Glaube und Religion:Zum Iftar gibt es Elbasan Tava

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Zum Fastenbrechen kommen die Starnberger Muslime in den Räumlichkeiten des Integrations- und Kulturvereins zusammen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan laden Starnberger Muslime zum traditionellen Fastenbrechen. Neben dem Essen und der Gebete geht es dabei vor allem um Gemeinschaft.

Von Linus Freymark, Starnberg

Es ist kurz nach 20 Uhr, als der Imam die Gläubigen zum Gebet ruft. Vor ein paar Minuten noch haben die Menschen miteinander gescherzt und gelacht. Jetzt im Gebetsraum spricht niemand mehr. Den Blick gesenkt sitzen sie auf ihren Füßen und lauschen dem Iman, der im Singsang aus dem Koran zitiert. Danach drücken die Gläubigen ihre Stirn auf den Boden, einmal, zweimal, dreimal. Dann: Stille. Jeder betet für sich.

Als das Gebet vorbei ist, erklärt Polat Akinci, Imam und obendrein Vorsitzender des Landesverbands der Islamischen Kulturzentren Bayerns, erst einmal, was es mit den Ritualen auf sich hat: Die Stellen aus dem Koran werden singend vorgetragen, um eine harmonische Atmosphäre zu schaffen. Und überhaupt: Zitiert man aus der Heiligen Schrift des Islam, werde einem "das Herz weich". Deshalb sei es gerade während des Fastenmonats Ramadan wichtig, den Koran zu zitieren. Für türkischstämmige Muslime wie Akinci ist das gar nicht so einfach: Der Koran ist auf Arabisch verfasst. Also müssen anderssprachige Muslime die Aussprache und Bedeutung der Suren und Verse erst lernen.

Der Ramadan geht mit dem Zuckerfest an diesem Mittwoch zu Ende. Und weil gerade während des Fastenmonats das Interesse am Islam groß ist und die Muslime anderen Menschen gerne ihre Religion näherbringen, hat der Starnberger Integrations- und Kulturverein zum Iftar, also dem Fastenbrechen, in seine Räumlichkeiten in der Weilheimer Straße geladen. Der stellvertretende Landrat Matthias Vilsmayer (Freie Wähler) ist unter anderem gekommen, auch der evangelische Pfarrer Simon Döbrich nimmt nach dem Gebet an der großen Tafel im Nebenraum Platz.

Nach Sonnenuntergang dürfen die Gläubigen unter anderem wieder essen und trinken, nachdem sie tagsüber darauf verzichtet haben. Entsprechend üppig fällt das Mahl aus: Zunächst gibt es eine rote Linsensuppe, gefolgt von Elbasan Tava, einem Fleischgericht mit Reis und gebratenen Bohnen. Dazu gibt es unzählige Beilagen, gefüllte Weinblätter, Bulgurbällchen, und zum Nachtisch natürlich Baklava. Mindestens genauso wichtig aber sind die Gespräche am Tisch. "Während des gesegneten Monats Ramadan kommen Menschen zusammen, um gemeinsam zu speisen und Gemeinschaft zu pflegen", hat Akinci in seinem Grußwort erklärt.

Der Abend beginnt im Gebetsraum. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Zum Fastenbrechen gibt es eine üppige Speisenauswahl. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Genauso ist es dann auch: Pfarrer neben Imam, Konfessionslose zwischen Muslimen und Christen, haben die rund 20 Personen Platz genommen, und weil man beim Essen bekanntlich schnell ins Gespräch miteinander kommt, schwirren die Stimmen durch den Raum. Viel Deutsch, ein paar Brocken Türkisch, dazu die passenden Flaggen auf dem Tisch: eine deutsche, eine türkische und eine bayerische.

Um Politik, etwa um den Krieg im Nahen Osten oder die jüngsten Kommunalwahlen in der Türkei, geht es an diesem Abend nicht. Es ist vielmehr eine lockere Runde aus Menschen, die ohne diesen Anlass wohl nur selten miteinander zu Abendessen würden. Das gemeinsame Fastenbrechen sei eine gute Gelegenheit, Brücken zu schlagen, erklärt Pfarrer Döbrich. Und Vilsmayer, der stellvertretende Landrat, zeigt sich erfreut über den "schönen, offenen Austausch". Es sei wichtig, "miteinander und nicht nur übereinander" zu sprechen - erst recht in Zeiten, in denen der gesellschaftspolitische Trend eher in Richtung Abgrenzung geht.

Polat Akinci ist Landesvorsitzender der Islamischen Kulturzentren Bayerns. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ein wichtiger Teil der Arbeit des Islamischen Landesverbands der Kulturzentren, zu dem auch der Starnberger Integrationsverein gehört, ist die Bildungs- und Jugendarbeit. "Bildung ist der Schlüssel zu allem", sagt Akinci. Seit den 1970-er Jahren kümmern sich die Zentren deshalb darum, Kindern und Jugendlichen neben religiösen Grundkenntnissen auch Sprachkurse und Hausaufgabenbetreuung anzubieten.

Dabei arbeitet man auch mit anderen Organisationen zusammen, weshalb auch zwei Vertreter des bayerischen Jugendrings in den Genuss von Baklava und Bohnen kommen. Man kennt sich, die gemeinsame Arbeit trägt außerdem dazu bei, dass Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen ethnischen Hintergründen in Kontakt kommen. Will man Vorurteile abbauen und das Zusammenleben der Kulturen fördern, gibt es wohl kaum ein besseres Rezept, als junge Menschen miteinander in Kontakt zu bringen.

Beim Essen besprechen dann auch Pfarrer Döbrich und Imam Akinci, wie man in Zukunft vielleicht noch enger zusammenarbeiten könnte. Manchmal ist es so einfach.

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