SZ-Adventskalender:Wenn die Rente nicht reicht

Lesezeit: 3 min

Andreas Konow ist VDK-Geschäftsführer in Starnberg. (Foto: Nila Thiel)

Senioren mit niedrigen Renten leiden besonders unter den gestiegenen Lebenshaltungskosten. Erst recht in teuren Regionen wie dem Landkreis Starnberg fressen die hohen Mieten das Geld im Alter auf. Besserung ist nicht in Sicht.

Von Linus Freymark, Starnberg

So gut wie jede Krise bringt die Ungerechtigkeit mit sich, dass besonders diejenigen darunter leiden, die ohnehin schon wenig haben. Im Zuge der Pandemie etwa konnten Milliardäre wie Elon Musk ihre Vermögen saftig steigern, während die Zahl der von Armut bedrohten Menschen einen neuen Höchststand erreichte.

Die Pandemie ist zwar vorbei, mit den Folgen aber hat so mancher noch immer zu kämpfen, wirtschaftlich wie psychisch. Und dann stand ja gleich die nächste Krise vor der Tür: Der Krieg in der Ukraine, die Inflation, für die von der Pandemie Gebeutelten ein weiterer Nackenschlag. Besonders Seniorinnen und Senioren mit niedrigen Renten treffen die Preissteigerungen, die in diesem Jahr zwar leicht zurückgegangen, aber längst nicht vollständig abgeklungen sind.

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Nun geht es den Menschen im Landkreis Starnberg zwar vergleichsweise gut. Aber: Durch die hohen Lebenshaltungskosten in der Region sind Senioren mit niedrigen Renten hier besonders vor Altersarmut gefährdet. Denn wenn ein Großteil des Geldes für die Miete draufgeht und der Rest von den hohen Energie- und Lebensmittelpreisen aufgefressen wird, kann es sein, dass das Geld nicht mehr reicht, obwohl man ein ganzes Leben lang gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat.

Kein Wunder also, dass sich auch - oder besser: gerade - hier immer mehr Senioren Unterstützung bei Sozialverbänden wie dem VdK suchen. "Der Beratungsbedarf ist bei uns in den vergangenen Jahren gestiegen", berichtet Kreisgeschäftsführer Andreas Konow. Er und seine Kollegen konzentrieren sich auf rechtlichen Beistand, geben Ratschläge zu finanzieller Unterstützung. Ist eine Beihilfe möglich? Besteht eine Chance auf Wohngeld? Sollte man Grundsicherung beantragen?

Konow hat immer wieder mit Menschen zu tun, denen er zu diesem Schritt rät. Manche haben nicht genügend eingezahlt, andere nicht beständig genug. Wieder andere haben ihr gesamtes Berufsleben fürs Alter vorgesorgt und das Geld reicht trotzdem nicht. Wie das geht? Eigentlich ganz einfach. Konow rechnet vor: Der deutsche Durchschnittsrentner, der in Politik und Medien immer wieder als "Eckrentner" angeführt wird, hat über 45 Jahre 40 000 Euro brutto verdient. Die daraus resultierende Rente? 1692 Euro brutto, minus Kranken- und Pflegeversicherung. "Wenn der keine Betriebsrente hatte und eine Wohnung im Großraum München zahlen muss, ist der in der Grundsicherung", erklärt Konow. "Das ist schon ein grundsätzliches Problem."

Erst recht, da viele Firmen ihre Modelle für die Altersvorsorge gekürzt oder ganz eingestellt haben. Auch im öffentlichen Dienst werden seit der Jahrtausendwende nicht mehr so hohe Renten bezahlt. Zudem verlaufen Karrieren heute längst nicht mehr so konstant wie noch vor ein paar Jahrzehnten. Während früher viele Menschen ihr gesamtes Berufsleben in einem Betrieb verbracht haben, sind Jobwechsel heutzutage Teil vieler Lebensläufe. Damit gehen allerdings meist auch Unterbrechungen bei den Einzahlungen in die Rentenkasse einher. Und: Durch die Preissteigerungen könnten viele Menschen nicht mehr so viel Geld zurücklegen wie noch vor ein paar Jahren, erklärt Konow.

Die Rentensteigerungen hinken der Inflation hinterher

Hinzu kommt: Wegen der Inflation weiß niemand, was das Geld, das man heute zur Seite legt, in ein paar Jahren wert ist. Gute Renten, wie sie manche Senioren heutzutage beziehen, wird es in der Zukunft also immer seltener geben. "Das wird jetzt schon weniger", sagt Konow. Auch das ein Grund, weshalb Senioren mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten zu kämpfen haben.

Zwar hat es zuletzt deutliche Erhöhungen gegeben, im Juli stiegen die Renten in Westdeutschland um fast sechs Prozent, im Osten immerhin um mehr als vier Prozent. Aber: "Das deckt sich längst nicht mit der Inflationsrate", sagt Konow. Für die Senioren bedeutet das: Auch wenn das Geld vielleicht gerade so reicht, um über die Runden zu kommen - die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist dennoch schwierig. Ein Kinobesuch, ein Abendessen im Restaurant, alles Dinge, die wegen der Preissteigerungen schnell zum Luxus werden können.

Und weil dann auch noch die eigene Wohnung beheizt werden muss und das nach wie vor teuer ist, kommen immer wieder Menschen zu Konow und seinen Kollegen, die vor allem eine praktische Frage haben: Wie kann ich Energie sparen? Der VdK ist da nur bedingt der richtige Ansprechpartner, er ist vor allem auf rechtliche Beratung spezialisiert. Neben den Preissteigerungen stellt auch die Bürokratie viele Rentner vor Herausforderungen. Auch das könnte zum Problem werden: Wenn immer mehr ältere Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, aber immer weniger verstehen, was sie tun müssen, um diese zu bekommen, ist das keine gute Aussicht.

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