Streit um Windanlagen:Skepsis gegen "Growiane" wächst

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190 Meter hohe Windräder? Die Gemeinde Pähl muss sich entscheiden - zwischen "Horizontverschmutzung" und Klimaschutz.

Peter Haacke

Der Landkreis Starnberg will sich bis zum Jahr 2035 selbst mit Energie versorgen können und gleichzeitig den Klimaschutz verbessern. Über das "Wie" herrscht aber weitgehend Unklarheit. Als eine Möglichkeit regenerativer Energiegewinnung gelten sogenannte Großwindanlagen (Growiane).

"Horizontverschmutzung"? Neun Windanlagen mit jeweils 190 Metern Höhe will Unternehmer Michael Ludwig zwischen Pähl und Machtlfing aufstellen lassen. (Foto: dpa)

Geht es nach dem Willen des Unternehmers Michael Ludwig aus Raisting, könnten allein zwischen der Gemeinde Pähl und dem Andechser Ortsteil Machtlfing neun 190 Meter hohe Windanlagen entstehen. Doch es regt sich erster Widerstand: In Pähl hat sich vor der morgigen Gemeinderatssitzung ein Demonstrationszug angekündigt, der "Growiane" im Landschaftsschutzgebiet des Kerschlacher Forsts verhindern will.

Multimedia-Unternehmer Ludwig möchte im Oberland sowie zwischen Ammersee und Starnberger See Windanlagen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von bis zu 4,5 Millionen Euro als "regional nachhaltige Projekte für die Bürger" installieren - und das in moderatem Rahmen. "Alles zupflastern", sagt Ludwig, "davon halte ich auch nichts".

Das Echo auf die Pläne sei "überwiegend positiv", sagt der 51-Jährige, der auch Geschäftsführer einer noch zu gründenden Betreibergesellschaft werden möchte. Seine Planungen für die Landkreise Weilheim-Schongau und Starnberg: Sechs Windräder sollen im Kerschlacher Forst, drei weitere in Nähe des Andechser Ortsteils Rothenfeld gebaut werden.

Die Begeisterung für das Projekt bei den betroffenen Bürgern hält sich aber in Grenzen. Der Bayerische Landesverband für Heimatpflege beispielsweise befürchtet verheerende Folgen für Natur und Menschen und warnt vor technischer Überfremdung sowie "Horizontverschmutzung".

Drehende Rotoren und blitzende Warnsignale zur Flugsicherheit ließen die Landschaft nicht mehr zur Ruhe kommen, warnte beispielsweise Oberbayerns Bezirksheimatpfleger Stefan Hirsch in der Vorwoche im Rahmen einer Info-Veranstaltung in Großweil.

Auch in der Gemeinde Pähl steht man den Plänen Ludwigs, der eine Bauvoranfrage für drei bis vier Windanlagen im Kerschlacher Forst gestellt hat, skeptisch gegenüber. Bürgermeister Klaus Pfeiffer, nach eigener Auskunft Befürworter regenerativer Energien, sagte: "Das ist nicht der richtige Standort." Die riesigen Anlagen stünden im Landschaftsschutz- beziehungsweise FFH-Gebiet und wären von Gut Kerschlach ("Der Mann könnte dichtmachen"), aber auch vom Golfplatz Hohenpähl sowie von Machtlfing und Rothenfeld aus zu sehen.

Hinzu kämen Beeinträchtigungen durch Lärm- und Licht-Schatten-Emissionen. Überdies ist unklar, ob das Areal genug Wind hätte: Der bayerische Windatlas weist im Jahresmittel Geschwindigkeiten von bis zu 4,7 Meter pro Sekunde für das Gebiet zwischen Pähl, Erling und Andechs aus, doch dieses Instrument ist sehr ungenau. Ludwig will daher für eine fünfstellige Summe ein Gutachten, eine sogenannte Sodar-Messung, in Auftrag geben.

Karin Wurzbacher vom Verein "Energiewende" kennt die Argumente gegen Windkraftanlagen - vor allem unter ästhetischen Aspekten. "Aber da muss man einen Weg finden", sagt sie. Der Landkreis Starnberg erarbeitet derzeit ein Konzept. Pähls Bürgermeister Pfeiffer indes will einen Grundsatzbeschluss einbringen, der eine Bebauung des Kerschlacher Forsts grundsätzlich ablehnt.

© SZ vom 27.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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