Kommunen in Geldnöten:Fremdvergaben auf dem Prüfstand

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Viele deutsche Kommunen sind in Geldnöten. Auch die Kreisstadt Starnberg und Bürgermeister Patrick Janik müssen sparen. (Foto: Georgine Treybal)

Was kann Starnberg selbst schaffen, was sollte man besser von Fachleuten erledigen lassen? Angesichts der schwierigen Haushaltslage will der Stadtrat ein "strukturelles Problem" beispielhaft durchleuchten.

Von Peter Haacke, Starnberg

In einem Punkt ist sich der Starnberger Stadtrat einig: Die fetten Jahre sind vorbei. Die Wendung entstammt wohl der Bibelgeschichte: Joseph interpretierte einst den Traum des Pharaos von sieben fetten und sieben mageren Kühen derart, dass sieben ertragreichen Jahren sieben Jahre mit Hungersnot folgen werden. Ganz so weit ist es in der Kreisstadt bislang nicht gekommen. Doch die Beratungen fürs Haushaltsjahr 2024 dürften die schwierigsten seit Langem sein. Ausgehend von einem Fehlbetrag von zunächst zehn Millionen Euro allein im Verwaltungshaushalt - also jenem Posten, der das tägliche Geschäft mit Pflichtaufgaben, Ein- und Ausgaben betrifft - haben die Stadtväter und -mütter in zermürbenden Klausuren und Stadtratssitzungen den Fehlbetrag auf 3,5 Millionen reduzieren können.

Doch auch der bislang beschlossene Mix aus Gebührenerhöhungen und Streichungen wird voraussichtlich kaum reichen. Auf der Suche nach weiterem Einsparpotenzial möchte FDP-Stadträtin Anke Henniger daher jetzt auch die Stadtverwaltung durchforsten: Sie beantragte mit Blick auf die noch ausstehenden Entscheidungen eine Auflistung aller Fremdvergaben inklusive Gutachten und Rechtsanwaltsbeauftragungen für die Jahre 2020 bis 2023.

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Wer jemals ein Haus oder eine Wohnung renoviert hat, weiß: Selber machen ist oft günstiger - sofern man es überhaupt selbst machen kann und Zeit hat. Was bei handwerklichen Arbeiten vergleichsweise überschaubar scheint, gestaltet sich bei der 23 000 Einwohner zählenden Kreisstadt Starnberg ungleich schwerer. In schöner Regelmäßigkeit werden daher unterschiedlichste Aufgaben an Fachfirmen und Experten delegiert, zumal Verwaltungs- und Bauhofmitarbeiter nicht müde werden, ihre stete Überlastung zu erwähnen. Ob es sich nun um Service-, Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten handelt, IT-Betreuung, Ausschreibungen oder Rechtsverfahren: Schon seit Jahren kommt da einiges zusammen.

Unklar ist bislang allerdings, wie hoch die Summen für Fremdvergaben tatsächlich sind. An diesem Punkt setzt Henniger an: Sie möchte "in den Ecken kehren", betonte sie am Montag im Stadtrat, um damit auch "ein Strukturproblem" anzusprechen, zumal die jeweiligen Posten nur mit Mühe aus dem 500 Seiten umfassenden Haushaltsplan herauslesbar sind. "Wir können hier und da noch einsparen", glaubt Henniger, "wo liegt unser Problem bei manchen Themen?" Als Beispiele benannte sie etwa die Ausschreibungen für Kindergarten-Essen, die Seeanbindung oder die - mittlerweile zurückgezogene - Bewerbung um die Landesgartenschau.

"Ich glaube nicht, dass wir uns das alles sparen können", sagt der Bürgermeister

Die Begeisterung bei Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) für den Vorstoß von Henniger hält sich in Grenzen. "Da muss man vorsichtig sein, was man beschließt", entgegnete er, zumal in laufenden Haushaltsberatungen. Zwar habe man vermutlich manches selbst machen können, im Vorjahr etwa das Sicherheitskonzept fürs Seeufer. Doch dafür hätte ein städtischer Mitarbeiter ebenfalls die umfangreichen Vorschriften zum Thema studieren müssen - und dann bei anderen Aufgaben gefehlt. Und bei bestimmten Themen - darunter die 400 000 Euro teure europaweite Ausschreibung zum Hotel "Bayerischer Hof" - sei eine Fremdvergabe ohnehin unabdingbar. "Ich glaube nicht, dass wir uns das alles sparen können", sagte Janik. "Gehen Sie davon aus, dass bei uns Kostenbewusstsein eingekehrt ist."

Hennigers Antrag fand Unterstützung bei WPS, BMS und BLS. Franz Sengl (Grüne) indes befand, er sei ganz froh, dass der überaus komplexe Feuerwehrbedarfsplan "nicht von der Stadtverwaltung erstellt wurde". Eine Aufarbeitung der Fremdvergaben aus den letzten vier Jahren wird es jedenfalls nicht geben: Die Verwaltung wäre wochenlang beschäftigt. Stattdessen wird beispielhaft nur das Jahr 2021 oder 2022 strukturell untersucht - ein Kompromiss mit hohem Anspruch, den Ludwig Jägerhuber (CSU) auf den Punkt brachte: "Für die Zukunft muss es Ziel sein, den Haushalt zu optimieren." Soll heißen: Für einen ausgeglichenen Etat wird künftig wohl noch einiges mehr eingespart. Ob allein weniger Fremdvergaben das Defizit ausgleichen können, darf getrost bezweifelt werden.

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