Verkehr im Landkreis Starnberg:Alles halb so schlimm

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Nichts geht mehr: Die B2 ist auf Höhe der Eisenbahnbrücke für zwei Wochen komplett gesperrt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach der Vollsperrung auf der B2 bleibt das Chaos aus. Zwar ist die Umleitung für Autofahrer und Geschäftsleute eine nervige Sache. Doch zum Auftakt der Bauarbeiten melden die Behörden: Es läuft!

Von Linus Freymark, Starnberg

Jetzt muss er aber doch mal hupen! Oder besser gesagt: So frech, wie sich das Auto eben noch vor den Bus gequetscht hat, wäre das allemal angebracht. Aber nein, der Fahrer bleibt ganz ruhig und lässt den Drängler vor sich einreihen. Dann stehen beide, Bus und Auto. Erst als vorne die Ampel auf grün springt, geht es weiter.

Donnerstagmittag am Ende der A 95 in Richtung Starnberg: Der Bus der Linie X970 ist pünktlich aus Wolfratshausen eingetroffen. Jetzt aber hakt es: Der Verkehr auf der Petersbrunner Straße staut sich. "Stop and Go" würden sie im Radio wohl dazu sagen, mal mehr Stop, mal mehr Go. Den Fahrer aber scheint das nicht aus der Ruhe zu bringen. Es war ja lang und breit angekündigt worden, dass die kommenden zwei Wochen in Starnberg verkehrstechnisch, nun ja, schwierig werden könnten.

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Wegen der Vollsperrung auf der B2 in Höhe der Eisenbahnbrücke wird der Verkehr nun über die Petersbrunner, Leutstettener und Gautinger Straße geführt. Und dann ist da ja auch noch die Sperrung des Mühltals und die Bauarbeiten bei der Bahn, weswegen auch die S-Bahn nach München gerade unterbrochen ist. So mancher befürchtete angesichts all dieser Faktoren einen Verkehrskollaps in Starnberg.

Und jetzt? Sind fast alle so gelassen wie der Busfahrer der X970. Sein Bus wird mit etwa zehn Minuten Verspätung am Bahnhof Nord eintreffen, alles im Rahmen, sagt er. Auch sonst hält sich der Stau den Tag über in Grenzen. Zwar müssen die Autofahrer hin und wieder mal stoppen, und klar, durch den Umweg wegen der gesperrten B2 verlieren sie Zeit. Aber von einem Kollaps kann zumindest bis zum Nachmittag keine Rede sein. Das liegt freilich auch an den Sommerferien, viele Menschen sind noch verreist. Und am Wetter: Bei mehr als 30 Grad im Schatten geht auch das Fahrrad für kurze Strecken durch die Stadt.

Diesen Eindruck bestätigen dann auch die offiziellen Stellen. "Es läuft gut", stellt Oliver Jauch, der Verkehrssachbearbeiter der Starnberger Polizei, fest. Die vereinzelten Staus seien meist darauf zurückzuführen, dass sich der ein oder andere Autofahrer nicht an die Verkehrsführung halte. Fahre zum Beispiel einer als Geisterfahrer in die Gautinger Straße, weil er meint, dass ihm das ein paar Minuten erspare, halte das natürlich auf. Aber ansonsten, sagt Jauch, laufe alles nach Plan. Auch am Vormittag während des Berufsverkehrs habe es keine nennenswerten Staus gegeben.

Auf der Petersbrunner Straße staut es sich gelegentlich. Ansonsten aber meldet die Polizei: keine besonderen Vorkommnisse. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Auch auf der Gautinger Straße ist durchaus was los. Aber von Verkehrskollaps kann keine Rede sein. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch das Staatliche Bauamt Weilheim, das die Verkehrsführung für die Umleitung ausgearbeitet hat, zeigt sich mit dem ersten Tag zufrieden. "Läuft!", konstatiert der Gebietsinspektor für den Landkreis Starnberg, Jacob Eberle. "Unser Plan hinsichtlich der gewählten Verkehrsführung geht voll auf!" Die wenigen Staus seien keineswegs außergewöhnlich. Schon kurz nach der Vollsperrung um 7 Uhr ist Eberle mit Vertretern von Stadt, Landratsamt und Polizei vor Ort gewesen und hat sich ein Bild der Lage gemacht. Alle vier Parteien, so Eberle, seien dabei schnell zu der Meinung gekommen, "dass es zum Auftakt passt."

Doch nicht überall ist die Freude über den gelungenen Start so groß wie in den Behörden. Josip Orsolic etwa hat davon wenig. Der Paketbote steht am Mittag am Bahnhof Nord, einen Stapel Pakete in den Händen. "Viel Verkehr heute", sagt Orsolic. Das macht seinen Job nicht gerade einfacher. Zum einen kommt er mit seinem Transporter nicht so schnell durch, zum anderen kann er ihn nicht mal eben am Straßenrand abstellen, wenn er ein Paket abgibt.

Paketbote Josip Orsolic muss so manches Paket zu Fuß ausliefern. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Hinzu kommt: Zu Orsolics Gebiet gehört auch die Münchener Straße, sprich die B2. Da diese aber nun gesperrt ist, kommt er hier gar nicht mehr durch. Wie aber will er dann dort seine Fracht verteilen? Orsolic wischt sich den Schweiß von der Stirn. "Ich mache viel zu Fuß", sagt er. Dann wuchtet er die Pakete in seinen Wagen. Zum Abschied winkt er kurz, dann brettert er mit seinem Transporter davon. Straßensperrung hin oder her - die Leute wollen trotzdem ihre Post haben.

Auch für die Geschäftsleute sind die Sperrung der B2 und die Umleitung nicht gerade ein Grund zur Freude. Der Getränkemarkt von Albert Steinmann etwa liegt direkt neben der Eisenbahnbrücke, wegen deren Erneuerung das ganze Brimborium überhaupt notwendig ist. Der Parkplatz liegt verlassen in der Mittagshitze, auch im Geschäft ist kaum etwas los. Er rechne in den nächsten Tagen mit etwa 80 Prozent weniger Umsatz, sagt Steinmann.

Bei Albert Steinmann haben viele Leute auf Vorrat eingekauft. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dafür aber seien die vergangenen Tage sehr gut gewesen. "Die Leute haben auf Vorrat gekauft", erklärt er. Deshalb könne er nun ein paar schwache Tage verkraften. Mit das Wichtigste am ersten Tag der Vollsperrung war für Steinmann, dass mit dem Lieferanten alles geklappt hat. "Der kam gut durch."

Wie aber werden die nächsten Tage werden? Auf jeden Fall spannend, sagt Steinmann. Denn wenn mit den Arbeiten an der Brücke erstmal so richtig angefangen wird, dürfte es ganz schön laut werden in seinem Getränkemarkt. Laut und dreckig. Aber gut, sagt Steinmann, ist jetzt halt so. Und danach? "Dann sehen wir weiter." Jammern hilft ja nichts. Und die Kunden werden mit Sicherheit auch wieder kommen - spätestens, wenn die Sperrung aufgehoben und der letzte Kasten Weißbier leer ist.

Und so ist Albert Steinmann einer der vielen Menschen, die am Donnerstag den Eindruck vermitteln: Klar, die Sperrung und alles, was da dranhängt, ist nervig. Autofahrer verlieren Zeit und die Geschäftsleute vorübergehend einen Teil ihrer Kunden. Aber nach all den Diskussionen und Horrorszenarien im Vorfeld lässt sich zumindest nach dem ersten Tag sagen: Alles scheint halb so schlimm zu sein wie befürchtet.

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