.

Von Renate Greil, Schondorf

Mit Georg Forster, der mit seinem 1896 gegründeten Malergeschäft seiner zahlungskräftigen Kundschaft im Jahr 1910 von München an den Ammersee folgte, beginnt die Ära der Familie Forster in Schondorf. Durch Einheirat sind die Forsters auch mit den Familien Ernst, Kloker und Moser verbandelt, erzählt Urenkel Carlo Forster, der den Familienbetrieb seit 1987 leitet. Bei großen Familientreffen wird Kontakt gehalten. Künstlerische Begabungen, Sinn für die Gemeinschaft und die Liebe zum Segeln schaffen Verbindungen.

Anfang 1900 fanden es einige Stammkunden aus dem Münchner Großbürgertum schick, am Ammersee Wochenend- und Ferienhäuser zu bauen. Georg Forster verlegte daraufhin 1910 seinen florierenden Münchner Betrieb nach Schondorf. Seine Söhne Erwin und Toni arbeiteten im Unternehmen mit. Nach dem Ersten Weltkrieg teilten sich die Geschäftszweige, denn während Erwin Forster senior 1925 den Malerbetrieb übernahm, wandte sich Toni Forster dem touristischen Gewerbe zu und eröffnete 1927 das auch heute noch bekannte Café Forster mit Strandbad.

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Zu dem Bad gehörte auch ein Veranstaltungssaal, der zwischenzeitlich von einem Fitnessstudio und einem Tonstudio genutzt wurde und heute als Klassenzimmer des Landheims Schondorf dient. Freilichtkino und Wasserspiele bot Toni Forster damals an. Die charakteristischen grünen Holzkabinen des Strandbades pflegt inzwischen sein Enkel Anton Ernst. Dessen Schwester Barbara Rank und Sohn Andreas Ernst arbeiten im Betrieb mit, der zwar nicht mehr so aussieht wie vor knapp 100 Jahren, aber immer noch historischen Charme hat.

Wie Ernst einmal erzählte, war dort auch "der erste Nachtclub am See, den die Amerikaner betrieben". In der Nachkriegszeit hatten diese den Betrieb besetzt. Etwas später sorgte dann Malermeister Erwin Forster junior dafür, dass in dem Saal wieder Faschingsbälle stattfanden. "Da stand der Malerbetrieb wochenlang still, weil an den Dekorationen der Mottopartys gearbeitet wurde", erinnert sich Carlo Forster. Alte Fotos vom Feuerwehrball 1964 zum Beispiel zeigen detailreiche spanische Motive.

Der Firmensitz an der Bahnhofstraße: Das 1910 gebaute Wohn- und Geschäftshaus hatte Erwin Forster senior 1925 gekauft. (Foto: Georgine Treybal)
Damals sah das Haus noch so aus. (Foto: Repro: Georgine Treybal/Familienarchiv)
Ein Familienfoto von 1930: Erwin Forster junior und senior, Emilie und Tochter Ingeborg. (Foto: Repro: Georgine Treybal/Familienarchiv)
Uropa Georg Forster. (Foto: Repro: Georgine Treybal/Familienarchiv)

1925 kaufte Erwin Forster senior den jetzigen Firmensitz an der Bahnhofstraße, ein 1910 gebautes Wohn- und Geschäftshaus. Wo heute das Büro des Betriebes ist, war früher ein offener Durchgang zum Malerbetrieb. Damals wohnten die Gesellen bei freier Kost und Logis im Haus. Der Malermeister fuhr Gesellen und Lehrbuben im Sommer manchmal mit dem Ruderboot zur Kundschaft. "Es wurden auch Pensionsgäste aufgenommen, um die Kasse aufzubessern", erzählt Regina Forster, die mit Carlo Forster verheiratet ist und im Betrieb die Büroarbeiten erledigt.

Lüftlmalerei war besonders gefragt; über dem Eingang des Hauses wacht auch heute noch der Schutzpatron der Maler, der Heilige Lukas. Bauernschränke bemalen gehörte damals ebenso zum Angebot wie Marmorieren und Maserieren, berichtet Carlo Forster. In einer eigenen Kalkgrube wurde damals gelöschter Kalk gelagert, Leinöl gekocht, gebleicht und gefiltert und Pigmente ausgesucht und gerieben, die nötigen Materialien wurden in Handarbeit selbst hergestellt.

Ernst Forster senior war als leidenschaftlicher Segler bekannt, fuhr im Winter mit einem selbst konstruierten Eissegler über den Ammersee und galt als einfallsreich. Er wurde 1893 geboren und heiratete 1919 die zwei Jahre jüngere Beamtentochter Emilie Moser aus München. Tochter Ingeborg, 1924 geboren, heiratete Otto Kloker und zog 1950 auf den Klokerhof nach Hechenwang, das Paar hat vier Kinder. In Schondorf in der Nachbarschaft zum Forster-Anwesen leben heute Andreas Kloker und Erwin Kloker, die als Künstler bekannt sind.

Die alte Werkstatt dient heute als Büro. (Foto: Repro: Georgine Treybal/Familienarchiv)
Farben aller Art werden heute in dem Geschäft angeboten. (Foto: Georgine Treybal)

Der 1922 geborene Sohn wurde nach seinem Vater benannt. Erwin Forster junior wurde auch Malermeister und Schildermaler und heiratete 1948 Giesela Dehé, das Paar hat drei Kinder, 1949 kam Tochter Angela, 1952 Tochter Cordula und 1956 Sohn Carlo auf die Welt. 1956 übernahm er den Betrieb, weitete die Geschäftsfelder um eine Ablaugerei aus. 1978 kam noch ein Farbengeschäft dazu, das mit dem Aufkommen der Baumärkte aber wieder aufgegeben wurde.

Sein Vater legte besonders viel Augenmerk auf die Schriftenmalerei. "Besonders die handgeschriebenen Schriften mit dem Pinsel waren seine Spezialität", sagt Carlo Forster. Er hat bei ihm und bei Franziska Kobell viel gelernt, die 50 Jahre lang zwei Zimmer im Haus bewohnte und ganz feine Schriften anfertigte. Der Betrieb vergrößerte sich. Eine Zeit lang waren damals bis zu 20 Angestellte im Betrieb, sie übernahmen auch viele Malerarbeiten bei Neubauten im weiteren Umkreis, erzählt Carlo Forster. Das rechnet sich heute nicht mehr, weiß der diplomierte Kaufmann und bedient vorrangig die Stammkundschaft aus der Gegend.

Heute gibt es einen modernen Lackierraum, in dem gerade eine frisch lackierte Heizkörperabdeckung auf Abholung wartet. Aber man kümmert sich auch um ausgefallene Objekte wie einen alten Tresor, der restauriert werden soll. Spezialisiert ist Carlo Forster auf Kalktechniken. Davon sind einige teils sehr aufwendig gearbeitete Musterstücke in den Geschäftsräumen ausgestellt. Er hat ein Buch über diese Technik veröffentlicht und gibt sein Wissen in Seminaren weiter.

Carlo Forster ist auch ein erfolgreicher Segler

In Seglerkreisen ist Carlo Forster auch ein Begriff. Mit nur acht Jahren lernte er das Segeln auf einer O-Jolle, er fährt bei nationalen und internationalen Regatten mit und hat schon einige Titel geholt. Ein Kajütboot wird von der Familie genutzt. Das Segeln verbindet ihn auch mit seinem Großcousin Wolfgang Moser, der in Schondorf viele Jahre eine Hausarztpraxis führte.

Eine Nachfolgeregelung für ihr Malergeschäft haben der 67-jährige Carlo Forster und seine zwei Jahre jüngere Frau Regina noch nicht. Sohn Nicolaus und Tochter Sophia haben sich für andere Berufe entschieden. Mit vier Angestellten, einem Malermeister und drei Gesellen läuft der Betrieb weiter. Vier Enkelkinder geben aber immerhin Hoffnung auf einen Erhalt des Familienbetriebes.

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