Kultur im Landkreis Starnberg:Krieg und Frieden in St. Maria

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In der Stadtpfarrkirche St. Maria in Starnberg kommt Joseph Haydns Paukenmesse zur Aufführung. (Foto: Arlet Ulfers)

In Starnbergs katholischer Stadtpfarrkirche legen sowohl das Orchester als auch der Chor von Musica Starnberg eine erfrischende Dynamik, höchste Präzision sowie eindringliche Intensität im Ausdruck an den Tag.

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Der Wechsel in der musikalischen Leitung 2020 hat den Ensembles von Musica Starnberg zweifellos gutgetan. Nach 30 Jahren des Gründers Max Frey und 20 Jahren unter Ulli Schäfer kann der aktuelle Künstlerische Leiter Felix Mathy auf eine solide Basis und ein funktionierendes Unternehmen bauen, was er auch ausgiebig nutzt. Im Konzert am Sonntag in Starnbergs katholischer Stadtpfarrkirche St. Maria legten sowohl das Orchester als auch der Chor eine erfrischende Dynamik, höchste Präzision sowie eindringliche Intensität im Ausdruck an den Tag - und das trotz des etwas gedämpften Themas "Krieg und Frieden".

Der Grundton beider Werke des Abends war das C, aber dennoch lagen zwischen deren Charakteren Welten. Das Orchester musste mit der Symphonie funèbre c-Moll des deutsch-schwedischen Komponisten Joseph Martin Kraus gleich mit einem kniffligen Werk starten. Kraus war ein Zeitgenosse Mozarts und überlebte ihn nur um ein Jahr. Doch die schwedische Hofmusik stand in einer anderen Tradition als das Werk des einstigen Wunderkinds.

Umso erstaunlicher ist die stilistische Verwandtschaft, die sich allerdings in der Trauermusik für den ermordeten schwedischen König Gustav III. dem Vergleich etwas entzog. Das viersätzige Lamento war für das Orchester gerade deshalb so schwierig, weil sich das Werk großen Entwicklungen verweigert. Jede sich anbahnende Melodik stirbt nach wenigen Takten ab. Mathy hatte am Pult ordentlich viel Arbeit, dieser Fragmentierung mit Themenansätzen und kurzmotivischen Ausdrucksfiguren einen weiten Kontext zu verleihen und die Spannung zu halten.

Es tat schon gut, im Choral "Nun lasst uns den Leib begraben" (dritter Satz) endlich eine breite Symphonik mit einer dichten Melodik zu hören, in der die Dankbarkeit der Instrumentalisten auch spürbar wurde. In ihrer Ausdruckskraft zeigte sich die Sinfonie überaus aussagekräftig, geradezu beredsam und erstaunlich programmatisch, wenn auch ohne szenische Imagination. Haydns Paukenmesse, Misa in tempore belli (Messe in Zeiten des Krieges), steht überraschenderweise im hellen C-Dur, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass sie für den Namenstag der Fürstin Maria Josepha Hermengilde bestimmt war.

Dirigent Felix Mathy hatte am Pult alle Hände voll zu tun. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Werk enthält tatsächlich auch viel Versöhnliches. Doch Haydn leitete hier sein Spätwerk auch mit reichlich Dramatik ein, die Mathy großartig zu inszenieren verstand. Mit starken Kontrasten, einem effektvoll modellierenden Rubato und immer wieder imposanten Klangfluten wie intonationssicheren, und ausdrucksmächtigen Rücknamen ohne Substanzverlust formte er eine Interpretation, die sich weniger um Stilechtheit als um theatralische Wirkungen erfolgreich bemühte.

Entscheidend dabei war die dramaturgische Choreographie, die einerseits auf klaren, weiten Entwicklungen basierte, aber auch immer wieder mit überraschenden Effekten für große musikalische Momente sorgte. Chor und Orchester agierten dabei überaus einhellig und homogen im Ausdruck. Mit seinem energischen Dirigat beherrschte Mathy ihre Präzision und Wendigkeit, sodass selbst gewagte Details in Ausdruck, Klangfarbe oder in der Diktion möglich waren. Dabei spielte die Wahl der Solisten eine wichtige Rolle, denn dieser kultivierte Ruhepol und seine intime Erzählweise mussten perfekt austariert sein und von der Klangfärbung stimmig im Gesamtbild aufgehen. Der glockenreine, unaufdringliche Sopran von Roswitha Schmelzl zauberte die Glanzlichter, vor allem in den Duetten mit der warmen, runden Stimme der Altistin Regine Jurda stets maßvoll dosiert.

Tenor Manuel Ried vermittelte mit angemessener Leichtigkeit zum sonoren Bass-Bariton von Florian Dengler. Je nach Kontext vermochten die Solisten einfühlsam zwischen dramatischer und lyrischer Charakteristik zu changieren, sodass Mathys Gesamtkonzept bis ins Detail aufging.

Besonders wirkungsvoll im finalen Agnus Dei, das sich mit mehreren dramatischen Aufschwüngen und effektvollen Rücknahmen - zwischen Chor und Solistenquartett eindrucksvoll variiert - zu einer großen Schlusswirkung hochschaukelte. Dieser Effekt spiegelte sich auch im großen Applaus des Publikums wider.

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