SZ-Adventskalender:Raus aus der Tristesse

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Ibrahim M.'s nächstes Ziel ist eine eigene Wohnung. (Foto: Nila Thiel)

Ibrahim M. hat es trotz einer psychischen Erkrankung geschafft, einen Job zu finden. Jetzt fehlt noch warme Winterkleidung.

Von Carolin Fries, Herrsching

Manchmal lacht Ibrahim M. Seine Augen leuchten dann. "Mein Chef ist so nett", sagt er dann zum Beispiel. Der 31-Jährige geht gerne in die Arbeit. Seit vier Wochen hat er jetzt einen Job bei der Awista und arbeitet auf dem Wertstoffhof in Gilching, vorerst in Teilzeit. Er berät Kunden, hilft beim Trennen der Wertstoffe und Abfälle und immer wieder auch beim Tragen schwerer Teile. "Wenn die Leute alt und krank sind, kann ich nicht anders", sagt er. Endlich muss er nicht mehr nur in der Asylbewerberunterkunft in Herrsching herumsitzen oder ehrenamtlich arbeiten. Er hat sich in einem regulären Bewerbungsverfahren durchgesetzt und hat jetzt einen richtigen Job. "Und darauf kann er sehr stolz sein", sagt seine Betreuerin.

Ibrahim M. hat es nicht leicht gehabt. Aus seiner Heimat Sierra Leone ist er geflüchtet, weil ihn die Familie verstoßen hat. Er sagt, der Schmerz sei immer noch so groß, dass er kaum über sein altes Leben sprechen könne. Sein neues Leben in Herrsching war zunächst geprägt von psychischen Problemen und Depressionen, doch inzwischen ist er stabil. Zuverlässig fährt er mit der S-Bahn nach Gilching, ganz gleich wie früh am Morgen er losmuss. Ibrahim M. spricht Englisch und hat Deutsch gelernt, den Test auf Niveau B1 hat er in diesem Jahr erfolgreich abgelegt. Er wirkt ruhig und zurückhaltend und zeigt sich dankbar für jede Hilfe. Vom Helferkreis werde er liebevoll betreut. "Ich habe eine neue Familie gefunden", sagt er.

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Er freut sich nun auf sein erstes Gehalt. Langfristig will er versuchen, Geld für eine Wohnungskaution zu sparen. Denn in der Unterkunft teilt sich der Afrikaner einen Container mit fünf anderen Männern. "Da komme ich abends kaum zur Ruhe", erzählt er. Aktuell hat er nicht einmal das Geld, sich warme Kleidung zu kaufen. Am Wertstoffhof stellt die Awista ihm wetterfeste Klamotten, doch für den Weg braucht er noch Mütze und Handschuhe sowie eine warme Hose. Auch ein günstiges Mobiltelefon benötigt er, das alte funktioniert kaum noch. Außerdem wäre ein E-Scooter hilfreich, um die Strecken von den S-Bahnhöfen schneller bewältigen zu können. Momentan braucht Ibrahim M. eine knappe Stunde zum Arbeitsplatz.

Der größte Wunsch von Ibrahim M. aber ist es, langfristig in Deutschland bleiben zu können. Aktuell bekommt er alle sechs Monate eine sogenannte Aufenthaltsgestattung vom Landratsamt ausgestellt, bis sein Asylverfahren abgeschlossen ist. Stets mit der Unsicherheit leben zu müssen, womöglich eines Tages zurückzumüssen - das sei sehr belastend.

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