Wohngeld:Historische Reform mit Verbesserungspotenzial

Lesezeit: 2 min

Sozialer Wohnungsbau wie hier in Weßling ist im Landkreis Starnberg bislang eher Mangelware. Das neue Wohngeld ist auch deshalb eine wichtige Unterstützung für Geringverdienende. (Foto: Georgine Treybal)

Es gibt mehr Geld für bedürftige Geringverdienende, Alleinerziehende, Rentnerinnen und Rentner, die Leistungen verdoppeln sich im neuen Jahr. Problem an der Sache: Den Behörden fehlt Personal.

Von Linus Freymark, Starnberg

Als "historische Wohngeldreform" hat die zuständige Bundesministerin Klara Geywitz (SPD) das Vorhaben angepriesen: Ab Januar 2023 sollen statt, wie bislang, 600 000 Haushalte künftig zwei Millionen von der staatlichen Finanzspritze profitieren. Auch die durchschnittliche Höhe der Leistungen wird sich von rund 180 Euro auf 370 Euro mehr als verdoppeln. In Zeiten steigender Preise ist die finanzielle Unterstützung für Geringverdienende, Alleinerziehende, Rentnerinnen und Rentner gerade in Regionen wie dem Landkreis Starnberg mit teils absurd hohen Mieten essenziell, um sich das Leben im Fünfseenland noch leisten zu können. Die Ministerin verspricht, die Unterstützung sei "dauerhaft, zielgenau und verlässlich."

Das Problem an der Sache: In den Behörden fehlt wegen des Fachkräftemangels das Personal, um die Anträge zügig abarbeiten zu können. Das Starnberger Landratsamt etwa hat im Jahr 2022 monatlich an durchschnittlich 130 Haushalte Wohngeld ausbezahlt; pro Monat bearbeitet die Behörde im Schnitt 70 Neuanträge. Von Januar an rechne man nun - wie im bundesweiten Mittel auch - mit einer "Verdreifachung des Empfängerkreises". Um der Anträge Herr zu werden, stellt der Fachbereich Sozialwesen zwar weitere Mitarbeiter ein. Dennoch rechnet man im Landratsamt mit Bearbeitungszeiten von etwa sechs Monaten. "Je nach Sachverhalt werden wir auch länger benötigen", heißt es.

Sozialverbände wie der VdK begrüßen das neue Wohngeld - trotz langer Bearbeitungszeiten

Für Menschen, die auf die staatliche Unterstützung angewiesen sind, heißt das: Es kann finanziell eng werden. "Für Einzelne ist das bitter", sagt Reinhard Dirr, Kreisvorsitzender des Sozialverbands VdK. "Menschen mit geringem Einkommen sind auf diese Hilfszahlungen angewiesen." Gerade jetzt, wo die Lebenshaltungskosten steigen, sei das Wohngeld eine wichtige Unterstützung für Geringverdienende. "Die finanzielle Situation ist für diese Menschen besonders eng", sagt Dirr. Trotz der zu erwartenden langen Bearbeitungszeit sieht Dirr die Wohngeld-Reform positiv. "Das ist eine echte Hilfe", sagt er. "Wir begrüßen das ausdrücklich." Die Betroffenen hätten eine Perspektive, denn "die Menschen werden das Geld ja auf jeden Fall erhalten", sagt Dirr.

Die Kommunen wiederum sehen Verbesserungspotenzial bei der Abwicklung der Anträge. Grund: Die Anträge sind vergleichsweise kompliziert - sowohl für Antragsteller als auch für die Sachbearbeiter in den Behörden. Das Starnberger Landratsamt verweist auf Anfrage auf eine Stellungnahme des deutschen Landkreistages: Darin plädiert der kommunale Spitzenverband aller 294 deutschen Landkreise für "spürbare Verfahrenserleichterungen". Es brauche Maßnahmen, "die zur spürbaren Entlastung der Fallbearbeitung in den Wohngeldstellen beitragen". Andernfalls könne das neue Gesetz dazu führen, dass der Aufwand für die staatlichen Stellen eher mehr als weniger wird. Besonders bei der Ermittlung des Einkommens sind die aktuellen Vorgaben laut dem Deutschen Landkreistag "viel zu komplex". Aufgrund des erwartet hohen Interesses am neuen Wohngeld in der Bevölkerung sei es wichtig, auf diese Schwierigkeiten hinzuweisen.

Bundesministerin Geywitz hat bereits im November längere Bearbeitungszeiten angekündigt. "Wenn man zum 1. Januar einen Antrag stellt, dann wird er im März beschieden", sagte sie damals der "Bild"-Zeitung. Allerdings wird diese Vorgabe im Landkreis Starnberg voraussichtlich ebensowenig eingehalten werden können wie im übrigen Deutschland auch.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: