Ein sauberes stilles Örtchen im öffentlichen Raum zu finden, ist in Tutzing nicht so einfach, wie Anwohner und Besucher der Brahmspromenade am Starnberger See berichten. Deshalb nahm die Gemeinde im vergangenen Winter Geld in die Hand, um die Toilettenanlage am Fischergassl zu sanieren. Hinter den zwei Edelstahltüren verbirgt sich nun aber nur noch eine statt zuvor zwei Toiletten - dafür lockt eine neue Entsorgungsstation womöglich Wohnmobile in die enge Gasse.
Für rund 120 000 Euro wurde das Klohäuschen in Ufernähe umgebaut, wie Bürgermeisterin Marlene Greinwald den Aufwand beziffert, geplant waren ursprünglich 160 000 für die Sanierung. "Die Anlage wird vor allem von Seebesuchern und Spaziergängern stark beansprucht", sagt Greinwald. "Wir sind froh, dort endlich ein barrierefreies WC zu haben."
Gleichzeitig hätten die Platzerfordernisse der Barrierefreiheit es mit sich gebracht, dass nur mehr eine einzige Unisex-Toilette zur Verfügung stehe. Das zweite WC neben dem Pissoir für Männer konnte nicht erhalten werden, da für einen Neubau des Klohäuschens sonst ein Bauantrag notwendig geworden wäre, der die Sanierung weiter verzögert hätte, so Greinwald. Hinter der zweiten Tür finden Besucher nun ein Pissoir und eine vergitterte Entsorgungsstation für Kassettentoiletten vor.
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Ein Ex-Bürgermeister wollte es einer 92-Jährigen für 8000 Euro abkaufen. Jetzt liegt der neue Eigentümer mit der Gemeinde im Clinch - und die zäunt die Umkleiden ein.
Die sei eigentlich für Segler gedacht, die in Ufernähe ihre Bordtoiletten entleeren wollten, räumt Greinwald ein. Das Piktogramm über der Tür weist aber auf eine Entsorgungsstation für Wohnwagen hin, was in der Zwischenzeit auch schon in einschlägigen Camping-Foren gelistet sei, so Greinwald. Dass Urlauber mit ihren großen Wohnmobilen dann ausgerechnet im Anliegerverkehr die enge Marienstraße bis zum Fischergassl durchfahren müssten und beim Rangieren den Uferweg blockierten, habe sie bislang nicht beobachtet, sagt Greinwald. Für Camper sei die Entsorgungsstation am Südbad gedacht. Über eine Sperrung der Marienstraße für Wohnmobile habe man aber schon nachgedacht.
"Im Tutzinger Ortskern sollte Wohnmobilverkehr nicht forciert werden", findet Lucie Vorlíčková vom Bürgerverein Tutzinger Liste. Dass sich durch die Entsorgungsstation angelockt bereits Wohnwagen durch die Marienstraße geschlängelt haben, hätten Anlieger beklagt, so Vorlíčková. Eva Müller von der gegenüberliegenden Segel- und Sportbootschule ist aufgefallen, dass sich an schönen Tagen inzwischen lange Menschenschlangen vor der einen verbliebenen Toilette bildeten.
"Ich habe mich noch nie so viel über eine Toilette unterhalten müssen wie über diese"
"Ein zweites WC wäre hier viel sinnvoller als die Entsorgungsstation", sagt Müller. Segler benutzten die Station so gut wie nie. Auch die Handhabung der Druckknöpfe zum Entriegeln der Tür verwirre viele, hat sie beobachtet. "Jeder, der da rauskommt, jammert", erzählt Müller, "Ich habe mich noch nie so viel über eine Toilette unterhalten müssen wie über diese."
Eine Anwohnerin berichtet, dass die WC-Anlage häufig einen Signalton von sich gebe. Sie verstehe nicht, was das "Dauergepiepse mit Barrierefreiheit zu tun habe" und spricht von einer "fehlgeschlagenen Modernisierung" sowie einer "Zumutung für die Reinigungskräfte". Warum die Klotür Piepsgeräusche macht, weiß auch Bürgermeisterin Greinwald nicht.