Starnberg/Schäftlarn:Nasar kämpft ums Überleben

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Schäftlarner sammeln Spenden für den 13-Jährigen aus der Ukraine, der an Leukämie erkrankt ist

Von Ingrid Hügenell, Starnberg/Schäftlarn

Im Juli war Nasar aus der ukrainischen Gemeinde Pidkamin, die die Starnberger Osteuropahilfe stark unterstützt, in Schäftlarn zu Besuch. Der aufgeweckte 13-Jährige spielte Fußball gegen eine Mannschaft des TSV Schäftlarn, zeigte mit den Gästen ukrainische Tracht. Dann der Schock: Zwei Wochen nach der Rückkehr stellten die Ärzte fest, dass Nasar sehr krank ist. Er leidet an akuter myeloischer Leukämie und wird seit August in einer Spezialklinik für Kinder in Lwiw (früher Lemberg) versorgt. Um größere Chancen auf eine Genesung zu haben, soll das Kind von Mitte Januar an in München behandelt werden.

Maria Reitinger von der Osteuropahilfe, die die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Schäftlarn und Pidkamin in Gang gebracht hat, kennt Nasar gut, denn der Bub hat in ihrer Familie gelebt. Als sie von seiner Erkrankung erfuhr, war es für Reitinger keine Frage, dass sie Nasar und seine Familie unterstützen will. Der Schäftlarner Freundeskreis sammelt seither Geld für die Behandlung. Derzeit werden die Medikamente für die Chemotherapie aus Deutschland in die Ukraine geschickt. Das ist teuer, aber es ist erst der Anfang.

Denn nach der Chemotherapie braucht Nasar eine Stammzelltherapie, und die soll er in Deutschland bekommen. Hier liegt die Überlebensrate bei immerhin 80 Prozent, in der Ukraine nur bei etwa 30 Prozent. Bisher wurden Medikamente für etwa 1200 Euro gekauft. Dafür sind private Spender aufgekommen. Die Behandlung im Haunerschen Kinderhospital in München würde nach einem ersten Kostenvoranschlag etwa 315 000 Euro kosten. Auch hier entfällt die größte Summe auf die Medikamente. Die Kosten für die Arbeit der Ärzte fällt weniger ins Gewicht. "Hilfreich ist, dass die Schwester als Spenderin geeignet ist", sagt Reitinger. Sie ist älter als Nasar, weitere Kinder hat die Familie nicht. Vater und Mutter haben laut Reitinger ihre eigenen Mittel für die Behandlung aufgebraucht, eine Krankenversicherung gebe es in der Ukraine nicht. Nasars Vater arbeitet als Schaffner bei der Eisenbahn, die Mutter ist Mitarbeiterin in einer Bibliothek. Die Familie wird Reitinger zufolge auch von Verwandten und der Dorfgemeinschaft unterstützt.

Zudem hat der Schäftlarner Freundeskreis Kontakt zu Hilfsorganisationen und Stiftungen aufgenommen und umfangreiche Unterlagen weitergeleitet, die derzeit geprüft werden. Frank Dopfer, der wie Reitinger auch der Osteuropa-Hilfe angehört, über die der Kontakt zu Pidkamin zustande kam, sucht im Internet nach Unterstützung. Und natürlich hofft der Freundeskreis auf Spenden von Privatleuten wie von Firmen, die über die gemeinnützige Osteuropa-Hilfe geleistet werden könnten und deshalb steuerlich absetzbar sind.

Die Chemotherapie vertrage Nasar ganz gut, berichtet Reitinger, auch wenn ihm alle Haare ausgefallen seien. Er erhalte Medikamente, die seinen Körper vor den schlimmsten Auswirkungen schützten. Für Reitinger hat er einen kleinen Bären aus Wollpompons gebastelt. Reitinger wiederum achtet darauf, dass auch eine Kleinigkeit für Nasar dabei ist, wenn die Medikamente nach Lwiw geschickt werden.

Bis Mitte Januar muss der Freundeskreis wissen, ob genug Geld zusammenkommt, damit Nasar in München behandelt werden kann. Denn Ende Januar ist die Chemotherapie beendet, dann müssen die Stammzellen übertragen werden. Reitinger hofft, dass das in Deutschland geschehen kann. "Die normalen Krankenhäuser in der Ukraine sind eine Katastrophe", sagt sie. Zwar sei das Krankenhaus in Lwiw eine Spezialklinik, "doch die Standards sind dort anders".

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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