Stadtgestaltung:Das Wesen des Starnbergers

Lesezeit: 2 min

Die Gestaltung des "See and the City"-Areals stößt auf Kritik - vor allem wegen der Parkplatzsituation. (Foto: Nila Thiel)

Nach knapp zwei Monaten berät der Stadtrat über die vermehrte Kritik an "See and the City" - und appelliert für ein Festhalten an dem Projekt.

Von Linus Freymark, Starnberg

Der Starnberger an sich scheint ein Wesen zu sein, dessen Wesen so unergründlich ist, dass es selbst das Wesen selbst, also den Starnberger, mitunter vor Rätsel stellt. Am Montagabend hat sich der Stadtrat mal wieder mit der seelischen Beschaffenheit seiner Bürger auseinandergesetzt. Grund für die tiefenpsychologische Analyse: Das Projekt "See and the City", das in den Augen einiger, vieler oder aller Bürger eher vor sich hindümpelt, als dass es zu einer Verbesserung der Lebensqualität rund um den Bahnhof beiträgt. Die Anzahl der krittelnden Bürger hing dabei davon ab, welcher Stadtrat gerade das Wort hatte.

Johannes Glogger (WPS) wollte das Projekt wegen der fehlenden positiven Resonanz ad hoc beerdigen, andere Räte rund um Bürgermeister Patrick Janik verwiesen auf das neben kritischen Zuschriften auch eingegangene positive Feedback und wollten die sowieso als Experiment geplante Umgestaltung des Bahnhofsplatzes fortführen. Nur in einem sind sich fast alle einig: So oder so gibt Verbesserungspotenzial.

Dass nicht alles wie geplant läuft, gestand auch die Stadtverwaltung ein. Das Interesse der Gastronomen tendiere gegen null, die Bewirtschaftung der geschaffenen Flächen funktioniere nicht. Keiner der von der Verwaltung kontaktierten Unternehmer sei bereit, einen Schanigarten zu bespielen, was Anke Henniger (FDP) zu einer ersten Theorie über das aktuelle Stadium des Starnbergers bewog: Vielleicht sei der Starnberger noch nicht bereit für Schanigärten, mutmaßte sie. Auch von den kontaktierten Foodtrucks machte bislang nur einer Station auf dem Areal - und der war noch am selben Tag wegen der schlechten Lage wieder weg.

Für Kulturveranstaltungen erwiesen sich die geschaffenen Flächen bislang als zu klein, auch über die Farbgestaltung gab es Diskussionen. Vor allem wurde bemängelt, dass Parkplätze dem Projekt weichen mussten. Alles Sachen, die man ändern kann - an einigem seien die Verantwortlichen bereits dran, hieß es. Wie das eben so sei bei einem Experiment: Erst wird probiert, dann kritisiert, dann verbessert.

Die Flächen werden nicht so angenommen wie erhofft. (Foto: Nila Thiel)

Aber die Kritik wirft auch grundsätzliche Fragen auf. Was will er denn nun, der Starnberger? Parkplätze in Seenähe? Verkehrsberuhigte Bereiche rund um den Bahnhof? Keins von beidem? Oder beides - nur eben anders als jetzt? Und: Wie tickt der Starnberger in Bezug auf Veränderungen? Konservativ oder progressiv?

Der CSU-Mann Ludwig Jägerhuber hatte für die Klärung dieser drängenden Fragen am Montag eine interessante Theorie mitgebracht. Der Starnberger kritisiere relativ schnell, referierte Jägerhuber - folglich sei es erwartbar gewesen, dass "See and the City" auch Unmut erzeuge. Gleichzeitig hätten sich aber auch viele Bürger für das Projekt engagiert. Neben dem Engagement hat Jägerhuber noch eine weitere positive Eigenschaft im Seelenwesen identifiziert: Denn trotz seinem Hang zum Nörgeln über Veränderungen sei der Starnberger irgendwann doch begeistert dabei - vorausgesetzt, man ziehe Sachen konsequent durch. Folgerichtig konstatierte Jägerhuber: "Gebt's dem Projekt die Chance!"

Auch Bürgermeister Patrick Janik hatte ein Beispiel parat, das Jägerhubers These stützte: die Maximilianstraße. Mittlerweile sei der Abschnitt eine "Blaupause" dafür, wie man sich in Starnbergs Zentrum die Gestaltung von Straßen vorstelle. Aber als die Planer seinerzeit erste Entwürfe präsentiert hatten, seien von einigen Bürgern im übertragenen Sinne die Mistgabeln rausgeholt worden - wegen der Parkplätze. Auch wegen dieses letzten Endes positiv verlaufenen Beispiels müsse man den Mut haben, "See and the City" durchzuziehen.

Durch das Projekt soll laut Verwaltung skizziert werden, "wie der Stadtraum sich in seiner Dimension langfristig verändern könnte". Die Frage ist, ob der Starnberger das gar nicht will oder sich nur eine andere Ausgestaltung wünscht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSchönheitswahn in sozialen Medien
:"Die Bestätigung anderer zu bekommen ist ein menschliches Verlangen"

Was ist schön? Der plastische Chirurg Joachim von Finckenstein über Mode und Ideale, Selbstwahrnehmung und den Grund, warum Instagram und Co. selbst ihn verzweifeln lassen.

Interview von Linus Freymark

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: